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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Wadi zu arbeiten, wirklich in die Tat umsetzte. Beim Frühstück musterte ich meine Gefährten wie ein General, der seine Truppen inspiziert. Die Mienen von Charles und René machten mir etwas Sorgen; ihre dunklen Augenringe und das matte Lächeln waren höchst besorgniserregend. Doch junge Menschen kommen schnell wieder zu Kräften, und ich zweifelte nicht daran, daß die beiden meine Befehle entschlossen und willig ausführen würden.
    Ich hatte mich noch nicht daran gewöhnt, daß Cyrus keinen Bart mehr trug, obgleich ich diese Veränderung guthieß; ein Spitzbart war mir schon immer als besonders lächerliche Art von Gesichtsschmuck erschienen. Cyrus wirkte so frisch und aufgeweckt wie eh und je.
    Bedarf es der Erwähnung, daß meine Augen am längsten auf Emersons Antlitz verweilten? Ich freute mich zu sehen, daß er sich rasiert hatte, denn ich hatte erwartet, daß er sich den Bart wieder wachsen lassen würde, um mich zu ärgern. Soweit man erkennen konnte, schien die Schnittwunde gut zu verheilen. Ein langer Streifen Heftpflaster verdeckte seine edel geschwungene Nase, doch das Grübchen in seinem Kinn bot sich meinen bewundernden Augen dar. Auch sein Mund war zu sehen. Als Emersons Blick den meinen kreuzte, verzogen sich seine Mundwinkel zu einem Ausdruck, der das Schlimmste erwarten ließ, aber er sagte kein Wort.
    Ich hatte keinen Beweis dafür, daß er mit Bertha zusammen gewesen war. Ich hatte nicht nachgeforscht. Und ich wollte lieber nicht nachforschen.
    Als sie an Deck zu uns stieß, stellte ich fest, daß sich an ihrem Äußeren ein Wandel vollzogen hatte. Zwar trug sie immer noch dasselbe dezente schwarze Kleid, doch der Schleier bedeckte nur noch die untere Hälfte ihres Gesichts. Außerdem bestand er aus hauchdünnem, fast durchsichtigem Gewebe, so daß man die Rundung ihrer Wangen und die grazile Kontur ihrer Nase erkennen konnte. Die Schwellungen schienen abgeklungen zu sein. Und der Ausdruck ihrer dunklen Augen mit den langen Wimpern, die sie bescheiden gesenkt hielt, war klar.
    Manche Kenner behaupten, am verführerischsten seien die halbverborgenen Reize. Berthas verschleierte Reize übten offenbar auf René eine mächtige Wirkung aus. (Besagte Kenner vertreten die Auffassung, französische Gentlemen seien dafür besonders empfänglich.) Ihre traurige Geschichte hatte in René ritterliche Empfindungen geweckt; bei mehreren Gelegenheiten hatte er ihre Nähe gesucht, um ihr seinen Arm anzubieten oder sie durch einen freundlichen Gruß aufzumuntern. Als wir vom Flußufer aus den Pfad hochkletterten, stellte ich fest, daß er ihr das Bündel abgenommen hatte und neben ihr herging.
    Allmählich konnte ich Emersons Haltung gegenüber der Teilnahme von Frauen an archäologischen Expeditionen bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen. Irgend etwas mußte mit Bertha geschehen. Auch wenn sie keine Spionin, sondern selbst nur Opfer war, würde sie den beiden jungen Männern den Kopf verdrehen, sie gegeneinander aufbringen und sie in ihrer Arbeitsleistung beeinträchtigen.
    Als wir die bestellten Felder hinter uns gelassen hatten und den Wüstenpfad erreichten, sah ich eine Rauchfahne, die die Ankunft eines Dampfschiffes ankündigte. Nicht alle Boote hielten in Amarna, doch dieses legte offenbar hier an.
    »Hol’s der Teufel«, sagte ich zu Cyrus, der an meiner Seite ging. »Emerson ist sowieso nicht bester Laune, und Touristen gehen ihm gehörig auf die Nerven. Ich hoffe nur, daß diese Horde uns in Ruhe läßt.«
    »Sie bleiben solange, wie sie für die Besichtigung der Kacheln brauchen, die Mr. Petrie gefunden hat«, beruhigte mich Cyrus.
    »Das sieht Petrie ähnlich, die Malereien freizulegen und sie den Touristen und anderen Vandalen schutzlos auszuliefern«, sagte ich tadelnd. »Nachdem uns einmal ein hübscher Teil der Kacheln zerstört wurde, haben wir es uns zur Gewohnheit gemacht, jedes Stück, das wir finden, abzudecken oder zu entfernen. Das ist die einzig angemessene Vorgehensweise.«
    Natürlich stimmte mir Cyrus zu.
    Ich behielt den Dampfer im Auge. Am Rauch aus den Schornsteinen ließ sich seine Anlegestelle leicht bestimmen. Keiner der »verfluchten Touristen« kam in unsere Nähe. Nach einigen Stunden geriet wieder Bewegung in die Rauchsäule, sie verschwand in der Ferne, und ich dachte nicht mehr an den Dampfer. Ich hatte nicht angenommen, daß Kevin unter den Passagieren sein könnte; er würde das schnellste Verkehrsmittel wählen, wahrscheinlich den Zug. Vincey jedoch – dieser

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