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Amelia Peabody 08: Der Ring der Pharaonin

Titel: Amelia Peabody 08: Der Ring der Pharaonin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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ich. »Mach langsam, Ramses, und hör nicht auf zu reden.«
    »Verzeih. Mutter. Habe ich dich richtig verstanden?«
    Ich hätte wirklich nie damit gerechnet, ihm eine solche Anweisung geben zu müssen, doch im Augenblick verspürte ich nur wenig Lust, auf Ramses’ merkwürdigen Sinn für Humor einzugehen. »Du weißt genau, was ich meine, junger Mann. Du kennst bis jetzt nur die ersten zwei oder drei Meter des Loches. Beschreib genau, was du siehst und wie du dich da unten fühlst.«
    Die Kerze in der ausgestreckten Hand, hatte Ramses bereits den Großteil seines Körpers in das Loch gezwängt. Sein »Ja, Mutter« hallte von den Wänden wider.
    »Warte einen Moment«, befahl Emerson. Gehorsam blieben Ramses’ Waden in der Luft stehen. Emerson schlang ein Seil um den linken Knöchel seines Sohnes und zog es zu. »Jetzt weiter«, sagte er. »Und rede immer weiter oder mache wenigstens Geräusche. Wenn ich länger als dreißig Sekunden nichts von dir höre, ziehe ich dich heraus.«
    Wir versammelten uns am Fuße der kleinen Rampe, und ich erkannte im Kerzenlicht die ernsten, sorgenvollen Mienen der anderen, die sich sicherlich nicht von meiner unterschieden. Walter legte tröstend den Arm um Evelyn; sie betrachtete mit aufgerissenen Augen die Öffnung, in der Ramses’ Füße inzwischen verschwunden waren.
    Emersons letzte Handlung hatte auch denen, die sich dessen noch nicht bewußt gewesen waren, klargemacht, daß es sich um ein gefährliches Unterfangen handelte. Der laienhaft gegrabene Tunnel konnte jederzeit einstürzen. Die Luft in diesen Tiefen – und wir wußten nicht, wie weit es nach unten ging – war vielleicht mit giftigen Gasen durchsetzt. Die Liste der möglichen Gefahren war so lang, daß ich sie lieber nicht fortsetzen wollte. Das Seil um Ramses’ Knöchel bedeutete seine einzige Rettung, falls eine von ihnen tatsächlich eintrat.
    Obwohl es wahrscheinlich sogar Ramses schwerfiel, in dieser Enge und wegen des Staubs, der ihm den Atem raubte, immer weiterzureden, tat er es folgsam. Je weiter er sich entfernte, desto unverständlicher wurden seine Worte. »Öffnet sich«, lautete ein Satz, dann »Mumientuch« und dann laut und deutlich »Oberschenkelknochen«.
    »Natürlich fallen ihm die Knochen zuerst auf«, sagte ich leise zu Evelyn, um sie ein wenig aufzumuntern, da sie offenbar Todesängste ausstand.
    »Mir ist es gleich, was er sagt, solange er nur redet«, flüsterte sie. »Wie weit ist er vorgedrungen, Radcliffe?«
    Emerson hatte immer mehr Seil nachgelassen. »Weniger als drei Meter. Er kommt nur langsam voran, weil …«
    Auf einmal drang aus der Öffnung ein Schrei, der vom Echo widerwärtig verzerrt wurde. Emerson taumelte mit einem Schreckensruf zurück. Doch er ließ sich nur einen Moment aus der Fassung bringen. Dann zerrte er heftig an dem Seil. Emerson zog und zog, während Ramses aus vollem Halse weiterschrie. Endlich kamen seine Füße in Sicht; Emerson ließ das Seil los, ergriff sie, holte den Jungen heraus und hob ihn in seine Arme.
    Ramses hielt die Augen fest geschlossen, was nicht weiter überraschte, da Staub seine Lider bedeckte und ihm das Blut aus verschiedenen Abschürfungen und Schnittwunden über Nase und Stirn lief. Ich schraubte den Verschluß von meiner Feldflasche ab und schüttete Ramses das Wasser ins Gesicht.
    »Danke«, sagte Ramses.
    Evelyn war kreidebleich. Sie zog ihr Taschentuch heraus und wischte ihn ab. »Was ist geschehen? Wo bist du verletzt?«
    »Ich bin nicht verletzt«, entgegnete Ramses. »Abgesehen von ein paar Abschürfungen und blauen Flecken, die daher rühren, daß mein Vater mich so übereilt aus dem Tunnel gezogen hat. Bitte, Mutter! Es sind Damen anwesend.«
    Ich hatte sein zerfetztes Hemd aufgerissen; der Verband war noch an Ort und Stelle und wies keine Flecken auf – zumindest keine Blutflecken.
    »Anscheinend hat er nichts abbekommen«, sagte ich.
    »Schlangenbiß«, preßte Emerson hervor.
    »Sei nicht albern, Emerson. Was hätte eine Kobra tief unten in einem Grab zu suchen?«
    »Warum hat er dann geschrien?« Emersons Gesicht nahm allmählich wieder seine normale Färbung an. »Solche Geräusche habe ich von ihm noch nie gehört.«
    »Mein erster Aufschrei«, erwiderte Ramses mit offensichtlichem Bedauern, »hatte seine Ursache in Schreck und Erstaunen. Dann habe ich weitergeschrien, damit du aufhörst, mich mit solch schmerzhafter Hast herauszuziehen. Du kannst mich wieder runterlassen, Vater. Ich versichere dir, daß ich durchaus in

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