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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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bemerkte, daß der einst teure Stoff, obwohl ordentlich ausgebürstet und gebügelt, beklagenswert abgetragen war. »Mein Freund und Begleiter«, sagte er sanft. »Aber – ach, du meine Güte! – ich sehe, daß er sich wirklich sehr unartig betragen hat. Ist er für dieses Durcheinander verantwortlich?«
    »Es ist nicht seine Schuld«, antwortete ich und näherte mich dem Tier. »Jedes Geschöpf, das verfolgt wird …«
    Mr. Vinceys Warnschrei kam zu spät. Ich zog meine Hand zurück, die nun von eine Reihe blutender Kratzer überzogen war.
    »Vergeben Sie mir, liebe Mrs. Emerson!« rief Vincey aus. Er trat vor und nahm den Kater auf den Arm. Dieser ließ sich gemütlich darauf nieder und fing in einem tiefen Bariton zu schnurren an. »Anubis könnte man als Einpersonen-Katze bezeichnen. Ich hoffe, er hat Ihnen nicht weh getan, oder?«
    »Was für eine idiotische Frage«, bemerkte Emerson. »Hier, Peabody, nimm mein Taschentuch. Moment mal – ich hatte es doch hier in der Tasche …«
    Es war nicht in seiner Tasche. Dort war es fast nie. Also nahm ich das, das Mr. Vincey mir anbot, und wickelte es mir um die Hand. »Es ist nicht das erstemal, daß ich gekratzt werde«, sagte ich mit einem Lächeln. »Ich bin Ihnen nicht böse, Mr. Vincey. Und dir auch nicht, Anubis.«
    »Am besten stelle ich Sie vor.« Vincey setzte diesen Vorschlag in der Tat um und sprach den Kater so ernsthaft an, als ob er ein Mensch wäre. »Das ist Mrs. Emerson, Anubis. Sie ist meine Freundin, und du mußt sie auch gern haben. Lassen Sie ihn an Ihrem Finger schnuppern, Mrs. Emerson … So. Und jetzt dürfen Sie ihn am Kopf streicheln.«
    Ein wenig amüsiert über dieses alberne Gebaren kam ich seiner Aufforderung nach und wurde mit einem tiefen Schnurren belohnt. Es klang so ähnlich wie die leiseren Geräusche, die Emerson gelegentlich von sich gibt, daß ich mich nach ihm umdrehen mußte.
    Er war gar nicht amüsiert. »Jetzt ist das wohl erledigt, also entschuldigen Sie uns bitte, Vincey. Wir sind gerade erst zurückgekommen und möchten uns gerne umziehen.«
    Ein weiteres Beispiel männlichen Umgangstons, wie ich annahm. Ich hätte es Unhöflichkeit genannt.
    »Entschuldigen Sie vielmals!« rief Mr. Vincey aus. »Ich kam in der Hoffnung, Sie würden den Tee mit mir nehmen. Ich wartete auf der Terrasse auf Sie, als Anubis von der Leine entwischte und ich ihn suchen gehen mußte. So ist es zu alldem gekommen. Aber wenn Sie bereits eine Verabredung haben …«
    »Ich würde mich freuen, mit Ihnen Tee zu trinken«, sagte ich.
    »Mach, was dir gefällt«, knurrte Emerson. »Ich habe zu tun. Guten Tag, Vincey.«
    Er öffnete die Schlafzimmertür und stieß einen lästerlichen Fluch aus. Auch Mr. Vincey schrie auf, auch wenn er sich das Fluchen verkniff. »Oh, du meine Güte! War Anubis auch in diesem Zimmer?«
    »Offensichtlich«, antwortete ich und betrachtete mit einigem Entsetzen das zerwühlte Bett und die verstreuten Papiere. »Es macht nichts, Mr. Vincey. Wahrscheinlich haben der Safragi und seine Freunde mehr Schaden angerichtet als Anubis. Sie werden …«
    »Verdammt!« brüllte Emerson. Er knallte die Tür zu. Ich sammelte meine Handtasche und den Sonnenschirm auf, und nachdem ich den Safragi angewiesen hatte, das Zimmer aufzuräumen, trat ich mit Mr. Vincey in den Flur hinaus.
    »Ich glaube, ich brauche mich nicht für meinen Mann zu entschuldigen«, sagte ich. »Sie wissen ja, daß sich hinter seinem barschen Auftreten ein goldenes Herz verbirgt.«
    »Oh, ich kenne Emerson gut«, lautete die lachende Antwort. »Um ehrlich zu sein, Mrs. Emerson, bin ich froh, Sie für mich allein zu haben. Ich möchte … ich möchte Sie um einen Gefallen bitten.«
    Ich hatte eine Vorahnung, um welche Art von Gefallen es sich handeln würde, doch Mr. Vincey wartete als wahrer Gentleman, bis wir einen Tisch auf der berühmten Terrasse gefunden und beim Kellner unsere Bestellung aufgegeben hatten.
    Eine Zeitlang saßen wir schweigend da, genossen die milde Nachmittagsluft und beobachteten das malerische Schauspiel des ägyptischen Alltags, das sich vor uns auf der Straße abspielte. Kutschen ließen Passagiere aussteigen und luden andere ein. Wasserträger und fliegende Händler drängten sich auf den Stufen. Fast alle Tische waren von Damen mit leichten Sommerkleidern und breitkrempigen Hüten, Herren im Nachmittagsanzug und, wie üblich, hie und da von Offizieren besetzt. Aus seiner Tasche hatte Vincey Leine und Halsband gezogen und dem Kater beides

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