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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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diesem jungen Schurken am liebsten den Hals umdrehen«, murmelte Cyrus. »Wenn er nicht gewesen wäre … Schon gut, Amelia, schon gut. Wo steckt er, und was soll ich für Sie tun?«
    Ich erklärte ihm die Lage. »Und nun«, schloß ich, »machen wir uns am besten gleich auf den Weg.«
    »Jetzt?« rief Cyrus aus.
    »Sicher. Wenn wir uns beeilen, können wir vor Einbruch der Dunkelheit wieder zurück sein. Ich erwarte zwar nicht, daß so bald ein weiterer Angriff stattfindet. Die Männer, die entkommen sind, haben wohl kaum Zeit gehabt, über ihren Fehlschlag Bericht zu erstatten. Aber es ist schwierig, den Weg im Dunkeln zurückzulegen.«
    Mit einem schicksalsergebenen Lächeln setzte Cyrus die Tasse ab und erhob sich. »Wollen Sie Emerson Bescheid sagen?«
    »Nein, warum sollte ich? Ich bin mir sicher, daß er Ihnen bereits eingeschärft hat, mich nicht aus den Augen zu lassen.«
    »Das war gar nicht nötig«, sagte Cyrus, der nun nicht mehr lächelte. Weiter brauchte er nichts zu sagen; sein energischer Blick und die fest aufeinandergepreßten Lippen bekundeten Entschlossenheit. Daß er sich den Spitzbart abrasiert hatte, war zweifellos zu seinem Vorteil. Er erinnerte mich an jene unbezwingbaren, wortkargen Sheriffs, von denen man in amerikanischen Romanen liest.
    Er verließ mich, nachdem er versprochen hatte, in fünf Minuten aufbruchsbereit zu sein. So viel Zeit benötigte ich nicht. Ich räumte das Teeservice beiseite und schnallte mir den Gürtel um. Dann holte ich aus meiner Jackentasche den kleinen Gegenstand, auf den ich gestoßen war, als ich mit den Händen den steinigen Boden des Grabes abgesucht hatte. Langjährige Erfahrung hat meinen Tastsinn geschult; an der Form erkannte ich, daß es sich nicht um einen Stein, sondern um einen von Menschenhand geschaffenen Gegenstand handelte. Und mein ebenso geschulter Instinkt hatte mich dazu bewogen, ihn in meine Tasche gleiten zu lassen.
    Es war die Fassung eines Rings aus billiger Fayence, ähnlich derjenigen, die ich in dem Handwerkerdorf und auch schon anderswo gefunden hatte. Manche trugen den Namen des herrschenden Pharaos, andere waren mit Bildnissen verschiedener Götter geschmückt, so auch dieser. Das Bild stellte Sobek dar – den Gott in Krokodilsgestalt.
    *
    Diesmal wurde ich nicht nur von Cyrus, sondern auch von zwei seiner Männer begleitet. Alle trugen Flinten bei sich. Das war, wie ich dachte, eine überflüssige Vorsichtsmaßnahme, doch Männern gefällt es nun einmal, bewaffnet herumzuspazieren und ihre imaginären Muskeln spielen zu lassen. Also sah ich keinen Grund, ihnen dieses harmlose Vergnügen zu verderben. Wie ich erwartet hatte, verlief unser Fußmarsch ereignislos, und nachdem wir Selim, der bei unserem Anblick aus seinem Versteck gekommen war, einen Gruß zugerufen hatten, durchschritten wir den Eingang des Wadi und gingen zu dem nicht weit entfernten kleinen Haus aus Lehmziegeln.
    Kevin hatte es sich sichtlich gemütlich gemacht. Wir fanden ihn, wie er, in der einen Hand ein Glas, in der anderen eine Zigarette, vor dem Haus auf einer Satteltasche saß und in einem Schundroman schmökerte. Er tat so, als würde er lesen, bis wir fast unmittelbar vor ihm standen. Dann aber sprang er mit einem übertriebenen und unglaubwürdigen Ausdruck der Überraschung hoch.
    »Es muß eine Fata Morgana sein – eine liebliche Vision wie die Huris im Paradies der Muselmanen! Einen wunderschönen Nachmittag wünsche ich Ihnen, meine liebe Mrs. Emerson.«
    Als er auf mich zutrat, ließ die Sonne sein Haar glänzen und verlieh seinen gebräunten Wangen eine rötliche Färbung. Sommersprossen, Stupsnase, einschmeichelndes Lächeln und große blaue Augen fügten sich zu dem unwiderstehlichen Bild eines jungen irischen Gentleman zusammen – und erweckten in mir ein ebenso unwiderstehliches Bedürfnis. Ich gab mir nicht die geringste Mühe, dagegen anzukämpfen. Statt dessen ließ ich meinen Sonnenschirm auf seinen ausgestreckten Arm heruntersausen.
    »Ich bin nicht Ihre liebe Mrs. Emerson, und dieser irische Akzent ist genauso unecht wie die Beteuerungen Ihrer Freundschaft!«
    Kevin fuhr zurück und rieb sich den Arm, und Cyrus, der sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte, meinte: »Ich dachte, Sie wollten es mit sanfter Überzeugung versuchen. Wenn Sie vorhatten, dem Kerl eine Abreibung zu verpassen, hätte ich das auch für Sie erledigen können.«
    »Ach du meine Güte«, sagte ich und ließ den Sonnenschirm sinken. »Ich fürchte, vor lauter

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