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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Antwort, die mein Retter als Amerikaner zu erkennen gab. Ich hörte auf, mich zu sträuben, und bemühte mich, den Sack abzustreifen. Die klagende Stimme fuhr fort. »Verdammt, Ma’am. Das gehört sich aber nicht für eine Dame, einen Herrn zu schla gen, der nur helfen will.«
    Ich antwortete nicht. Ich dankte ihm nicht, blieb nicht einmal stehen, um herauszufinden, wer er war. Statt dessen riß ich der zweiten Gestalt neben ihm die Laterne aus der Hand und stürzte zur Tür des Lagerhauses.
    Sie stand offen; dahinter war gähnende Leere. Doch herrschte keine absolute Dunkelheit. Durch Löcher im verfallenen Dach drang Mondlicht. Ich rief, lief hin und her und suchte den Boden Zentimeter um Zentimeter mit der Laterne ab. Schließlich mußte ich der Wahrheit ins Auge sehen: Es war niemand da. Keine Spur von Emerson
    – außer einem feuchten Flecken, wo eine Flüssigkeit, dunkler und zäher als Wasser, im schmutzigen Boden versickert war.
6. Kapitel
    »Ich habe keine Skrupel, mich der Unwahrheit zu bedienen und den Anschein weiblichen Unvermögens zu erwecken, wenn die Situation es erfordert.«
    Ich fürchte, mein Verhalten in den folgenden Minuten gereichte mir nicht zur Ehre. Als ich den Kater auf mich zukommen sah, geriet ich völlig außer mir. Ich packte Anubis und schüttelte ihn, und ich glaube, ich habe ihn sogar angeschrien, er solle mir sagen, was er mit Emerson gemacht habe. Das schien ihn zu verblüffen; anstatt sich zu sträuben und zu kratzen, hing er schlaff in meinen Händen und gab ein fragendes »Miau« von sich. Als er das Maul öffnete, sah ich, daß sich an einem seiner Zähne etwas verfangen hatte. Es war ein schmutziger Baumwollfetzen, wahrscheinlich vom Gewand eines Einheimischen.
    Nach einer Weile hörte ich einen meiner Retter mit besorgter Stimme bemerken: »Sagt mal, Jungs, die Dame ist wohl völlig übergeschnappt. Wenn sie weiter so herumtobt, tut sie sich noch was an. Meint ihr, ich soll ihr einen kleinen Kinnhaken verpassen?«
    »Du kannst doch eine Dame nicht schlagen, du Trottel«, lautete die gleichfalls besorgt klingende Antwort. »Verflucht noch mal, ich weiß beim besten Willen nicht, was wir tun sollen.«
    Die Worte drangen durch den Schleier des Schreckens, der sich um mich gelegt hatte. Scham überfiel mich, mein gesunder Menschenverstand kehrte zurück. Ich zitterte wie Espenlaub. Die Laterne schwankte in meiner Hand, doch ich glaube, meine Stimme klang ziemlich gefaßt, als ich sprach.
    »Ich tobe nicht herum, meine Herren, ich suche nach meinem Mann. Er war hier. Jetzt ist er verschwunden. Sie haben ihn fortgeschleppt. Es gibt noch eine zweite Tür – durch diese müssen sie hinaus sein. Bitte halten Sie mich nicht auf« – einer von ihnen hatte mich am Arm gepackt –, »sondern lassen Sie mich die Verfolgung aufnehmen. Ich muß ihn finden!«
    Meine Retter entpuppten sich als die jungen Amerikaner, die sich im Hotel so ungebührlich benommen hatten. Sie waren in der Kutsche gewesen, die uns überholt hatte. Der Sturz in den Graben muß sie ernüchtert haben, denn sie begriffen meine Bitte rasch und reagierten auf ihre typisch amerikanische Art sehr freundlich. Zwei von ihnen machten sich sofort an die Verfolgung der Entführer, und ein dritter redete beharrlich auf mich ein, ich solle zur Kutsche zurückkehren.
    »In diesem Aufzug können Sie nicht durch die Felder laufen, Ma’am«, sagte er, als ich mich weigern wollte. »Überlassen Sie es Pat und Mike, sie haben Spürnasen wie Jagdhunde. Wie wäre es mit einem Schlückchen Brandy? Aus gesundheitlichen Gründen natürlich.«
    Vielleicht war es der Brandy, der mich wieder klar denken ließ. Ich halte es jedoch für wahrscheinlicher, daß es das Wiedererwachen meines unbezähmbaren Willens war. Obgleich alles in mir darauf brannte, mich an der Suche zu beteiligen, erkannte ich, daß der Mann recht hatte. Und dann kam mir in den Sinn, daß ja noch tüchtigere Hilfe verfügbar war. Einer der jungen Männer – es waren insgesamt fünf – erbot sich, zum Haus von Abdullahs Onkel zu laufen und unserem Vorarbeiter zu berichten, was geschehen war. Obgleich es mir wie eine Ewigkeit vorkam, dauerte es nicht lange, bis Abdullah und Daoud zur Stelle waren. Fast hätte ich die Beherrschung verloren, als ich sah, wie Abdullahs vertrautes Gesicht einen besorgten und fassungslosen Ausdruck annahm. In seinen Augen war Emerson so etwas wie ein Gott gewesen, dem gewöhnliche Gefahren nichts anhaben können.
    Unterstützt von den jungen

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