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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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du davon?«
    Emersons Lippen teilten sich. »Dir fehlt ein Schnurrbart.«
    »Ich habe einen.« Ich zog den entsprechenden Gegenstand aus der unteren linken Jackentasche und drückte ihn an die richtige Stelle. Es war ein roter Schnurrbart – einen schwarzen hatte ich nicht auftreiben können.
    Nachdem Emerson sich wieder beruhigt hatte, bat ich ihn, die Wirkung noch einmal zu prüfen und mir seine ehrliche Meinung zu sagen. Auf seinen Vorschlag hin entfernte ich den Schnurrbart wieder, da er behauptete, daß dieser eine ernsthafte Betrachtung unmöglich mache. Nachdem er mich einige Male umkreist hatte, nickte er. »Als junger Mann bist du nicht überzeugend, Peabody. Aber das Kostüm steht dir recht gut. Vielleicht möchtest du es ja bei den Ausgrabungen tragen, es wäre bequemer als diese verdammten Pumphosen. Sie bestehen aus so vielen Metern Stoff, daß es eine Ewigkeit dauert, bis ich …«
    »Dafür ist jetzt keine Zeit, Emerson«, sagte ich und entwischte seiner Hand, die er schon ausgestreckt hatte, um seine Worte zu untermauern. »Dein Kostüm hängt im Schrank.«
    Mit einer großartigen Geste riß ich die Schranktür auf.
    Einige Läden auf dem Basar verkauften alle möglichen, traditionellen ägyptischen Gewänder, die bei Touristen sehr beliebt waren. Ich hatte eine Weile suchen müssen, bis ich ein Ensemble fand, das nicht nur völlig authentisch war, sondern auch zu Emersons hoher Gestalt und seinem eigenwilligen Charakter paßte. Obwohl er es leugnet, hat er ein heimliches Faible für Verkleidungen und einen gewissen Hang zum Theatralischen. Ich hatte mir vorgestellt, daß ihm dieses Kostüm gefallen würde, denn die bestickte Jubba, der gewebte Kaftan, der goldgesäumte Hezam und die weiten Hosen entsprachen der Tracht eines Prinzen der Tuareg – jener äußerst männlichen und als gewalttätig bekannten Wüstenräuber, die von ihren verzweifelten Opfern »die Gottverlassenen« genannt werden. Man nannte sie auch »die Verschleierten«, wegen der blauen Tücher, mit denen sie ihr Gesicht vor Hitze und Sand schützten. Dieser Aspekt hatte mich zu dem Entschluß gebracht, das Kostüm zu erwerben, denn der Schleier ersetzte die Maske, die zu tragen Emerson sich sicherlich geweigert hätte. Die Kopfbedeckung nannte sich Khafiyah und bestand aus einem viereckigen Stoffstück, das von einer Schnur gehalten wurde. Es umrahmte hübsch das Gesicht und ließ zusammen mit dem Schleier nur die Augen frei.
    Emerson musterte das Kostüm schweigend. »Wir passen gut zusammen«, sagte er fröhlich. »Meine Hosen und dein Rock.«
    *
    Der Ballsaal war im Stil Ludwigs XVI. dekoriert und wies unter anderem einen prächtigen Kronleuchter auf, dessen Tausende von Kristallen die Lichter in blendendem Glanz reflektierten. Die bunten und phantasievollen Kostüme der Gäste füllten den Raum mit Farbe. Es waren viele alte Ägypter anwesend, doch einige der Gäste hatten mehr Einfallsreichtum bewiesen. Ich sah einen japanischen Samurai und einen Bischof der Ostkirche samt Mitra. Allerdings führte meine eigene Aufmachung zu einigen Kommentaren. Ich konnte nicht über einen Mangel an Tanzpartner klagen; und während ich im Arm verschiedener Herren über die Tanzfläche glitt, freute ich mich, wie geschickt ich die schwungvollen Schritte der Polka und des Schottischen beherrschte.
    Emerson tanzt nicht. Von Zeit zu Zeit erblickte ich ihn, wie er am Rande des Raumes herumging oder sich mit jemandem unterhielt, der sein Desinteresse an tänzerischer Bewegung teilte. Schließlich sah ich ihn nicht mehr und schloß daraus, daß er sich gelangweilt auf die Suche nach anregenderer Gesellschaft begeben hatte.
    Ich saß gerade in einer der kleinen Nischen, erholte mich im Schutze der Topfpflanzen von der Anstrengung und plauderte mit Lady Norton, als er wieder erschien. »Ach, Liebling, da bist du ja«, sagte ich und warf über meine Schulter einen Blick auf die hochgewachsene, verschleierte Gestalt. »Darf ich dir …«
    Zu mehr kam ich nicht. Arme wie Stahl rissen mich vom Stuhl; halb erstickt, atemlos und in Falten bauschenden Stoffes gehüllt, wurde ich im Laufschritt davongetragen. Ich hörte einen Aufschrei von Lady Norton und überraschende und belustigte Rufe von den anderen Gästen – denn mein Entführer nahm den Weg mitten durch den Ballsaal und zur Tür.
    Ich fand das überhaupt nicht komisch. Es war nicht Emersons Art, mir einen solch dummen Streich zu spielen; auch hatte ich im gleichen Augenblick, als mich die Gestalt

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