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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Absichten wußten.
    Beim Umblättern hoffte ich, daß die arme Mary Ann nicht allzu gewaltsam aus dem Weg geschafft worden war. Sie war eine sanfte, grauhaarige Frau, die niemanden je etwas zuleide getan hatte.
    Der Vorfall mit dem Löwen hatte ihre, wie Mary Ann es nannte, von anderen Ereignissen bereits überstrapazierten Nerven vollends zerrüttet. Also war es nicht schwierig, sie zu einigen Tagen Urlaub zu überreden. (Es ist nie schwierig, Mary Ann zu etwas zu überreden.) Kaum hatte sie sich auf den Weg zum Bahnhof gemacht, fiel Rose die Hintertreppe hinab und verstauchte sich dabei den Knöchel. (Sie verstauchte ihn sich nicht wirklich, Mama und Papa, doch die Vorstellung, die sie dabei zum besten gab, war erstaunlich überzeugend.) Das bedeutete, daß Ellis wohl oder übel einige der Pflichten übernehmen mußte, die eigentlich zum Aufgabenbereich von Mary Ann und Rose gehören.
    Die Liebenswürdigkeit, mit der sie einwilligte, die Bibliothek aufzuräumen, war der endgültige Beweis für ihre Durchtriebenheit. Nach Meinung von Rose und Tante Evelyn hätte ein echtes Dienstmädchen eher gekündigt, als eine für sie erniedrigende Arbeit zu verrichten. (Faszinierend, nicht wahr? Ich hätte nie geahnt, daß solche undemokratischen Einstellungen unter der Dienerschaft verbreitet sind.)
    Zwei weitere Punkte waren wichtig: Onkel Walter von der Bibliothek fernzuhalten, solange Ellis darin herumstöberte, und ihr einen deutlichen Hinweis zuzuspielen, wo sie zu suchen hatte. Tante Evelyn versicherte uns, daß sie die erste Schwierigkeit meistern könne. (Sie waren den ganzen Nachmittag über verschwunden. Ich weiß nicht, was sie in dieser Zeit getan haben.) Ich übernahm es, das zweite Problem zu lösen. Ich vermute, daß meine Schauspielerei einen Menschen wie Mama nicht überzeugt hätte. Aber Ellis ist nicht sehr intelligent. Ich richtete es so ein, daß sie mich beim Lesen der Aufzeichnungen ertappte, die Onkel Walter in einer verschlossenen Schublade seines Schreibtisches aufbewahrt. Als sie hereinkam, spiegelte ich Schuldbewußtsein vor, und die Hast, mit der ich die Aufzeichnungen in die Schublade zurücklegte, verlieh meinem Auftritt zusätzlich Glaubwürdigkeit. Vor lauter Eile, aus dem Zimmer zu kommen, vergaß ich natürlich, die Schublade wieder abzuschließen.
    Es ist mir eine große Freude, Euch, Mama und Papa, mitteilen zu können, daß unsere Strategie Erfolg hatte. Ellis hat uns verlassen, mit Sack und Pack, und das falsche Dokument ist ebenfalls verschwunden.
    Und nun, liebe Mama und lieber Papa, komme ich zu dem besten Teil unseres Plans. (Bescheidenheit gebietet mir, nicht zu erwähnen, auf wessen Idee er beruhte.) Sobald wir unsere Strategie ausgearbeitet hatten, bedienten wir uns dieses praktischen Apparates, des Telephons, um Inspektor Cuff anzurufen und ihm die Lage zu schildern. Er tat so, als sei er nicht überrascht. Er behauptete sogar, er habe Ellis schon lange im Verdacht gehabt, und seine Fahrt nach London habe unter anderem zum Ziel gehabt, Erkundigungen über ihr Vorleben einzuholen. Dann versicherte er uns, daß Ellis von dem Augenblick an, wenn sie das Haus verließe, beschattet werden würde.
    Wir rechnen erst in einigen Tagen mit einem Bericht des Inspektors, aber ich sende Euch diesen Brief trotzdem sofort, damit er Euch so bald wie möglich erreicht. Diese geheimnisvollen Individuen, die sich so unerfreulich betragen haben, werden uns – nun, da sich das Dokument in ihren Händen befindet – gewiß nicht mehr mit ihrer Aufmerksamkeit belästigen.
    Euer ergebener Sohn Ramses.
    P.S.: Ich bin immer noch der Ansicht, daß mein Platz an Eurer Seite ist, denn es deutet alles darauf hin, allerliebste Eltern, daß Ihr gefährliche Leute regelrecht anlockt. Ich habe inzwischen sieben Pfund und sieben Shilling zusammen.
    Es dauerte eine Weile, bis ich mich von der Wirkung dieses bemerkenswerten Schreibens erholt hatte. Ich führe die Verwirrung, die mich ergriff, teilweise auf meinen geschwächten Zustand zurück, obgleich der Inhalt des Briefes wohl jeden Menschen in helle Aufregung versetzt hätte. Emersons Reaktion, wenn er entdecken würde, daß seine wertvollen Aufzeichnungen zu Betrugszwecken beschädigt worden waren, wagte ich mir nicht auszumalen. Und ich dachte lieber auch nicht darüber nach, wo Ramses gelernt hatte, Schlösser aufzubrechen – eine weitere »nützliche Fertigkeit«, wie er es wohl genannt hätte. (Von Gargery? Oder von Inspektor Cuff? Oder gar von Rose?) Was

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