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Amelia Peabody 08: Der Ring der Pharaonin

Titel: Amelia Peabody 08: Der Ring der Pharaonin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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– es war irgendein Kraut oder Weihrauch, das wahrscheinlich eine heilsame Wirkung haben sollte. Doch als sie davon sprach, ihre Gesundheit durch Gebete und Meditation wiederherzustellen, mußte ich sie warnen, diese Worte ja nicht Emerson gegenüber zu wiederholen. Er glaubt daran, daß Gott denen hilft, die sich selbst helfen.
    Ob es nun die Gebete, der Kräuterduft, meine Medikamente oder einfach nur die Zeit war – jedenfalls kehrte Miss Marmaduke, in Aussehen und Verhalten sehr zu ihrem Vorteil verändert, wieder in die Welt zurück. Zu meiner Überraschung trug sie beim Essen an jenem Abend ein moosgrünes Kleid, das ihrer blassen Haut schmeichelte und eine unerwartet wohlgeformte Figur zur Geltung brachte. Zum erstenmal, seit wir uns kannten, sah sie so jung aus, wie sie angeblich war – Anfang Zwanzig, um genau zu sein.
    Als ich ihr ein Kompliment zu ihrem Kleid machte, senkte sie den Blick. »Ich hoffe, Sie halten mich jetzt nicht für leichtfertig, Mrs. Emerson. Meine Krankheit – obwohl sie sehr kurz und nicht sehr schwer war – hat mir gezeigt, daß ich vom rechten Wege abgekommen war. Das irdische Dasein mit all seinen Höhen und Tiefen ist doch mehr oder weniger bedeutungslos. Deshalb habe ich mich erhabeneren Dingen zugewandt.«
    Mein Gott, dachte ich. Sie redet fast so geschwollen daher wie Ramses.
    Natürlich antwortete Ramses ihr darauf, und zwar mit einem langatmigen Vortrag, in dessen Verlauf er sich auf Hegels System, die Kabbalah und die Mystik der Hindus bezog. Ich habe keine Ahnung, wo er diese Dinge aufgeschnappt hatte. Nach einer Weile brachte Emerson, den Philosophie rasch langweilt, das Gespräch auf ägyptische Religionen. Miss Marmaduke sprang sofort darauf an und überhäufte ihn, gebannt und atemlos, mit Fragen. Ständig hieß es: Und was halten Sie davon, Professor?
    Da Emerson ein Mann ist, wehrte er sich nicht gegen diese Aufmerksamkeiten. Erst kurz vor dem Zubettgehen konnte ich das viel wichtigere Thema der Unterrichtsstunden zur Sprache bringen.
    »Wann immer Sie wollen, Mrs. Emerson«, antwortete Miss Marmaduke prompt. »Ich war die ganze Zeit über bereit …«
    »Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen«, entgegnete ich ziemlich barsch. »Sie können ja nichts dafür, daß Sie krank geworden sind. Und davor waren wir mit den Reisevorbereitungen beschäftigt. Also dann morgen? Ausgezeichnet. Französisch, englische Geschichte. Sie können mit den Rosenkriegen anfangen, bis dahin sind sie schon gekommen. Und Literatur.«
    »Ja, Mrs. Emerson. Ich habe mir gedacht, daß auch Gedichte …«
    »Keine Gedichte.« Ich weiß nicht, warum ich ihr diese Antwort gab. Möglicherweise erinnerte ich mich an ein sehr peinliches Gespräch mit Ramses über gewisse Gedichte von Mr. Keats. »Gedichte«, fuhr ich fort, »wirken zu aufwühlend auf junge Gemüter. Ich möchte, daß Sie sich mit vernachlässigten Meisterwerken der Literatur befassen, die aus der Feder von Frauen stammen, Miss Marmaduke: Jane Austen, die Brontë-Schwestern, George Eliot und andere. Ich habe die Bücher bei mir.«
    »Wie Sie meinen, Mrs. Emerson. Aber finden Sie nicht, daß Sturmhöhen für ein junges Mädchen ebenfalls zu aufwühlend sein könnte?«
    Nefret warf mir einen vielsagenden Blick zu. Sie hatte den ganzen Abend fast kein Wort gesagt – ein sicheres Zeichen dafür, daß die neue Lehrerin ihr nicht zusagte. »In diesem Fall würde ich es nicht vorschlagen«, antwortete ich. »Also morgen um acht.«
    Emerson war zappelig geworden. Er war der Ansicht, daß ich um die Schulbildung der Kinder zuviel Aufhebens machte. Außer der Ägyptologie und den Sprachen, die man beherrschen mußte, um sie zu betreiben, gab es für ihn nichts, was lernenswert gewesen wäre. Nun hörte er auf, mit den Füßen zu scharren, und blickte mich beifällig an.
    »Acht Uhr dann? Ausgezeichnet. Sie sollten früh zu Bett gehen, Miss Marmaduke. Schließlich sind Sie heute den ersten Tag wieder auf den Beinen. Ramses, Nefret, es ist spät.«
    Auf diese Aufforderung hin ließen sie uns allein, wie Emerson beabsichtigt hatte.
    »Miss Marmaduke hat sich sehr verändert.«
    »Ich finde, sie sieht aus wie immer«, meinte Emerson unsicher. »Hast du mit ihr ein Gespräch über Hosen geführt, Peabody?«
    »Ich habe nicht ihre Kleidung gemeint, Emerson, sondern ihr Verhalten.«
    »Ach, das ist auch wie immer. Komm, gehen wir zu Bett.«
    Später, als Emersons tiefe Atemzüge mir verrieten, daß er in Morpheus’ Armen schlummerte, lag ich

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