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Amelia Peabody 09: Ein Rätsel für Ramses

Titel: Amelia Peabody 09: Ein Rätsel für Ramses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Hemdknöpfe geöffnet, und sie marschierte leichtfüßig neben ihnen her.
    Trotzdem hätte sie niemand für einen Jungen gehalten, auch wenn ihr Haar unter einem Helm verborgen war. Es war nicht nur das hübsche, blütengleiche Gesicht, das ihre Weiblichkeit ausmachte. Die Hose war in der Wäsche wohl auch eingelaufen.
    »Zieh sofort deine Jacke an, Nefret«, rief ich.
    »Oh, Tante Amelia, muß ich das wirklich? Es ist so verflucht heiß!«
    »Und hör auf zu fluchen!«
    »Das war doch gar nichts«, meinte Ramses. »Du solltest sie mal hören, wenn sie richtig wütend ist.«
    Er wich vor ihrem spielerischen Schlag zurück und fuhr fort: »Hatschepsuts Grab liegt genau vor uns. Ich höre gar keine Arbeitsgeräusche; vielleicht hat Mr. Carter für heute die Arbeit eingestellt.«
    »Hmhm«, meinte Emerson und drückte damit sein Unverständnis gegenüber Exkavatoren aus, die ihre Aktivitäten bloß wegen 40 Grad im Schatten einstellten.
    »Trotzdem möchte ich einen Blick reinwerfen«, sagte Nefret.
    Ramses und David erklärten sich sofort bereit, sie zu begleiten, und das Trio marschierte los. Der Pfad war steil und recht unwegbar. Dieser Teil des Tals wurde nur selten von Touristen besucht, deshalb hatte sich die Antikenverwaltung die Mühe erspart, den Zugang zu erleichtern. Der Ort war bis auf ein regloses Bündel von Kleidern in der Nähe der Klippen verlassen – einer der Wächter, der seinen Mittagsschlaf hielt. Seine staubige Kleidung war dem Felsen so angepaßt, daß ich ihn bis dahin nicht wahrgenommen hatte. Die einzigen für mich sichtbaren Körperteile waren seine nackten Füße, und er schien dort so tief und fest zu schlafen wie ein Engländer in seinem weichen Federbett. Trotzdem senkte ich meine Stimme, als ich meinen Ehemann ansprach.
    »Wie ich schon sagte, Emerson, ich kenne den wahren Grund deines Hierseins. Du willst das rätselhafte Grab lokalisieren, das unser anonymer Berichterstatter erwähnt hat.«
    Emerson lehnte sich gegen einen Pfosten und begann, seine Pfeife zu stopfen. »Deine Angewohnheit, Schlüsse zu ziehen, hat dich diesmal in die Irre geführt, Peabody. Ich muß dir leider mitteilen …«
    »Daß es kein Grab 20-A gibt. Das habe ich selbstverständlich gewußt.«
    »Das wußtest du bereits? Warum, zum Teufel, hast du das denn nicht gesagt?«
    »Aus dem gleichen Grund, warum du nichts gesagt hast.« Ich grinste ihn freundlich an, und er geriet zu meiner Freude in Verlegenheit. »Mental haben wir die gleiche Spur verfolgt. Die Nummer deutet auf ein Grab hin, das – außer von unserem mysteriösen Informanten – noch von niemandem entdeckt worden ist. Mit dieser Bestimmung hat er uns einen Hinweis auf seine Lokalisierung gegeben. Es liegt irgendwo zwischen Nr. 20 und Nr. 21. Hatschepsuts Grab, die Nr. 20, befindet sich am Ende des schmalen Ausläufers des Wadis, also muß Mr. Wilkinson, nachdem er es katalogisiert hat, noch einmal in Richtung des Haupttals vorgegangen sein. Wenn wir am Grab von Hatschepsut beginnen und den Klippen in Richtung Grab 21 folgen …«
    Emerson atmete so tief ein, daß sich die Knöpfe seines Hemdes spannten. »Ich habe nicht vor, Zeit für solchen Unsinn zu vergeuden, Peabody.«
    Also gingen wir auf die Kinder zu, die sich, wie ich erwartet hatte, stritten. Nefret schmollte, weil Ramses sich geweigert hatte, Hatschepsuts Grab zu betreten, und ihr das ebenfalls verboten hatte, und David versuchte erfolglos, zwischen den beiden Frieden zu stiften.
    Die Aussicht war sicherlich nicht verlockend. Über dem gewundenen, tunnelartigen Eingang erhoben sich die Felswände senkrecht gegen den Himmel. Berge von losem Geröll, das Stürme und Unwetter ins Tal gefegt hatten, türmten sich zu beiden Seiten auf. Teilweise waren die Hügel auch durch den Schutt entstanden, der aus dem Grab entfernt worden war; sie waren dunkler als der überall sichtbare Kalkstein, und die Brocken hatten das verwitterte Aussehen von Schiefer oder einem anderen weichen Gestein.
    Es war ein gräßlicher Aufenthaltsort. Ein Blick in das schwarze Loch, das in die Felswand gehauen war, überzeugte mich davon, daß auch ich das Grab nicht betreten wollte, zumindest nicht an jenem Nachmittag. Wenn gerade keine Pyramide zur Stelle ist, klettere ich mit Vergnügen in ein nettes, tiefes Grab, aber nach allem, was ich von diesem hier wußte, hatte es nichts zu bieten außer Fledermausexkrementen, einer Hitze wie in einem Hochofen und der Möglichkeit, von einem herabstürzenden Felsbrocken

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