Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod
solche Männer dich beschützen.« Als er meinen Gesichtsausdruck sah – denn er weiß, wie sehr ich es verabscheue, für eine hilflose Frau gehalten zu werden –, fügte er hinzu: »Wir könnten ja in einem Hotel zu Abend essen und später zu der Vorführung gehen. Carter befindet sich gerade in Luxor. Ich würde mich gern mit ihm unterhalten und ihn auf die große Entdeckung vorbereiten, die wir bald machen werden.«
Und so geschah es. Wir schickten eine Nachricht über den Fluß an Howard und luden ihn ein, mit uns im Hotel Luxor zu speisen. Bei Sonnenuntergang gingen wir an Bord der Felukka, die uns ans andere Ufer bringen sollte. Abdullah und Daoud sahen in ihren besten Gewändern und mit den riesigen Turbanen aus wie zwei Emire. Abdullah hatte seinen weißen Bart gewaschen, bis er glänzte wie Schnee. Also waren wir es uns ebenfalls schuldig, einen gleichermaßen vornehmen Eindruck zu machen. Sogar Emerson sah diese Notwendigkeit ein, obwohl er, als ich ihm die Krawatte band, knurrig bemerkte, er fühle sich wie ein kleiner Junge, der bei seinen reichen Patenel tern eingeladen sei.
Die Gangway, die bei Flaute auch als Ruder diente, war eingezogen worden, und wir entfernten uns schon vom Ufer, als ein langgestreckter Schatten an Bord sprang. Im Dämmerlicht war nicht auf Anhieb auszumachen, worum es sich handelte. Emerson stieß einen Fluch aus und versuchte, mich aufs schmutzige Deck zu werfen.
Abdullah wäre fast von seinem Sitz gefallen, wenn Daoud ihn nicht gehalten hätte. Ich wehrte mich gegen Emersons Rettungsversuche, denn ich hatte unseren letzten Passagier selbstverständlich sofort erkannt.
»Es ist nur der Kater«, rief ich. »Abdullah, um Himmels willen, hör’ auf herumzufuchteln. Du ruinierst dein schönes Gewand.«
Abdullah hatte noch nie in meiner Gegenwart geflucht; er tat es auch jetzt nicht, doch er klang, als würde er harte Worte unterdrücken.
»Verdammt«, sagte Emerson. »Das hat mir gerade noch gefehlt. Ich weigere mich, mit einer Katze ins Luxor dinieren zu gehen, Amelia.«
»Wirf das Tier über Bord«, schlug Abdullah vor. Ich überhörte diese Anregung, womit Abdullah zweifellos gerechnet hatte. »Wir haben keine Zeit mehr, ihn zum Haus zurückzubringen. Vielleicht hat der Schiffer ja ein Stück Seil, das wir als Leine benutzen können.« »Ich lehne es ab, eine Katze an der Leine hinter mir her zu schleppen wie einen Hund«, verkündete Emerson mit Nachdruck. »Eine Katze ist ein unabhängiges Wesen, das eine solche Behandlung nicht verdient.« Der Kater balancierte wie ein Akrobat die Bank entlang und ließ sich neben ihm nieder. »So ein Theater wegen eines Katers«, knurrte Emerson und kraulte Anubis unterm Kinn.
»Wenn er wegläuft, muß er eben allein zurechtkommen.« Emerson und ich erregen häufig beträchtliches Aufsehen, wenn wir in der Öffentlichkeit auftreten. Ganz ohne eitel sein zu wollen, wunderte es mich bei dieser Gelegenheit nicht, daß alle Augen auf uns ruhten, als wir Arm in Arm in den Speisesaal rauschten. Emersons stattliche Statur und seine markanten Züge machten sich ausgezeichnet zum Schwarz-Weiß seines Abendanzugs. Er schritt einher wie ein König, und ich glaube, daß ich auch recht gut aussah. Trotzdem habe ich den Verdacht, daß einige der erstaunten Blicke, die uns trafen – und das unterdrückte Lachen, das im Raum zu hören war –, ihren Ursprung nicht in Bewunderung hatten. Anubis hatte sich geweigert, in der Garderobe zu bleiben. Er stolzierte mit einer Würde, die an Emersons durchaus heranreichte, hinter uns her – mit hocherhobenem Schwanz, die Augen geradeaus. Auch seine Miene ähnelte der von Emerson.
Der Ausdruck »hochmütiges Grinsen« trifft es wohl am besten.
Er benahm sich besser als einige der Gäste. Ein paar junge Kerle (sie verdienten die Bezeichnung Gentlemen nicht) hatten offenbar zuviel getrunken. Einer lehnte sich so weit in seinem Stuhl zurück, um die Katze zu begaffen, daß er zu Boden stürzte, was seine Freunde anscheinend eher amüsant als peinlich fanden; jubelnd und unter Kommentaren, die sie als ungehobelte Amerikaner verrieten, zerrten sie ihn hoch und setzten ihn wieder auf seinen Platz. »Komm schon Fred«, meinte einer. »Zeig’ diesen Leuten, wie ein richtiger Kerl einen Sturz wegsteckt.« Howard traf gerade rechtzeitig ein, um das Ende dieses Auftritts mitzuerleben. »Vielleicht möchte Mrs. Emerson an einen anderen Tisch«, schlug er mit einem Seitenblick auf die jungen Rabauken vor.
»Mrs.
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