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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Herren. Vielleicht sollten wir uns direkt an die maßgeblichen Leute wenden. Wenn Sie mir eine Kopie der Liste geben, werde ich dem britischen Generalkonsul, Sir Henry Baring, telegraphieren, mit dem ich flüchtig bekannt bin. Er ist der mächtigste Mann in Ägypten und …«
    »Ich kenne ihn gut, Cyrus. Er war ein Freund meines Vaters und stets sehr hilfsbereit. Ich habe ihm bereits einen Brief geschrieben; es ihm in dieser Form mitzuteilen, erschien mir am besten, da die Situation so verworren ist, daß sie einer genaueren Erklärung bedarf. Selim – oder Ali – kann morgen den Zug nehmen und den Brief persönlich überbringen.«
    »Wie immer machen Sie Nägel mit Köpfen, meine Liebe. Ich hoffe nur, Sie haben nichts dagegen, wenn ich selbst auch noch einige Nachforschungen anstelle?«
    »Sie sind sehr liebenswürdig.«
    »Dafür sind Freunde schließlich da«, erklärte Cyrus.
    Ich folgte seiner Einladung, mit ihm an Deck einen Spaziergang zu unternehmen. Die Nacht war ruhig und friedlich; die prächtigen Sterne Ägyptens funkelten über uns. Doch obwohl ich mich bemühte, meine Sinne für ein Panorama aufzuschließen, das mich noch jedesmal beflügelt und besänftigt hatte – und obschon mein Begleiter seinen Schritt verlangsamte und dem meinem anpaßte und mich durch einfühlsames Schweigen meiner Stimmung überließ –, war dieser Versuch zum Scheitern verurteilt. Denn wie hätte ich mich dem Zauber der Nacht hingeben können, wo doch nicht Emerson, sondern ein anderer Mann an meiner Seite ging? Bald schon erklärte ich Cyrus, daß ich mich zurückziehen wolle, und wünschte ihm freundlich eine gute Nacht.
    Auf dem Weg zu meinem Zimmer blieb ich vor Emersons Tür stehen, weil mir eingefallen war, daß er vielleicht ein Schlafmittel benötigte. Anscheinend war das jedoch nicht der Fall, denn auf mein Klopfen erhielt ich keine Antwort.
    Ich zögerte und verwünschte die absonderlichen Umstände, die mich daran hinderten, das zu tun, wozu Pflicht und Liebe mich drängten. Ich scheute mich davor, ohne seine Aufforderung die Kabine zu betreten. Allerdings konnte ich auch nicht einfach weitergehen, ohne mich davon überzeugt zu haben, daß er nicht das Bewußtsein verloren hatte oder von Schmerzen gepeinigt wurde, was er aus Tapferkeit nicht zugegeben hätte. An einer Tür zu lauschen, ist zu abscheulich, als daß ich mich dazu jemals herablassen würde. Irgendwie verhedderten sich die Fransen meines Schals in der Türangel.
    Die Fransen waren sehr lang und glatt, weshalb es eine Weile dauerte, bis ich sie entknotet hatte, ohne das Garn zu beschädigen. Während ich mich damit abmühte, horchte ich, ob ein Schnarchen oder Stöhnen zu vernehmen war. Es herrschte vollkommene Stille.
    Etwas stieß gegen mein Knie. Ich gab einen gedämpften Überraschungsschrei von mir, drehte mich um und sah, daß Anubis, der Kater, auf meinem Rock saß und seinen Kopf gegen mich drückte. Neben dem Kater standen zwei Füße, die in ägyptischen Pantoffeln mit hochgebogener Spitze steckten. Die Füße aber waren nicht die eines Ägypters; ich kannte sie, so wie ich auch jeden anderen Zentimeter des Körpers kannte, zu dem diese Füße gehörten.
    Emerson ragte mit verschränkten Armen und hochgezogenen Augenbrauen neben mir auf. Er war in ein weites ägyptischen Gewand gehüllt.
    »Wo sind Sie gewesen?« rief ich, wobei ich vor Überraschung nicht daran dachte, daß ich auf eine solche Frage nur eine sarkastische und nichtssagende Antwort erhalten würde.
    »Draußen«, sagte Emerson. »Und nun gedenke ich hineinzugehen, falls ich Ihnen zumuten darf, den Weg freizumachen.«
    »Natürlich«, sagte ich und trat beiseite.
    »Gute Nacht«, sagte Emerson und öffnete die Tür. Er war hineingegangen – der Kater war vorausgeeilt – und hatte die Tür zugeschlagen, noch bevor ich etwas hatte erwidern können. Allerdings war mir aufgefallen, daß der Verband, der ursprünglich das halbe Gesicht bedeckt hatte, bis auf ein handtellergroßes Pflaster entfernt worden war. An der ordentlichen Ausführung erkannte ich, daß dies nicht sein eigenes Werk sein konnte. Eine Person mit schlanken, geschickten Fingern mußte ihm dabei geholfen haben.
    *
    Unser Bote brach vor Morgengrauen auf, um den Zug nach Kairo zu erreichen. Cyrus hatte vorgeschlagen, anstelle von Selim einen seiner eigenen Leute loszuschicken, und ich nahm dieses Angebot gerne an. Von nun an würde ich jeden treuergebenen Mann dringend benötigen, falls Emerson seinen Plan, im

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