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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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markierten sie die Stadtgrenzen. Emerson und ich hatten drei dieser Bildsäulen gefunden und auf Zeichnungen festgehalten. Diese Stelen, wie sie genannt wurden, ähnelten sich in der Form: Eine zentrale, oben abgerundete Säule mit einer langen hieroglyphischen Inschrift, darüber in Flachrelief ein Bild des Königs und seiner Familie, wie sie ihrem Gott Aton huldigen. Dieser hatte die Form einer Sonnenscheibe, deren Strahlen in den kleinen Händen der Menschen endeten. Auf beiden Seiten standen Statuen der königlichen Familie. Die meisten Begrenzungssäulen waren nur noch Ruinen. Manche Teile waren von den Feinden des Ketzerkönigs nach seinem Tod und der Wiedereinsetzung der alten Götter, die er verleugnet hatte, mutwillig zerstört worden.
    »Es gibt zwei Serien von Inschriften, wobei die eine älteren Datums ist als die andere«, sagte Emerson. Die Fäuste in die Hüften gestemmt und barhäuptig im gleißenden Sonnenlicht, starrte er zu der Klippe empor, die über uns aufragte. »Das ist eine der älteren. Sie zeigt zwei Prinzessinnen zusammen mit ihren Eltern. Auf den jüngeren Stelen sind drei Töchter zu sehen.«
    Cyrus nahm seinen Tropenhelm ab und fächelte sich damit Luft zu. »Wie zum Teufel Sie das erkennen können, begreife ich nicht. Die Spitze dieses blöden Dings ist bestimmt zehn Meter über uns, und die Klippe fällt steil ab.«
    »Man kommt nur von oben an sie heran«, sagte Emerson. Er wandte sich um. Charlie versuchte, sich hinter Abdullah zu verstecken, dessen große Gestalt und weitausladendes Gewand reichlich Schutz boten. Nichtsdestotrotz richtete sich Emersons Blick geradewegs auf ihn. Mit bösem Spott in der Stimme sagte Emerson: »Für die Grenzstele sind Sie zuständig, Holly. Ein gesunder junger Kerl wie Sie genießt doch sicher die Herausforderung, an einem Seil zu baumeln und dabei Inschriften zu kopieren.«
    Ein steiler Pfad führte uns hinauf zu dem Felsgesims, auf dem die nördliche Gruppe der Adelsgräber lag. Früher hatten sie offen dagelegen und waren den Verwüstungen der Zeit und der Grabräuber schutzlos ausgeliefert gewesen. Vor kurzem hatte die Antikenverwaltung die Eingänge der bedeutendsten Gräber mit Eisentoren gesichert. Emerson betrachtete die Tore, die zu unserer Zeit noch nicht vorhanden gewesen waren, neugierig und zweifelnd.
    »Gibt es in Amerika nicht ein Sprichwort über den Pferdestall, der abgeschlossen wird, nachdem das Roß gestohlen wurde? Nun gut, lieber spät als nie, nehme ich an. Wer hat die Schlüssel?«
    »Ich kann sie holen«, erwiderte Cyrus. »Weil ich nicht wußte, daß …«
    »Ich brauche sie vielleicht später«, lautete die knappe Antwort.
    Er weigerte sich, mehr zu sagen, bis wir Abdullahs Lager erreicht hatten. Da ich Abdullah kannte, war ich nicht überrascht, daß seine Bemühungen lediglich darin bestanden hatten, ein paar Zelte aufzustellen und Kameldung für ein Feuer zusammenzutragen.
    »Sehr schön, Abdullah«, sagte ich. Der Vorarbeiter, der mich aus den Augenwinkeln beobachtet hatte, entspannte sich, wurde aber wieder unruhig, als ich fortfuhr: »Natürlich ist nichts so bequem wie ein nettes, angenehmes Grab. Warum können wir nicht …«
    »Weil wir nicht an den Gräbern arbeiten werden«, sagte Emerson. »Diese Ausgrabungsstätte liegt genau in der Mitte zwischen den nördlichen und südlichen Gräbern.«
    »Ausgrabungsstätte?« fragte Cyrus aufgebracht. »Warum zum Teu … um Himmels willen, wollen Sie Ihre Zeit in diesem Gebiet vergeuden? Es kann hier draußen, so weit vom Stadtkern, keine Häuser geben, und niemand hat je Spuren von Grabschächten gefunden.«
    Emersons wohlgeformte Lippen – die nun leider meinen zärtlichen Augen durch borstige schwarze Haare verborgen waren – formten sich zu einem höhnischen Grinsen. »Die meisten meiner Kollegen würden nicht einmal dann einen Grabschacht entdecken, wenn sie direkt in ihn hineinfielen. Ich sagte Ihnen bereits, Vandergelt, daß Erklärungen bis heute abend warten müssen. Wir haben noch ein Stück Weg vor uns. Folgen Sie mir.«
    Die Sonne stand im Zenit, und wir waren nun schon seit Stunden marschiert (was unsere Fortbewegung nur ungenau beschreibt). »Vorwärts«, sagte ich und umfaßte fest meinen Sonnenschirm.
    Emerson hatte diesen, meinen ständigen Begleiter zwar bereits mißtrauisch beäugt, aber mich nicht deswegen befragt, also sah ich keinen Grund, warum ich ihm hätte erklären sollen, daß ein Sonnenschirm eines der nützlichsten Dinge ist, die ein Mensch

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