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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Miene verhärtete sich. »Mein guter Name wurde besudelt, mein Ruf in den Schmutz gezogen. Diesen Makel habe ich solange zu tragen, bis der gemeine Lump, der mich verleumdet hat, gefaßt und bestraft ist. Mein Grund, warum ich ihn zu fassen bekommen will, ist nicht so dringlich wie der Ihre, ich hoffe aber, es tröstet Sie, daß wir beide in der gleichen Sache kämpfen.«
    Ich umarmte Karl, worauf er errötete und ins Stottern geriet, und schüttelte Mr. Vincey die Hand. Cyrus tat weder das eine noch das andere. Er nahm seine Hand erst wieder aus der Tasche, als die beiden Männer in der Ferne verschwunden waren und, umweht von Flugsand, zu geisterhaften Schemen verschwammen. Erst dann ergriff er wieder das Wort: »Ich würde diesem Vincey lieber nicht den Rücken zuwenden.«
    »Sie kennen Karl doch genauso lange wie ich. Ich zweifle an seinen Worten ebensowenig wie an denen eines Howard Carter oder Mr. Newberry.«
    »Je ehrenhafter ein Mensch ist, um so leichter läßt er sich übers Ohr hauen«, knurrte Cyrus. »Versprechen Sie mir eins, Amelia: Wenn Vincey Sie um ein Treffen in einer dunklen Straße bittet, werden Sie ablehnen.«
    »Aber Cyrus, Sie wissen doch, daß ich so etwas Törichtes nie tun würde.«
    Als ich zu dem kleinen Fayence-Ring zurückkehrte, den ich vorsichtig aus dem Schutt hatte herauslösen wollen, sah ich, daß Anubis, der Kater, ausgestreckt auf der Mauer lag. Ich hatte bis zu diesem Augenblick nicht mehr an das Tier gedacht, und offenbar war es Mr. Vincey ebenso ergangen. Anscheinend war sein »treuer Gefährte« nicht so treu, wie er geglaubt hatte. Was nicht heißen soll, daß ich es dem intelligenten Tier zum Vorwurf gemacht hätte, daß es meine und Emersons Gesellschaft vorzog.
    Mit Bürsten und durch vorsichtiges Stochern befreite ich den Ring aus der harten Schlammschicht, in die er eingeschlossen war. Emerson näherte sich federnden Schrittes, um nachzusehen, wie ich vorankam, und ich überreichte ihm den Ring – oder, um genauer zu sein, die Fassung eines Ringes. Diesen eigentlich wertlosen Schmuckstücken, hergestellt aus billiger, zerbrechlicher Fayence, fehlte in der Regel der dünne Teil, der den Finger umschließt, wenn wir sie fanden; weil die Fassungen zerbrochen waren, hatte man sie wohl weggeworfen. Manchmal stand auf den Fassungen der Name des herrschenden Pharaos, was bedeutete, daß der Ring als Zeichen der Ergebenheit getragen worden war. In anderen Fällen war die Fassung mit dem Bild des Gottes geschmückt, den der Träger verehrte. »Bes«, sagte ich.
    »Hmm«, meinte Emerson. »Also wurde Echnatons Glaube an den ›einzigen Gott‹ nicht von allen Einwohnern Amarnas geteilt.«
    »Der Anziehungskraft der vertrauten kleinen Hausgötter war wohl schwer beizukommen.« Ich setzte mich für einen Augenblick bequem hin und rieb mir die schmerzenden Schultern. »Denken Sie nur an die Beliebtheit bestimmter Heiliger in katholischen Ländern. Bes, der Schutzpatron des Vergnügens und des … äh … ehelichen Glücks …«
    »Hmmm«, meinte Emerson erneut. »Nun gut, Peabody, trödeln Sie nicht herum. Es muß noch ein ziemlich großer Haufen Sand durchgesiebt werden.«
    Ich notierte den Fund des Rings im Grabungsverzeichnis und legte ihn in die dafür vorgesehene Schachtel, die mit der Nummer des entsprechenden Planquadrats, des Hauses und des Zimmers beschriftet war. Als ich mich wieder meiner Arbeit zuwandte, beschlich mich ein merkwürdiges Gefühl der Niedergeschlagenheit. Ich hätte eigentlich erfreut sein müssen, daß Emerson diese geliebte und liebevolle Anrede gebraucht hatte – das heißt meinen Mädchennamen ohne Zusatz. Er gebrauchte die Anrede nun im gleichen sarkastischen Sinne, wie es ursprünglich der Fall gewesen war, aber selbst das war ein Schritt vorwärts, denn indirekt gestand er mir damit den Rang eines Kollegen männlichen Geschlechts zu.
    Nicht Emerson schlug mir aufs Gemüt und auch nicht die verblüffende Entdeckung, daß Mr. Vincey unschuldig war – obgleich es entmutigend war, zu wissen, daß wir es nun nicht mit einem gewöhnlichen Kriminellen, sondern mit einem geheimnisvollen und unbekannten Verbrechergenie zu tun hatten, das schon so häufig entwischt war. Was mich am meisten bedrückte, war das unvermeidliche Eingeständnis, mich in meinem Urteil über Sethos’ Charakter geirrt zu haben. Ich war so einfältig gewesen, an die Ehrenhaftigkeit dieses seltsamen Mannes zu glauben und seinem Wort zu vertrauen, daß er nie wieder in mein Leben

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