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Amelia Peabody 08: Der Ring der Pharaonin

Titel: Amelia Peabody 08: Der Ring der Pharaonin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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hatte Walter sich ein wenig beruhigt. Er entschuldigte sich bei mir und pflichtete mir bei, daß wir zu tun hätten, was Emerson von uns verlange. Wir alle hatten keinen Appetit, doch wir zwangen uns zum Essen, da wir den Schein wahren mußten.
    Schon oft habe ich den Ausspruch gehört – und ich glaube fest daran –, daß der Himmel einem nicht mehr zumutet, als man tragen kann. Seit Emersons Aufbruch war kaum eine Stunde vergangen (die mir, wie der werte Leser sich gewiß vorstellen kann, vorkam wie eine Ewigkeit). Ich fragte mich, wie ich die ebenso endlosen Stunden überstehen sollte, die noch vor mir lagen, als der Himmel sich meiner erbarmte. So angespannt waren meine Nerven, daß ich mein Glas fallenließ und aufsprang, als ich vor der Tür des Salons Stimmen hörte. Die eine Stimme gehörte Mahmud, der entrüstet protestierte. Die andere …
    Ich eilte zur Tür und riß sie auf. Mahmud hatte den zappelnden Jungen am Arm gepackt. »So kannst du nicht hineingehen. Geh, wasch dich, du bist ja ganz schmutzig. Ich sage inzwischen der Sitt …«
    Der Junge wandte mir sein verängstigtes Gesicht zu. Er hatte die Augen weit aufgerissen, in seinen schwarzen Locken hing Staub, und seine Galabija war in Fetzen gerissen.
    »Laß ihn los«, sagte ich. »David, wo ist Ramses?«
    Noch ehe Mahmud gehorchen oder David antworten konnte erschien Bastet, die Katze, auf dem dunklen Deck, schätzte kurz die Lage ab und sprang Mahmud auf den Rücken. Mit einem Aufschrei ließ Mahmud Davids Arm los. Bastet hüpfte wieder herunter und schlenderte an mir vorbei zum Eßtisch.
    Ich zog den Jungen ins Zimmer und schloß die Tür. Zuerst konnte ich ihn nicht dazu bringen, sich zu setzen und einen zusammenhängenden Bericht abzuliefern. Ständig zerrte er an meinem Ärmel und verlangte, ich solle mitkommen.
    Schließlich mischte sich Evelyn ein und löste sanft meine Hände von David und seine von mir. »Hör auf, ihn zu schütteln, Amelia. David, setz dich neben mich. Ich bin ja so froh, daß dir nichts passiert ist.«
    »Er nicht? Er ist nicht hier?« Seine Anspannung wich, als Evelyn den Arm um ihn legte, und er stieß einen langen Seufzer aus.
    »Erzähl uns, was passiert ist«, forderte Evelyn ihn auf. »Sprich Arabisch, das geht schneller und fällt dir leichter.«
    Ich glaube, es war allein ihr zu verdanken, daß es dem Jungen gelang, seine Gedanken zu ordnen. Er drückte sich einfach und eindeutig aus und beobachtete sie dabei aufmerksam, als käme es ihm vor allem darauf an, daß sie ihn verstand. Anscheinend tat sie das mühelos. Vielleicht hatten die langen Gespräche mit ihm nicht nur sein Englisch, sondern auch ihr Arabisch verbessert. Zweifellos bestand zwischen ihnen eine Beziehung, die viel inniger war als eine gewöhnliche Freundschaft.
    Es verhielt sich genauso, wie ich mir gedacht hatte. Ramses hatte beschlossen, Riccetti auf eigene Faust ausfindig zu machen. Da David völlig übersteigerte Vorstellungen von Ramses’ Fähigkeiten hegte, war ihm gar nicht in den Sinn gekommen, meinem Sohn diese Absicht auszureden. »Und er ist doch mein Bruder. Ich gehe hin, wo er hingeht.«
    Sie hatten ein Boot »ausgeliehen« und waren über den Fluß gerudert. »Sie«, sagte David und wies dabei auf Bastet, »ist auch mitgekommen.«
    »War sie die ganze Zeit bei euch?« fragte Walter mit einem unfreundlichen Blick auf die Katze, die sich in aller Seelenruhe an den Essensresten gütlich tat.
    »Laß ihn in der richtigen Reihenfolge erzählen, Walter«, sagte Evelyn. »Sprich weiter, David.«
    Ich mußte zugeben, daß Ramses die Sache schlauer angegangen war, als ich ihm zugetraut hätte. Da er wußte, daß einem gewöhnlichen barfüßigen Fellachen der Zugang zu den großen Hotels verwehrt worden wäre, hatte er sich ordentlich ausstaffiert. Das saubere weiße Gewand, den roten Fes und die Sandalen hatte man wahrscheinlich für eine Art Livree gehalten. Unter dem Vorwand, ein Paket für Signor Riccetti abgeben zu müssen, hatte er sämtliche Hotels abgeklappert – wie vorauszusehen gewesen war, ohne Erfolg. Außerdem hatte er David (und die Katze) aus Gründen der Vorsicht angewiesen, ihm in einem sicheren Abstand zu folgen.
    »Ganz Luxor kennt sie«, erklärte David. »Sie durfte nicht mit ihm gesehen werden. Also befahl er ihr, bei mir zu bleiben.«
    Ich sah Bastet an. Sie hob den Kopf von meinem Teller und bedachte mich mit einem kühlen, abschätzenden Blick. Das Tier war mir wirklich unheimlich, und ich wollte lieber gar nichts

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