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Amelia Peabody 08: Der Ring der Pharaonin

Titel: Amelia Peabody 08: Der Ring der Pharaonin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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alles nur wenige Minuten, aber es kam mir wie Stunden vor. Jeden Moment rechnete ich mit Schritten auf dem Korridor. Gleichzeitig brannte ich darauf, mich zu vergewissern, ob mein Sohn noch am Leben war, und ich fragte mich, wie wir ihn aus dem Haus schaffen sollten, wenn wir ihn nicht wecken konnten – nun, es waren ziemlich unangenehme Minuten. Als ich mich zum Bett umdrehte, hatte Ramses sich noch immer nicht gerührt. Die Katze saß neben ihm und leckte ihm das Gesicht ab. Freundlicherweise erhob sie keinen Einwand, als ich sie wegschob und Ramses in die Arme nahm.
    Sein Kopf sank gegen meine Schulter. Ich wußte genau, was ihm fehlte, denn auf seinem schmutzigen, zerschrammten Gesicht lag ein höchst glückseliger Ausdruck. Ramses hatte schon immer einmal mit Opium experimentieren wollen – aus rein wissenschaftlichen Gründen, wie er behauptete.
    Sein Wunsch war ihm erfüllt worden.
    »Rauschgift«, keuchte ich. »Wir werden ihn tragen müssen. Nimm seine Füße.«
    Ich bedauerte sehr, daß Ramses in den letzten Jahren so gewachsen war. Er war schwerer als erwartet – zum Glück kein totes Gewicht, aber fast ebenso unhandlich. Das Schwierigste war, ihn die Treppe hinunterzuschaffen; danach hatte ich beinahe keine Kraft mehr in Armen und Schultern.
    Ich hielt auf das Zimmer zu, durch das ich ins Haus gelangt war, und vor meinem geistigen Auge erschien mir dieser wenig anheimelnde Raum so verlockend wie das Paradies.
    Wenn wir ihn unbemerkt erreichten, waren wir gerettet. Die Geräusche von unten waren lauter und fröhlicher geworden.
    Offenbar veranstalteten die gedungenen Mordbuben eine kleine Feier. Ich hoffte von ganzem Herzen, daß sie sich gut amüsierten. Wenn einem von ihnen langweilig wurde, so daß er beschloß, zu Bett zu gehen … Ich richtete ein kurzes Gebet an die Macht, die unser Schicksal bestimmt, aber ich fürchte, daß es eher wie ein Befehl klang: »Mach, daß sie unten bleiben!«
    Bis zur ersehnten Tür waren es nur noch drei Meter, als sie sich plötzlich öffnete. Ich glaube, ich hätte aufgeschrien, wenn ich dazu noch genug Puste gehabt hätte. David, der vor mir ging, ließ Ramses’ Füße los und griff nach dem Messer, das im Bund seiner weiten Hose – seines letzten verbleibenden Kleidungsstücks – steckte.
    Das Licht aus dem Treppenhaus reichte gerade, um Walters Haut zu retten. Sein Gesicht konnte David zwar nicht sehen, doch die europäischen Stiefel und Hosen warnten ihn noch rechtzeitig. Er schob das Messer in den Hosenbund, während Walter Ramses hochhob.
    »Sie kommen«, sagte er. »Rasch.«
    Wir erfuhren nie, was die Männer im unteren Stockwerk mißtrauisch gemacht hatte – das Poltern von Ramses Absätzen auf dem Boden oder ein Geräusch von draußen? Jedenfalls hatte es genügt, um sie aufzuschrecken, obwohl sie nicht sonderlich besorgt zu sein schienen, denn sie ließen sich jede Menge Zeit. Ich hörte, wie einer von ihnen einen Witz über Afreets riß.
    Evelyn, die hinter der Tür wartete, schloß sie, sobald wir alle im Zimmer waren. »Wie …«, fing ich an.
    »Verrammelt die Tür«, unterbrach Walter. »Verriegelt sie und schiebt die Möbel davor.« Ramses auf dem Arm, ging er auf den Balkon hinaus.
    Evelyn schob den Riegel vor, ein wackeliges Ding, eigentlich nur ein Holzstück mit Scharnieren, das allerdings eine Weile standhalten würde. Ich überließ das Möbelrücken ihr und David und folgte Walter.
    »Jetzt du, Sitt!« rief Daoud.
    Ich hätte es riskiert, wäre ich allein gewesen. Aber die Zeit reichte nicht mehr, damit wir alle entkommen konnten.
    Unsere Feinde hatten uns entdeckt und hämmerten schreiend an die Zimmertür. Früher oder später würde einem von ihnen einfallen, daß der Balkon unser einziger Fluchtweg war.
    Während Walter wieder hineinlief, sagte ich zu Daoud: »Nein, es ist zu spät. Lauf – bring Ramses in Sicherheit und hole Hilfe. Sofort, ehe sie aus dem Haus kommen!«
    Beim Sprechen hörte ich schon das Rasseln von Ketten und Riegeln an der Eingangstür. Daoud stand da und starrte zu mir hinauf.
    Ich bezeichnete ihn mit dem schlimmsten arabischen Schimpfwort, das ich kannte – dank Ramses und Emerson hatte ich einige in petto. Er fuhr zusammen, als ob ich ihn geschlagen hätte, und rannte los. Ramses hatte er über die Schulter geworfen. Wie ich befürchtet und erwartet hatte, waren die beiden noch in Sichtweite, als die Vordertür aufflog. Einer der Mordbuben stürmte, die Pistole in der Hand, hinaus und machte sich an die

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