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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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hatten, wandte er sich plötzlich nach rechts, packte mich um die Taille und schubste mich auf den Geröllhang. »Laufen Sie weiter!« keuchte er und verlieh diesem Vorschlag mit einem kräftigen Klaps auf das dazu geeignete Körperteil Nachdruck. »Durch diese Felsspalte. Schnell!«
    Als ich aufblickte, sah ich die Felsspalte, die er meinte – ein schwarzes, schartiges Loch in den Klippen. Es war annähernd dreieckig und verengte sich zu einem Riß, der in einem scharfen Winkel bis zur Spitze des Abhangs reichte. Nur an seiner breitesten Stelle war es groß genug, um einen Menschen durchzulassen. Ich quetschte mich – weniger mit eigener Kraft als mit Emersons Hilfe, der mich von hinten anschob – hindurch. Obwohl mir die Aussicht, mich in ein schwarzes Loch fallen zu lassen, ohne zu wissen, was dahinter lag, nicht sonderlich zusagte, wehrte ich mich nicht. Die Alternativen waren um einiges weniger anziehend.
    Ein wenig unsanft landete ich etwa zwei Meter unter der Öffnung der Felsspalte auf einem steinigen Untergrund, der mit Kieseln und anderen Gegenständen bedeckt war, die sich schmerzhaft in meine Handflächen bohrten. Als ich mich aufrappelte, hörte ich einen Schrei, gefolgt vom Krachen fallenden Gesteins. Ich schloß, daß Emerson einen der Verfolger ins Gesicht getreten haben mußte. Die Verwirrung, die darauf folgte, gab ihm Gelegenheit, sich würdevoller in das Loch hinabzulassen, als mir das zuvor gelungen war. Mit den Füßen voran kam er neben mir auf dem Boden auf, und für eine Weile war nur sein atemloses Keuchen zu vernehmen.
    Die Höhle, in der wir standen, war ziemlich klein. Direkt hinter uns ragten die Felswände steil empor. Der Raum war nicht viel mehr als zwei Meter breit, doch an den regelmäßig behauenen Seitenwänden erkannte ich, daß es sich um den Eingang zu einem der Gräber handeln mußte, die Emerson erwähnt hatte.
    Emerson bekam wieder Luft. »Wo ist Ihre lächerliche Pistole?« lautete seine erste Frage.
    Ich zog sie aus der Tasche und reichte sie ihm. Er streckte den Arm durch die Öffnung und drückte dreimal ab.
    »Warum verschwenden Sie Kugeln?« wollte ich wissen. »In der Waffe sind nur sechs, und Sie haben nicht einmal …«
    »Ich versuche, Hilfe herbeizuholen«, antwortete er barsch.
    Hilfe holen gehört nicht zu den Dingen, die Emerson häufig tut. Doch in diesem Fall war es das einzig Vernünftige. Der Eingang zur Höhle – oder zum Grab – war so eng und ungünstig gelegen, daß unsere Gegner nur einzeln hindurchsteigen konnten – womit sie das Risiko eingingen, daß Emerson einem nach dem anderen auf den Schädel schlug. Allerdings konnten wir die Höhle auch nicht verlassen, solange sie draußen auf uns warteten. Emerson hatte sich – ausnahmsweise – ins Unvermeidliche gefügt, aber das sagte ihm offensichtlich gar nicht zu.
    »Oh«, sage ich. »Dann sind Sie also allein gekommen?«
    »Ja«, erwiderte Emerson ganz leise. Dann erhob sich seine Stimme zu einem ohrenbetäubenden Brüllen: »Sie närrisches Frauenzimmer! Welcher Teufel hat Sie geritten, so einen Unfug zu machen?«
    Ich wich zurück, kam jedoch nicht weit. Emersons Hand schoß vor und packte mich bei der Schulter. Er schüttelte mich, wie ein Terrier eine Ratte beutelt, und brüllte dabei immer weiter. Da das Echo seine Worte verzerrte, waren sie einigermaßen unverständlich, aber ich begriff, worauf er hinauswollte.
    Ich glaube nicht, daß ich Emerson geschlagen hätte, wäre mein Kopf nicht durch sein heftiges Schütteln – ganz gewiß unabsichtlich – unsanft mit der Wand hinter mir in Berührung gekommen. Bei der Flucht hatte ich meinen Hut verloren, und meine Frisur hatte sich gelöst, so daß nichts den Stoß dämpfte. Es schmerzte so unbeschreiblich, daß meine Hemmungen, ihm weh zu tun, mit einemmal wie weggeblasen waren. Trotzdem hätte ich es nicht getan, wäre ich nicht (aus verschiedenen Gründen) in einem Zustand höchster, gefühlshafter Erregung gewesen. Abgesehen von spielerischen Balgereien, die allerdings anderer Natur (und daher für meine Geschichte nicht von Belang) sind, habe ich Emerson noch nie weh getan. Es hätte die Regeln der Fairneß verletzt, einen wehrlosen Gegner zu schlagen. Ganz sicher hatte ich ihn nicht ins Gesicht treffen wollen. Doch mein kräftiger Hieb landete genau auf seiner verpflasterten Wange.
    Die Wirkung war bemerkenswert. Emerson schnappte voll Schmerz (und wie ich annahm, voll Wut) nach Luft. Mit einem Arm umfaßte er meine Schulter, der

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