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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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bei einer solchen Expedition bei sich tragen kann. Er spendet nicht nur Schatten, sondern läßt sich auch als Gehstock verwenden oder wenn nötig als Waffe. Meine Sonnenschirme wurden häufig zu letzterem Zweck benutzt. Es waren Spezialanfertigungen mit einem Stahlschaft und einer scharfen Spitze. Galant, wie er war, kam Cyrus mir zu Hilfe. »Nein, Sir«, erklärte er, »es ist Mittag, und ich sterbe vor Hunger. Ehe ich nicht etwas zu essen bekomme, mache ich keinen Schritt mehr.«
    Emerson willigte mürrisch ein.
    Der Schatten der Zelte war eine Wohltat. Einer von Cyrus’ Dienern packte die Picknickkörbe aus, die der Koch vorbereitet hatte, und wir verzehrten ein so luxuriö ses Mittagsmahl, wie es kaum ein Feldarchäologe je serviert bekommt. Beim Essen ließ sich Emerson erneut zu einem Vortrag herab, wobei er den Großteil seiner Ausführungen an die beiden jungen Männer richtete. »Das Mauerwerk, von dem Miss … äh … Peabody gesprochen hat, befindet sich an den Hängen und in der Senke hinter uns. Ein Teil davon gehört vermutlich zu den Grabkapellen. Die Ruinen in der Senke sind eindeutig anderen Ursprungs. Ich werde morgen mit einer vollen Mannschaft dort zu graben beginnen. Sie, Vandergelt, und Miss … äh … Peabody …«
    »Wenn Sie diese Anrede so sehr stört, dürfen Sie sie gerne weglassen«, sagte ich ruhig.
    »Hmmm«, meinte Emerson. »Sie beide werden mir assistieren. Ich vermute, das findet Ihre Zustimmung, MISS Peabody?«
    »Ganz recht«, sagte ich.
    »Vandergelt?«
    »Ich kann es kaum erwarten«, meinte Cyrus und zog dabei eine Grimasse.
    »Sehr gut.« Emerson sprang hoch. »Wir haben lange genug herumgetrödelt. Brechen wir auf!«
    »Zurück zum Hausboot?« fragte Cyrus hoffnungsvoll. »Da Sie jetzt entschieden haben, wo Sie graben wollen …«
    »Herr im Himmel, es wird erst in gut sechs Stunden dunkel, und wir haben noch nicht einmal die Hälfte des Gebietes erkundet. Beeilen Sie sich gefälligst!«
    Neidisch blickten die anderen Cyrus’ Diener nach, der sich mit den leeren Picknickkörben in Richtung Fluß aufmachte. Dann setzte sich unsere kleine Karawane wieder in Bewegung, und Emersons Gefolgschaft heftete sich an seine Fersen.
    Ich vermutete, daß er die Klippen ganz umrunden wollte, und beim Gedanken, die südlichen Gräber wiederzusehen, wo wir so viele glückliche Jahre lang gemeinsam gearbeitet hatten, klopfte mein Herz vor Freude. Allerdings war ich nicht überrascht, als Emerson uns zu den Ausläufern führte, dorthin, wo der Felswall eine Öffnung hatte. Cyrus, der die ganze Zeit über an meiner Seite war, stieß einen unterdrückten Fluch aus: »Heiliger Bimbam! So etwas Schreckliches habe ich mir schon gedacht. Das Königswadi! Das sind hin und zurück zehn Kilometer Fußmarsch, und ich wette, es ist heiß genug, um auf einem Felsen ein Spiegelei zu braten.«
    »Die Wette gilt«, stimmte ich zu.
    Obwohl ich es bereits erklärt habe, möchte ich es für weniger aufmerksame Leser wiederholen: Wadis sind Täler, die von längst versiegten Flüssen in die wüstenartige Hochebene gegraben wurden. Der Eingang zu diesem Tal lag in der Mitte zwischen der nördlichen und der südlichen Gruppe der Gräber. Der offizielle Name des Tals lautet Wadi Abu Hasah el-Bahari; doch aus leicht einsehbaren Gründen wird es allgemein als Hauptwadi bezeichnet. Das Königswadi befindet sich in einem engen Seitenstrang besagten größeren Tals, ungefähr fünf Kilometer von dessen Eingang entfernt. Hier, an einem Ort, so abgelegen und trostlos wie ein Mondkrater, hatte Echnaton sein Grab errichten lassen.
    Während die südlichen Gräber schmerzliche Erinnerungen heraufbeschworen, ließen die Königsgräber vor meinem geistigen Auge Szenen zum Leben erwachen, die unauslöschlich in mein Herz eingegraben sind. In dem düsteren Gang dieser Grabstätte hatte ich zum erstenmal Emersons Arm um mich gespürt; im Schein des Mondlichts waren wir durch das steinige Wadi geeilt, um diejenigen, die wir liebten, vor einem schrecklichen Ende zu bewahren. Jeder Zentimeter dieses Wegs war mir vertraut, und jenes Fleckchen Erde löste in mir die romantischen Gefühle aus, wie es vielleicht ein Rosengarten bei einem Menschen tut, der ein weniger abenteuerliches Leben geführt hat als ich.
    Gleich nach seinem Eingang beschrieb das Tal einen Bogen, so daß uns der Blick auf die Ebene und die dahinterliegenden Felder versperrt wurde. Nach etwa fünf Kilometern wurde der Felsdurchlaß enger, und kleinere Wadis

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