Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod
Versuch erst gestern fehlgeschlagen war.
Diese Einschätzung erwies sich als richtig. Ich wachte in der Nacht mehrere Male auf, verspürte aber nur die übliche Schläfrigkeit, ehe ich wieder einschlummerte. Auch Bertha wälzte sich herum, was mich in meiner Meinung bestätigte.
René und ich arbeiteten den ganzen Tag in der Säulenhalle (der Grabkammer), denn ich lasse mich nie durch Grübeleien von meinen archäologischen Pflichten ablenken. Wir waren fast mit der hinteren Wand fertig, deren unterer Teil erst genau kopiert werden konnte, nachdem der Felsboden freigelegt worden war. Beim Mittagessen wies ich Emerson darauf hin.
»Ich nehme nicht an, Sie wollen, daß die Arbeiter Staub aufwirbeln, während Sie die Kopien anfertigen«, meinte er. »Sparen wir uns das für später auf. Soweit ich weiß, haben Sie noch drei Wände und vier Seiten von zwei Säulen vor sich.«
René machte ein bedrücktes Gesicht. Er hatte auf ein oder zwei freie Tage gehofft, während die Hilfskräfte das Geröll fortschafften.
Ich hatte mit dem Gedanken gespielt, beim Mittagessen etwas Laudanum in den Tee zu geben, damit wirklich alle tief und fest schliefen und ich mich davonschleichen konnte. Allerdings kam mir das unsportlich vor, weshalb ich nur etwas in Berthas Tasse träufelte.
Sie schlief fast auf der Stelle ein. Obwohl ich darauf brannte, loszulaufen, weil Zeit das allerwichtigste war, zwang ich mich, noch eine Weile liegenzubleiben, bis ich mir sicher sein konnte, daß auch die anderen ihr in Morpheus Arme gefolgt waren. Als ich da lag und sie beobachtete, mußte ich mich fragen, was die Zukunft für eine solche Frau bereithielt. Welche Gedanken, welche Ängste, welche Hoffnungen verbargen sich hinter dieser glatten, weißen Stirn und diesen geheimnisvollen, dunklen Augen? Sie hatte sich mir nie geöffnet und auch meinen Versuch, ihr Vertrauen zu gewinnen, widerstanden. Allerdings hatte ich sie bereits in angeregtem Gespräch mit René und einige Male auch mit Charles beobachtet. Selbst Emerson war es gelungen, ihr gelegentlich, wenn auch selten, ein helles Lachen zu entlocken. Einige Frauen kommen nicht mit ihren Geschlechtsgenossinnen aus, aber das konnte nicht der Grund sein, warum sie sich mir gegenüber so verschloß, denn sie schien sich auch vor Cyrus zu fürchten – der, wie ich zugeben muß, auch keinen Hehl aus seiner Abneigung gegen sie machte. War sie immer noch die willfährige Sklavin des Mannes, der sie mißhandelt hatte? Hatte sie uns das Schlafmittel ins Essen geschüttet?
Sie lag da und hatte mir den Rücken zugewandt. Ich erhob mich leise und beugte mich, getrieben von einem Impuls, den ich nicht erklären kann, über sie. Als ob mein eindringlicher Blick ihren Schlaf gestört hätte, rührte sie sich und murmelte etwas. Rasch fuhr ich zurück. Sie wurde wieder still. Es war Zeit, zu gehen.
Ehe ich mich ausstreckte, hatte ich meinen Gürtel abgelegt. So gern ich ihn auch mitgenommen hätte, er würde zu viel Lärm machen. Ich dankte dem Himmel und meiner eigenen Voraussicht für meine nützlichen Jackentaschen, in die ich einige wichtige Utensilien verteilte. Das wichtigste, ein handliches, kleines Messer, ermöglichte es mir, das Zelt ohne Schwierigkeiten zu verlassen. Nachdem ich einen langen Schlitz in die Zeltwand geschnitten hatte, steckte ich das Messer ein, nahm meinen Sonnenschirm und ging los.
Cyrus hatte mein Zelt in einigem Abstand von den anderen aufstellen lassen, um mir – rücksichtsvoll – soviel Privatsphäre zu ermöglichen, wie das Gelände gestattete. Das war nicht viel, denn das Wadi hatte an seiner breitesten Stelle nur einen Durchmesser von zwanzig oder dreißig Metern. Mein Zelt stand mit dem Rücken zu einer Geröllhalde, die in die Klippen überging. Die Stiefel in der Hand, schlich ich daran entlang. Selbst unsere ägyptischen Freunde trugen hier Sandalen, denn die dicke Hornhaut, die sich durch jahrelanges Barfußlaufen an ihren Fußsohlen gebildet hatte, bot nicht genügend Schutz gegen die scharfkantigen Steine, die den Boden des Tals bedeckten. Meine dicken Strümpfe nützten mir nichts, doch ich wagte nicht, die Stiefel anzuziehen, bis ich nicht einige Entfernung zurückgelegt hatte und, durch Felsvorsprünge abgeschirmt, vom Lager aus nicht mehr gesehen werden konnte.
Es war sehr heiß und ganz still.
Nur die steile, lockere Geröllhalde am Fuße der Klippen lag im Schatten. Da Eile geboten war, mußte ich dem Pfad folgen, der sich zwischen den Felsbrocken
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