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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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nie gesagt.«
    »Er ist ein Fanatiker, und Fanatiker neigen zur Übertreibung. Aber ich kann nicht umhin, mit einigen seiner Theorien übereinzustimmen. Was er über die Ehe und den Waffenstillstand gesagt hat …«
    »Hmmm. So sollte eine Ehe meiner Vorstellung nach nicht aussehen, aber ich glaube, Sie kennen sich damit besser aus als ein trauriger alter Junggeselle, wie ich es bin. Doch mit Amarna bin ich überhaupt nicht einverstanden. Sie und Emerson sitzen da draußen wie auf dem Präsentierteller.«
    »Ich bin da anderer Ansicht, Cyrus. Es ist leichter, in der Wildnis auf sich aufzupassen als in einer Großstadt, wo es von Menschen wimmelt.«
    »In mancher Hinsicht vielleicht, aber …«
    »Cyrus, Streiten ist reine Zeitverschwendung. Wie der Arzt sagte, haben wir keine Wahl. Es wird nett sein«, fügte ich hinzu, »das gute, alte Amarna wiederzusehen.«
    Cyrus’ ernste Miene entspannte sich. »Sie können mir nichts vormachen, Amelia. Sie sind die tapferste kleine Frau, die ich kenne, und Ihre Selbstbeherrschung macht der britischen Nation alle Ehre. Aber es ist nicht gesund, meine Liebe, seine Gefühle so zu unterdrücken. Ich kann Ihnen meine breite Schulter zum Ausweinen anbieten.«
    Ich lehnte dieses Angebot mit den passenden Dankesbezeugungen ab. Doch wenn Cyrus mich in dieser Nacht ein wenig später gesehen hätte, hätte er keine so hohe Meinung mehr von meinem Mut gehabt. Hinter verschlossener Tür kauerte ich auf dem Boden des Badezimmers und hatte ein Handtuch vors Gesicht gepreßt, um meine Schluchzer zu ersticken. Ich weinte, bis ich keine Tränen mehr hatte. Vermutlich tat es mir gut. Schließlich stand ich zittrig auf und ging zum Fenster. Die Berggipfel im Osten erhoben sich in den ersten bleichen Strahlen der Morgendämmerung. Ausgelaugt und erschöpft lehnte ich am Fensterbrett und blickte hinaus, und als es heller wurde, spürte ich, wie der Strom der Hoffnung und des Mutes, der eine Zeitlang versiegt war, langsam wieder zu fließen begann. Ich ballte die Fäuste und preßte die Lippen zusammen. Ich hatte die erste Schlacht gewonnen; gegen alle Wahrscheinlichkeiten hatte ich ihn gefunden und zurückgebracht. Wenn noch mehr Schlachten ausgefochten werden mußten, würde ich mich der Herausforderung stellen, und ich würde siegen.
8. Kapitel
    »Wenn man tapfer in die Zukunft schreitet, kann man nicht darauf achten, wohin man tritt.«
    Jahre waren vergangen, seit ich zum letztenmal die Ebene von Amarna erblickt hatte, doch im ewigen Ägypten bedeuten zehn Jahre nicht mehr als ein Wimpernschlag. Nichts hatte sich verändert – dieselben ärmlichen Dörfer, derselbe schmale Streifen aus grünem Land entlang des Flußufers, dieselbe kahle und verdorrte Ebene dahinter, eingerahmt von schroffen Klippen, die wie Finger einer Hand aus Stein emporragten.
    Mir kam es vor, als sei es erst gestern gewesen, daß ich die Landschaft gesehen hatte, und dieser Eindruck wurde noch dadurch verstärkt, daß ich die Aussicht vom Deck eines Hausbootes aus genoß – nicht meiner geliebten Philae , auf der ich meine erste Reise durch Ägypten gemacht hatte, sondern eines größeren und luxuriöser ausgestatteten Segelboots.
    Diese anmutig dahingleitenden Schiffe – früher das beliebteste Transportmittel gutbetuchter Touristen – wurden immer seltener. Inzwischen verkehrten Cooks Dampfer auf dem Fluß; und die Eisenbahn stellte eine schnelle, wenn auch unbequeme Reisemöglichkeit von Kairo nach Luxor dar. Es herrschte bereits der Geist des neuen Jahrhunderts, und obgleich die modernen Verkehrsmittel zweifellos praktischer waren, erfüllte es mich mit Wehmut, daß Würde, Muße und Charme der Hausboote wohl bald der Vergangenheit angehören würden.
    Einige traditionsbewußte Zeitgenossen hingen jedoch noch an den alten Gebräuchen. Das Boot von Reverend Mr. Sayce fuhr wie eh und je den Fluß hinauf und hinunter, und auch Cyrus bevorzugte die Bequemlichkeit einer Dahabije, wenn er Reisen unternahm und Ausgrabungsstätten besuchte, wo es an geeigneten Unterkünften mangelte. Tatsächlich konnte man zwischen Kairo und Luxor kein sauberes, geschweige denn bequemes Hotel finden. Besucher, die über Nacht in Amarna bleiben wollten, mußten im Freien ihr Lager aufschlagen oder die Gastfreundschaft des dortigen Bürgermeisters in Anspruch nehmen. Allerdings war das Haus dieses Herrn nicht viel größer und kaum weniger schmutzig als die Behausung der Fellachen. Deshalb war ich äußerst erfreut, als Cyrus verkündete, er

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