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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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öffneten sich zu beiden Seiten. Emerson war bereits verschwunden; wir folgten ihm und sahen ihn durch eines der engen Seitentäler marschieren, dessen Talsohle in nordöstlicher Richtung anstieg.
    »Dort ist es«, sagte ich, wobei mir vor Ergriffenheit fast die Stimme wegblieb. »Dort vorne links.«
    Bald darauf sahen es auch die anderen – eine dunkle Öffnung, eingerahmt von Mauerwerk über einem Haufen herabgestürzter Felsen. Charlie stöhnte auf. Sein glattrasiertes Gesicht zeigte bereits Anzeichen eines schmerzhaften Sonnenbrandes. Selbst ein Hut kann hellhäutige Menschen nicht gänzlich vor der Wirkung der gleißenden ägyptischen Sonne schützen.
    Nachdem wir das Felsgesims vor dem Eingang zum Grab erklettert hatten, erwartete Emerson uns bereits. Mit finsterer Miene betrachtete er das Eisentor, das den Zugang versperrte. »Wir brauchen unbedingt den Schlüssel«, sagte er zu Cyrus. »Sorgen Sie dafür, daß ich ihn morgen früh habe.«
    Als Emerson verkündete, daß die Arbeit für heute beendet sei, hatte ich keine Ahnung, was er im Sinn hatte. Cyrus erging es ebenso. Emerson war über eine Stunde lang am Fuß der Klippen nördlich und südlich des Königsgrabes herumgeklettert und hatte dabei wie ein Frettchen auf der Jagd nach einer Ratte immer wieder in irgendwelchen Löchern herumgestochert.
    »Wohin gehen wir jetzt?« fragte Cyrus, als wir erschöpft den mit Felsbrocken übersäten Pfad zurücktrotteten. »Überlegen Sie doch mal, Emerson, es gibt keinen vernünftigen Grund, warum wir die Nacht nicht auf dem Hausboot verbringen sollten.«
    »Das habe ich auch nie behauptet«, sagte Emerson mit einem Ausdruck unschuldigen Erstaunens, der Cyrus mit den Zähnen knirschen ließ.
    Als wir den Landungssteg erreichten, stellte ich fest, daß Anubis uns erwartete. Wo er gewesen war und wie er den Tag verbracht hatte, wußte ich nicht, doch als wir näherkamen, erhob und streckte er sich, gähnte und begleitete uns auf das Boot.
    »Wir treffen uns in einer halben Stunde im Salon«, sagte Emerson und machte sich auf den Weg in seine Kabine. Der Kater folgte ihm. »Nettes Kätzchen«, hörte ich ihn sagen, als er über das Tier stolperte.
    In der kurzen Frist, die er willkürlich festgesetzt hatte, blieb mir zwar kaum Zeit zu baden und mich umzuziehen, aber ich brachte es dennoch zuwege. Hastig wählte ich ein Kleid aus, das keiner umständlichen Prozedur des Zuhakens und keiner Hilfe bei den Knöpfen bedurfte. (Ich kann mir nicht vorstellen, wie Frauen, die weder Ehemann noch Zimmermädchen haben, es überhaupt schaffen, sich anzuziehen. Kleider, die den Verschluß am Rücken haben, erfordern die Fähigkeiten eines Schlangenmenschens.)
    Emerson saß bereits im Salon und brütete über einem Stapel Papiere und Pläne, die über den Tisch verstreut waren. Beim Anblick meiner rosafarbenen Volants und Rüschen zog er die Augenbrauen hoch (besagtes Gewand war ein Nachmittagskleid), doch er gab kein Wort von sich und grunzte nur, als ich dem Steward auftrug, den Tee zu servieren.
    Ich schenkte gerade ein, als Cyrus, gefolgt von den beiden jungen Männern, hereinkam. Offenbar fühlten sie sich gemeinsam sicherer. Der arme Charlie war rot wie eine reife Tomate, und Renés Mundwinkel hingen genauso schlaff herab wie sein Schnurrbart.
    Emerson trommelte mit den Fingern auf den Tisch und zog ein betont geduldiges Gesicht, während ich das belebende Getränk verteilte. Dann sagte er: »Wenn Sie den Konventionen nun Genüge getan haben, MISS Peabody, würde ich gerne zum Thema kommen.«
    »Nichts hält Sie davon ab«, sagte ich freundlich. »René, wollen Sie bitte an Professor Emerson diese Tasse weiterreichen?«
    »Ich will keinen verdammten Tee«, schimpfte Emerson und nahm die Tasse. »Ich hatte geglaubt, Sie alle brennen darauf zu erfahren, wo wir die Grabungen durchführen werden.«
    »Das haben Sie uns doch bereits gesagt«, meinte Cyrus, während Emerson an seinem Tee nippte. »Die Stelen …« »Nein, nein, die werden uns nicht die ganze Saison beschäftigen«, unterbrach ihn Emerson. »Ihr amerikanischen Dilettanten seid doch immer hinter den Königsgräbern her. Was würden Sie vom Grab der Nofretete halten?«
9. Kapitel
    »Das Martyrium ist häufig Folge übertriebener Leichtgläubigkeit.«
    Emerson liebt dramatische Ankündigungen. Allerdings befürchte ich, daß ihn die Reaktionen diesmal enttäuschten. Statt stürmischer Begeisterung oder ungläubigem Spott (ihm ist beides durchaus recht), bekam er nur ein

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