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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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hindurchschlängelte. Wäre ich nicht so in Zeitnot gewesen, hätte ich diesen Spaziergang genossen, denn zum erstenmal seit vielen Tagen war ich allein.
    Natürlich hielt ich meinen Sonnenschirm fest in der Hand und beobachtete mit scharfem Auge die Umgebung. Allerdings war ich eher dazu geneigt, meinem sechsten Sinn zu vertrauen, der mich stets vor drohender Gefahr warnt. Menschen wie ich, die ein feines Gespür für die Atmosphäre haben und auch schon des öfteren zum Ziel gewalttätiger Übergriffe geworden sind, entwickeln diesen sechsten Sinn bis zur höchsten Vollendung. Bis jetzt hatte er mich selten im Stich gelassen.
    Ich kann mir nicht erklären, warum er diesmal versagte. Zweifellos deshalb, weil ich damit beschäftigt war, meine Ansprache an Kevin vorzubereiten. Die Männer mußten schon einige Zeit reglos gelauert haben, denn ich hätte es sicherlich gehört, wenn jemand den Abhang hinuntergeklettert wäre.
    Sie verließen ihr Versteck erst, nachdem ich den ersten von ihnen passiert hatte. Deshalb war mir, als sie gleichzeitig auftauchten, der Rückzug abgeschnitten. Ein Mann sprang aus einem Loch hinter mir hervor; zwei weitere erschienen vor mir. Mit ihren Turbanen und den schmutzigen Gewändern sahen sie einander sehr ähnlich, aber ich erkannte einen von ihnen. Offenbar war Mohammed doch nicht geflohen, und die Art, in der er mich angrinste, gefiel mir gar nicht.
    Die Felswände waren von unzähligen Löchern und Spalten zerklüftet, und einige der Gesteinsbrocken waren so groß, daß sie nicht nur einem, sondern mehreren Männern Schutz bieten konnten. Gegen wie viele Feinde würde ich mich zur Wehr setzen müssen? Ich umfaßte meinen Sonnenschirm fester und ging die verschiedenen Möglichkeiten in einer Geschwindigkeit durch, die mein gemessener Schreibstil niemals wiedergeben könnte.
    In irgendeine Richtung zu fliehen, wäre närrisch gewesen. Ich konnte das Geröll nicht rasch genug hinaufklettern, um meine Verfolger abzuhängen. Zudem wäre ich durch rasche Flucht geradewegs zweien meiner Gegner in die Arme gelaufen, die langsam auf mich zukamen. Rückzug – nicht Flucht, sondern ein durchdachtes, besonnenes Ausweichmanöver – und zwar nach Osten, die Richtung, aus der ich gekommen war, erschien mir am aussichtsreichsten. Wenn ich nur den einen Mann loswerden konnte, der mir den Weg versperrte …
    Doch als ich den Sonnenschirm in die linke Hand nahm und nach meiner Pistole griff, wurde diese Hoffnung durch das Poltern und Knirschen von Steinen zunichte gemacht. Vom Osten her kam mit beachtlicher Geschwindigkeit ein weiterer Mann seinen Spießgesellen zur Hilfe. Wie ich befürchtete, waren meine Chancen gering, zwei Männer kampfunfähig zu machen oder ihnen zu entrinnen. Eine Handfeuerwaffe ist nicht sehr treffsicher, wenn sie nicht aus unmittelbarer Nähe eingesetzt wird. Und ich würde beim Schießen rennen müssen. Allerdings blieb mir keine andere Wahl.
    Als der zweite Mann in mein Blickfeld kam, erstarrten meine Finger am Lauf der Pistole (die sich unerwarteterweise in meiner Tasche gedreht hatte). Vor Erstaunen war jeder Muskel meines Körpers wie gelähmt. Der Mann war Emerson. Barhäuptig und mit gerötetem Gesicht eilte er auf mich zu.
    »Laufen Sie los, verdammt!« brüllte er und warf sich auf den überraschten Ägypter, der mit flatternden, schmutzigen Gewändern zu Boden stürzte.
    Ich nahm an, daß dieser Befehl mir galt, und der Augenblick eignete sich nicht, um sich über die rüde Ausdrucksweise zu beschweren. Emersons plötzliches Erscheinen und sein sofortiges Handeln hatten unter unseren Gegner momentane Verwirrung ausgelöst. Also fiel es mir nicht schwer, den Mann, der mir am nächsten stand, abzuhängen. Doch sie waren mir bald dicht auf den Fersen, und als Emerson meine Hand ergriff und mich eilends hinter sich her zerrte, konnte ich das nur gutheißen. Allerdings wünschte ich, er hätte seine Vorbehalte gegen Feuerwaffen überwinden können. Besonders in diesem Augenblick wäre eine Flinte äußerst nützlich gewesen.
    Bis zum Lager waren es noch mehr als anderthalb Kilometer, und ich ging davon aus, daß uns die Gegner noch vorher einholen würden. War Emerson allein gekommen? Oder nahte Hilfe? Fragen schossen mir durch den Kopf, aber ich war zu sehr außer Atem, um sie auszusprechen. Das hätte wahrscheinlich auch nicht viel genützt, denn Emerson war sicherlich nicht in der Laune, sich auf eine Erörterung einzulassen. Nachdem wir einen Felsvorsprung umrundet

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