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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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erstrahlte.
    Hier, genau in der Mitte, zwischen den beiden alten Hauptstädten Theben im Süden und Memphis im Norden, baute der rätselhafteste der ägyptischen Pharaonen, Echnaton, eine neue Stadt und nannte sie Achet-Aton, nach seinem Gott Aton – »dem einzigen, neben dem es keinen anderen gibt«. Auf Befehl des Pharaos wurden die Tempel der übrigen Götter geschlossen; sogar ihre Namen ließ er von den Bauwerken entfernen. Sein Beharren auf der Einzigartigkeit seines Gottes machte ihn in den Augen der alten Ägypter zu einem Häretiker – und für uns heutige Menschen zum ersten Monotheisten der Geschichte.
    Die Abbildungen von Echnaton zeigen ein seltsam mageres Gesicht über einem fast weiblichen Körper, mit breiten Hüften und fülligem Oberkörper. Allerdings mangelte es ihm nicht an männlichen Attributen, wie die Existenz von mindestens sechs Kindern beweist. Deren Mutter war Echnatons Königin Nofretete – »Herrin der Anmut, Süße der Hände, seine Geliebte«. Und seine romantische Verbundenheit mit dieser liebreizenden Dame, deren Name »Die Schöne ist gekommen« bedeutet, bezeugen zahlreiche Reliefs und Bilder. Zärtlich hält er sie umarmt; anmutig läßt sie sich auf seinen Knien nieder. Diese Darstellungen ehelicher Zweisamkeit sind in der ägyptischen Kunst einzigartig und nirgendwo sonst zu finden. Für mich hatten sie einen besonderen Reiz; ich glaube nicht, daß ich den Grund dafür erklären muß.
    Manche Gelehrte halten Echnaton für moralisch verderbt und körperlich mißgestaltet und verurteilen seine religiöse Reform als zynisches politisches Manöver. Das ist selbstverständlich Unsinn. Ich entschuldige mich nicht dafür, daß ich eine erbaulichere Deutung bevorzuge.
    Ich vertraue darauf, daß der geneigte Leser die vorangegangenen Absätze nicht übersprungen hat. Ziel der Literatur ist es schließlich, Wissen zu mehren, nicht aber müßige Unterhaltung feilzubieten.
    Am Tag unserer Ankunft standen wir alle an der Reling und beobachteten, wie die Mannschaft das Hausboot in den Hafen des Dorfes Haggi Quandil manövrierte. Die Ruhe hatte Emerson gutgetan; sonnengebräunt und berstend vor Energie war er fast wieder ganz der alte – abgesehen von dem verflixten Bart. Außerdem war er in sehr guter Stimmung, denn ich hatte ihn nicht – obgleich es mir viel Selbstbeherrschung abverlangte – mit dem Thema Mr. Vincey und Bertha bedrängt. Cyrus und ich hingegen hatten die Angelegenheit ausführlich erörtert und waren übereingekommen, bestimmte Vorsichtsmaßnahmen zu treffen.
    Auf dem Kai warteten zwanzig unserer treuen Männer aus Aziyeh, dem kleinen Dorf nahe Kairo, aus dem die besten Grabungsarbeiter Ägyptens kommen. Ich hatte Abdullah beauftragt, sie nach Amarna zu bringen, und der Anblick ihrer lebhaften, lächelnden Gesichter beruhigte mich mehr als der eines Trupps Soldaten. Schon seit vielen Jahren arbeiteten sie für uns; Emerson selbst hatte sie ausgebildet, und sie hatten sich ihm mit Leib und Seele verschrieben.
    Emerson kletterte über die Reling und sprang an Land. Als ich zu ihm stieß, war er immer noch damit beschäftigt, Hände zu schütteln, auf Rücken zu klopfen und leidenschaftliche Umarmungen über sich ergehen zu lassen. Ich ging jedoch nicht als zweite an Land: Anubis, der Kater, lief vor mir den Landungssteg hinab.
    Abdullah zog mich beiseite und deutete auf die Katze, die sämtliche sandalenbekleideten Füße einer ausführlichen Begutachtung unterzog. »Hast du dich nicht dieses vierbeinigen Dämons entledigt, Sitt Hakim? Er hat Emerson verraten …«
    »Falls er das getan hat, so geschah es unabsichtlich, Abdullah. Katzen können nicht dazu abgerichtet werden, jemanden in den Hinterhalt zu locken … oder zu sonst etwas, was sie nicht tun wollen. Anubis hängt sehr an Emerson. Während der ganzen Zeit, als er krank war, saß er am Fußende seines Bettes. Nun, Abdullah, hast du die anderen Männer gewarnt, daß Emerson immer noch von dem Mann, der sich Schlange nennt, Gefahr droht, und ihnen gesagt, welche Dinge sie nicht erwähnen dürfen?«
    »Zum Beispiel, daß du die Frau des Vaters der Flüche bist?« Abdullah legte einen Sarkasmus an den Tag, der Emerson würdig gewesen wäre, und rümpfte mißbilligend seine Hakennase. »Ich habe es ihnen gesagt, Sitt. Sie werden gehorchen, so wie sie jedem Deiner Befehle gehorchen würden, auch wenn sie die Gründe nicht verstehen. Ich verstehe sie auch nicht. Für mich ist das eine närrische Art, einem Menschen

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