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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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sprechen, und warum verd … äh … verflixt noch mal haben Sie sie noch nicht freigelegt?«
    »Sie kennen meine Methoden, Vandergelt«, antwortete Emerson. »Oder wenigstens behaupten Sie das. Ich beginne niemals eine Ausgrabung, wenn ich die Sache nicht ohne Verzögerung zu Ende führen kann. Ein geöffnetes Grab lockt Diebe und andere Archäologen an, wobei letztere mindestens ebenso große Verheerung anrichten. Ich weiß genau oder vermute es wenigstens mit einiger Gewißheit, daß es bis zu sechs weitere …«
    Er beendete den Satz nicht. Dann fügte er aus heiterem Himmel hinzu: »Charles, René, Sie dürfen sich zurückziehen. Bestimmt möchten Sie sich vor dem Essen frisch machen.« Eigentlich können zwei Menschen keine panische Massenflucht veranstalten, aber die beiden taten ihr Bestes.
    Emerson hatte nach seiner Pfeife gegriffen und verstreute Tabakkrümel auf seinen Papieren. Sobald sich die Tür hinter den zweien geschlossen hatte, sagte er: »Hoffentlich nehmen Sie es mir nicht übel, daß ich Ihre Angestellten hinausgeschickt habe, Vandergelt.«
    »Selbst wenn’s so wäre, würde es mir auch nichts nützen«, erwiderte Cyrus. »Aber ich glaube, ich weiß jetzt, worauf Sie hinauswollen. Und je weniger diese Unschuldslämmer von der Sache erfahren, desto besser. Meinen Sie etwa, Vincey hat versucht, Sie über diese beiden Gräber auszuhorchen?«
    »Unsinn!« rief ich aus. »Wir wissen genau, was Vincey will, und das steht in keinem Zusammenhang mit …« »Darf ich Sie daran erinnern«, unterbrach mich Emerson in dem leisen Knurren, dem für gewöhnlich eine herabsetzende Bemerkung folgt, »daß ich derjenige war, der verhört wurde, und nicht Sie.«
    »Daran brauchen Sie mich nicht zu erinnern, denn schließlich habe ich als erstes die Folgen dieser Befragung gesehen«, fauchte ich. »Aber darf ich meinerseits Sie daran erinnern, daß Sie bislang nicht bereit waren, mir oder Cyrus die Einzelheiten anzuvertrauen. Was zum Teufel hat er Sie gefragt?«
    »Mein Geisteszustand war ein wenig verwirrt«, sagte Emerson mit dem ärgerlich unschuldigen Gesichtsausdruck, den Männer aufsetzen, wenn sie sich um eine klare Antwort drücken. »Die Einzelheiten sind mir entfallen.«
    »Ach wirklich?« rief ich aus. »Jetzt hören Sie mir mal gut zu, Emerson …«
    »Sie verschwenden nur Ihre Zeit, meine Liebe«, meinte Cyrus, als Emerson mich auf eine ganz besonders provozierende Art angrinste. »Kehren wir doch lieber zu den Gräbern im Königswadi zurück. Wie ich annehme, sind sie in dieser Saison Ihr Ziel. Was für einen Sinn ergibt es also, sich mit dem Mauerwerk in der Senke abzuplagen?«
    Emerson riß die Augen auf. »Aber selbstverständlich beabsichtige ich, beides zu tun, und zudem die Begrenzungsstelen zu kopieren. Also fangen wir in der Senke an, wie ich gesagt habe.« Er erhob sich und streckte sich wie eine große Katze. »Ich muß mich zum Dinner umziehen. Vermutlich haben Sie das gleiche vor, MISS Peabody, denn Ihre Aufmachung paßt besser in ein Boudoir als an den Eßtisch. Sitte und Anstand müssen gewahrt werden.«
    Nachdem er fort war, blickten Cyrus und ich uns schweigend an. Sein faltiges Gesicht zeigte Mitleid, das er nicht laut auszusprechen wagte, und da ich kein Bedürfnis nach Mitleid hatte, forderte ich ihn auch nicht dazu auf.
    »Zum Teufel mit ihm«, meinte ich scherzhaft.
    »Bestimmt wissen Sie, was er vorhat?«
    »O ja, ich lese in Emersons Gedanken wie in einem aufgeschlagenen Buch. Auch wenn sein Gedächtnis gelitten hat, haben sich die Grundzüge seines Charakters keineswegs geändert.«
    »Und was werden Sie unternehmen?«
    »Ich habe mir angewöhnt, mich, wenn möglich, an den Rat zu halten, den man der Heiligen Schrift entnehmen kann. ›Es ist genug, daß ein jeglicher Tag seine eigene Plage hat‹ ist eine der weisesten Aussagen in diesem wunderbaren Buch. Ich werde mich mit Emersons närrischem Plan befassen, wenn er versucht, ihn in die Tat umzusetzen. Wer weiß, was bis dahin geschieht? Und nun, wenn Sie mich bitte entschuldigen würden …«
    »Werden Sie sich umkleiden?« fragte Cyrus. Ich lächelte. »Ganz bestimmt nicht.«
    *
    Ich hatte unsere ungebetene Besucherin sich selbst überlassen, da sie angedeutet hatte, daß sie sich nicht nach meiner Gesellschaft sehnte. Soweit ich wußte, war sie in ihrer Kabine geblieben. Das Essen wurde ihr gebracht, und Cyrus bestand darauf, ihre Tür nachts verschlossen zu halten. Doch an diesem Abend entschied ich, daß ich es nicht

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