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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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beobachtete.
    »Er sitzt auf dem Boden, Emerson. Er kann uns unmöglich sehen – oder du ihn.«
    »Ich spüre , daß er uns beobachtet«, sagte Emerson.
    Wie dem auch sei, ich erwachte früh und beobachtete, wie der Sonnenaufgang die Felsen im Westen in ein rosiges Licht tauchte – ein Anblick, der meine Stimmung stets hebt. Ein Austausch zärtlicher Liebesbeweise mit meinem Gatten (der die Vorsicht besaß, ein Laken über den schlafenden Kater zu decken, ehe er fortfuhr) verhalf mir endgültig zu meiner guten Laune zurück. Vom Bahnhof aus begaben wir uns sofort zum Kai und mieteten ein Boot, um uns und unsere Ausrüstung zum Westufer zu bringen.
    Nur einen Menschen, der völlig phantasielos und ohne jeglichen Sinn für Kunst ist, hätte das Bild, das sich meinen Augen bot, nicht berührt. Ich saß im Bug, über mir bauschten sich die großen Segel, und der Morgenwind zerzauste mein Haar. Am anderen Ufer erstreckte sich ein smaragdgrünes Band von Feldern und Büschen bis zum Rand des Wassers; dahinter lag die Wüste, das Rote Land aus den alten Schriften, und hinter diesem bleichen und kahlen Streifen erhoben sich die Klippen der Hochwüste, durch die der Nil sich in grauer Vorzeit sein Bett gegraben hatte. Allmählich kamen im Dunst – wahrscheinlich besser mit dem Auge der Phantasie als mit dem tatsächlichen zu erkennen – zauberhafte Schlösser in Sicht, die sich, wie schon der Dichter sagte, aus dem Schaum erhoben: die verfallenen, aber majestätischen Mauern der antiken Tempel.
    (Bei näherer Prüfung stelle ich fest, daß das Zitat nicht ganz korrekt ist. Allerdings beschreibt meine Version besser das Gefühl, das ich zu vermitteln suche.)
    Der bedeutendste aller Tempel war, zumindest meiner Ansicht nach, die Säulenhalle von Deir el-Bahari, Begräbnisstätte der großen Pharaonin Hatschepsut. Nicht weit davon entfernt befand sich ein modernes Gebäude, das meinen Blicken noch verborgen war, aber noch deutlich vor meinem geistigen Auge stand: Baskerville House, der Schauplatz eines unserer ungewöhnlichsten Detektivabenteuer. Inzwischen hatte es sich in eine verfallene und verlassene Ruine verwandelt, da der augenblickliche Lord Baskerville kein Interesse daran hatte, es instand zu halten. Und angesichts des Schicksals, das sein Vorgänger dort erlitten hatte, war das auch kein Wunder. Er hatte das Haus Cyrus Vandergelt angeboten, doch auch dieser verknüpfte damit keine sonderlich angenehmen Erinnerungen. »Nicht für eine Million Dollar würde ich noch einmal einen Fuß in diese verdammte Bude setzen«, hatte es Cyrus in seiner liebenswerten amerikanischen Art ausgedrückt.
    Cyrus hatte sich nah am Eingang zum Tal der Könige selbst ein Haus gebaut. Geld spielte für ihn keine Rolle, doch ich muß sagen, daß sich das Gebäude eher durch Extravaganz als durch guten Geschmack auszeichnete. Es stand auf einer Anhöhe, die das Tal überragte. Als unsere Kutsche sich näherte, betrachtete Emerson angewidert die Türme, Türmchen und Balkone. »Ganz offensichtlich ein Denkmal für Extravaganz und schlechten Geschmack«, bemerkte er. »Ich gehe davon aus, daß du es dir nicht zum Vorbild nimmst, Amelia.«
    »Anscheinend hat sich Mr. Vandergelt von den Burgen der Kreuzfahrer inspirieren lassen. Im Mittleren Osten gibt es einige davon.«
    »Das ist keine Entschuldigung. Nun, ich vermute, wir werden uns damit abfinden müssen.«
    Mir persönlich fiel es nicht weiter schwer, mich mit sauberen, gemütlichen Zimmern und ausgezeichneter Bedienung ›abzufinden‹. Cyrus beschäftigte einige absolut unerläßliche Dienstboten das ganze Jahr hindurch und ließ sie im Haus wohnen. Der Hausmeister begrüßte uns mit den beruhigenden Worten, daß wir erwartet würden und unsere Zimmer schon vorbereitet seien. Die Räume waren so elegant ausgestattet wie in einem modernen Hotel. Prächtige Orientteppiche bedeckten die Böden. Türen und Fenster waren mit Moskitonetzen versehen, um die Insekten fernzuhalten, und das Innere des Hauses wurde auf eine Methode gekühlt, die schon seit dem Mittelalter bekannt ist – grobporige Tonkrüge in durch geschnitzte Wandschirme verdeckten Nischen hinter den Fenstern.
    Nachdem er sich erkundigt hatte, wann wir unser Mittagessen einzunehmen wünschten, verschwand der Hausmeister mit einer tiefen Verbeugung, und ich fing an, mir die von der Reise verschmutzten Kleider auszuziehen. Emerson stöberte im Zimmer herum, öffnete Schranktüren und inspizierte Kommoden. Er gab ein zufriedenes

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