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Amelia Peabody 08: Der Ring der Pharaonin

Titel: Amelia Peabody 08: Der Ring der Pharaonin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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sondern auch Selim und Yussuf gehörten. Dann hob er mich auf mein Pferd und stieg selbst in den Sattel.
    Wenn er sich die Mühe gemacht hätte, Nefret genauer anzusehen, wären ihm, was das gute Beispiel betraf, vielleicht Zweifel gekommen – weniger wegen ihres versonnenen Lächelns als wegen des träumerischen Ausdrucks in ihren Augen.
    Es dauerte drei weitere Tage, bis wir den Eingangskorridor freigelegt hatten. Emersons außergewöhnliche Geduld wurde belohnt: Auf dem Boden vor den Wänden lagen – wo sie vor mehr als dreitausend Jahren gefallen waren – schätzungsweise fünfzig Bruchstücke eines bemalten Reliefs. Es war nötig, ihre genaue Lage festzuhalten, da man daraus möglicherweise schließen konnte, an welcher Stelle der Wand sie sich ursprünglich befunden hatten. Die Fragmente, manche nur so groß wie ein Fingernagel, wurden eines nach dem anderen aufgenommen und auf gepolsterte, beschriftete Tabletts gelegt. Obwohl ich wußte, daß Emerson geschickte Finger hatte, war ich wieder erstaunt, wie vorsichtig seine großen, gebräunten Hände die zerbrechlichen Scherben berührten.
    Wie harmonisch verliefen diese Tage! Wir kauerten, über unsere Arbeit gebeugt, im Sand, schlugen uns gelegentlich mit aufgeschreckten Fledermäusen herum und rieben uns die vom Staub geröteten Augen … Ich genoß jeden Augenblick, und Emerson war so glücklich, wie es nur ein Mann sein kann, wenn er in seinem Fachgebiet schwelgt. Wir alle waren sehr beschäftigt; jedes Bruchstück mußte photographiert (Sir Edward), kopiert (Evelyn und Ramses) und katalogisiert (Miss Marmaduke) werden. Walter begann mit Ramses’ Hilfe (letzterer hatte darauf bestanden), die Fragmente zusammenzusetzen. Es war eine mühevolle Arbeit – wie Walter bemerkte, ähnelte es dem Versuch, ein Puzzlespiel fertigzustellen, bei dem die Hälfte der Teile fehlte.
    Über der Freude an meiner Beschäftigung und an der Gesellschaft meiner geliebten Familie – und auch, weil nicht der geringste gewalttätige Übergriff auf uns stattfand – vergaß ich beinahe meine düsteren Vorahnungen. Als ich kurz daran dachte, fragte ich mich allmählich, ob Emerson nicht vielleicht doch recht gehabt hatte. (Das war zwar noch nie vorgekommen, aber es gibt immer ein erstes Mal.)
    Die erste »Störung«, wie Emerson es gereizt nannte, ereignete sich, als wir am Abend des dritten Tages zur Dahabije zurückkehrten. Mahmud, unser Steward, erwartete uns.
    »Die Pakete aus Kairo sind gekommen, Sitt.«
    »Ausgezeichnet«, sagte ich. »Bestimmt sind es die Stiefel und Kleidungsstücke, die du bestellt hast, Walter. Es wurde langsam Zeit, deine Stiefel hätten keinen Tag mehr durchgehalten.«
    »Der Herr wartet im Salon«, fuhr Mahmud fort.
    »Was für ein Herr?«
    »Der Herr, der die Pakete gebracht hat.« Mahmuds Lächeln verschwand. »Er hat gesagt, er sei ein Freund, Sitt. Hoffentlich habe ich nichts falsch gemacht.«
    »Vermutlich Petrie oder Quibell«, knurrte Emerson. »Oder Sayce oder Vandergelt oder irgendein anderer neugieriger Ägyptologe. Verflixt, ich wußte, sie würden früher oder später hier aufkreuzen, mich mit Fragen belästigen und versuchen, sich in MEINE Ausgrabung einzumischen.«
    Er eilte in Richtung Salon, und natürlich folgten wir ihm alle, denn wir waren gespannt, wer der Besucher sein konnte. Da ich meine eigenen Vermutungen hatte, versuchte ich, mit Emerson Schritt zu halten. Das gelang mir zwar nicht ganz, doch wir betraten beinahe gleichzeitig den Raum. Ich befand mich zu dicht in seiner Nähe, denn sein Gebrüll zerriß mir fast das Trommelfell.
    »O’Connell! Verdammt! Was zum Teufel haben Sie hier zu suchen?«
    Bei meinem Anblick wagte Kevin sich hinter dem Tisch hervor, mit dem er sich zu schützen versucht hatte. Was für ein Landsmann er war, konnte man ihm vom Gesicht ablesen: Augen so blau wie die irischen Seen, die Haut so sommersprossig wie das Ei eines Kiebitzes, das Haar leuchtend rot wie die untergehende Sonne. »Aber Professor, glauben Sie etwa, der Daily Yell würde sich eine solche Geschichte entgehen lassen? Und wen sonst sollte meine Zeitung losschicken als ihren Starreporter? Guten Abend, meine liebe Mrs. Emerson. Sie sehen wieder einmal aus wie das blühende Leben.«
    Ich drängte mich an Emerson vorbei, der starr vor Entrüstung in der Tür stehengeblieben war. Auch wenn Kevin O’Connell keineswegs der Starreporter von Londons berüchtigstem Klatschblatt war, kannte er sich doch mit archäologischen Themen und den

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