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Amelia Peabody 08: Der Ring der Pharaonin

Titel: Amelia Peabody 08: Der Ring der Pharaonin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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der Lage bin, ohne fremde Hilfe zu stehen. Außerdem ist es ziemlich demütigend, gehalten zu werden wie ein …«
    »Warum hast du geschrien?« Emerson hatte die Zähne zusammengebissen, und seine Arme umklammerten Ramses wie ein Schraubstock.
    »Ganz sicher nicht aus Angst.« Ramses warf einen Blick auf Nefret. »Es gab keinen Grund, um sich zu fürchten. Nach den ersten Metern ist es recht leicht. Die Stufen sind steil und zerborsten, aber unten liegt kein Schutt – und es gibt auch keine Kobras. Anscheinend haben zeitgenössische Diebe den Sargdeckel geöffnet, um nach Amuletten und Juwelen zu suchen … Mutter! Tu etwas, damit sie aufhört, Vater. Es besteht wirklich keine Gefahr für Leib und Leben, aber der Anblick … Ach, verdammt!«
    Ich erreichte die Rampe einen Sekundenbruchteil vor Nefret und schlüpfte in den Tunnel, bevor Emerson mich zurückhalten konnte. Da ich den Erzählstil meines Sohnes nur allzugut kannte, wußte ich, daß er immer weiterreden und die Spannung absichtlich bis ins Unerträgliche steigern würde. Ich mußte es mit eigenen Augen sehen.
    Eine Hand griff nach meinem Fuß, aber ich machte mich los. (Ich kann mich genausogut durch enge Gänge schlängeln wie Ramses, obwohl ich seltener deswegen gelobt werde.)
    Die Luft in den Tiefen ägyptischer Gräber kann man gewöhnlich nicht gerade eine Wohltat nennen, doch beim Weitergehen stieg mir ein widerlicher Gestank in die Nase, der mir bislang noch nicht untergekommen war. Wie Ramses gesagt hatte, bedeckte der Schutt nur die obersten Stufen, und mein Herz schlug schneller, als ich unter mir im Kerzenlicht die unverkennbaren Umrisse eines mumienförmigen Sarges erkannte. Erst als ich schon ziemlich nah herangekrochen war, stellte ich fest, daß es sich nicht um die Sorte Sarg handelte, auf die ich gehofft hatte: kein schimmerndes Gold, keine funkelnden, eingelegten Edelsteine, keine Spur einer Inschrift – nur stumpfes, staubiges, schmuckloses Holz.
    Also kein königlicher Sarg. Enttäuscht, aber dennoch neugierig, erhob ich mich auf die Knie. Der Deckel war entfernt und beiseite geworfen worden. Der Leichnam lag ungeschützt da.
    Ungeschützt war wirklich das richtige Wort, denn der Körper war völlig nackt und wies nicht einmal den Fetzen eines Wickeltuches auf. Unglücklicherweise war der Tote sehr gut erhalten. Der Kopf war zurückgebogen, der Mund in einem abscheulichen, gequälten Schrei der Verzweiflung verzerrt. Ich wandte mich ab und schlug die Hände vor den Mund, um den Brechreiz zu unterdrü cken. Der Verwesungsgeruch, der dem Sarg entstieg, war kaum zu ertragen. Doch noch mehr erschütterte mich die Erkenntnis beim Anblick der Stricke, mit denen die zu Klauen verkrümmten Hände und die starren Füße des Mannes gefesselt waren: Er war lebendig begraben worden.
10. Kapitel
MÄNNER WERDEN ZUWEILEN HEFTIG VON EIGENSCHAFTEN ANGEZOGEN, DIE EINEM NICHT SOFORT INS AUGE STECHEN.
    Obwohl ich Mumien noch nie sonderlich viel abgewinnen konnte, habe ich mir im Laufe meiner beruflichen Tätigkeit einen gelassenen Umgang mit den widerlichen Dingern angewöhnt. Vor diesem Exemplar ergriff ich jedoch so schnell ich konnte die Flucht. Es war zwar schon spät, als wir zur Amelia zurückkehrten, doch ich hatte ein Gespräch und ein stärkendes Getränk dringend nötig.
    Nach einem solchen Erlebnis war es einfach unmöglich, brav zu Bett zu gehen.
    Wir alle hatten uns die Mumie angesehen – außer Evelyn, die sagte, unsere Beschreibungen seien ihr mehr als genug.
    Emerson, der ein ausgesprochenes Faible für Mumien hat, wäre auch über glühende Kohlen gekrochen, um diese zu betrachten. Mit Abdullahs Hilfe verbreiterte er das Loch, damit er hindurchpaßte, und blieb so lange unten, daß ich schon bedauerte, ihm kein Seil umgebunden zu haben. Erst als ich mich noch einmal ein Stück in den Tunnel wagte und drohte, ihn gewaltsam herauszuholen, kam er zurück. Emerson hat kein besonders stark entwickeltes Gespür für Atmosphäre; mich hingegen hatte die Stimmung im Grab – das Dämmerlicht, die schwankenden Schatten und der abscheuliche Gestank – gemeinsam mit dem Anblick der Mumie in die Flucht getrieben. Außerdem machte mir die Vorstellung zu schaffen, daß der schlichte Sarg mit dem abstoßenden Leichnam die Grabkammer einer Königin bewachte. Denn trotz meines hastigen Rückzugs war mir die Tür hinter dem Sarg aufgefallen – auch sie war mit Steinblöcken zugemauert. Ramses beäugte angewidert das Glas heiße Milch, das ich ihm

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