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Amelia Peabody 10: Die Hüter von Luxor

Titel: Amelia Peabody 10: Die Hüter von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Gespräch mit einem mir unbekannten Mädchen beobachtet – einer Touristin, vermutete ich. Sie war blond und trug ein elegantes azurblaues, mit Rosenknospen besticktes Kleid, das ihre weißen Schultern freigab. Es war ungewöhnlich, David nicht in Begleitung von Ramses oder Nefret oder allen beiden zu sehen; im Umgang mit Fremden verhielt er sich ziemlich schüchtern, doch bei dieser jungen Frau, die über ihren Fächer hinweg mit ihm flirtete, wirkte er recht gelöst.
    In diesem Augenblick steuerte eine untersetzte, ältere Dame, die ich für die Mama des Mädchens hielt, auf die beiden zu. Das Mädchen fest am Arm zerrend, zog sie sie mit sich fort, ohne auch nur einen Blick auf David zu verschwenden.
    »Ich wage zu behaupten, daß er bereits eine ganze Menge davon hat«, sagte Katherine gedankenverloren.
    »Er ist ein gutaussehender, junger Bursche, und sein fremdartiges Aussehen zieht die Mädchen an; aber welche verantwortungsbewußte Mama würde ihrer Tochter erlauben, eine ernsthafte Beziehung zu ihm aufzubauen?« »Sie hätte aber nicht so übertrieben reagieren müssen.
    Du meine Güte, Katherine, wir klingen wie zwei hohlköpfige Klatschtanten.«
    An diesem Punkt unseres Gesprächs wurde Katherine zu aufbrechenden Gästen gerufen. Ich blieb, wo ich war, und stellte fest, daß Ramses sich zu David gesellt hatte, daß Emerson sich Howard gekrallt hatte und ihm irgendeinen Vortrag hielt und daß Nefret … Wo war sie eigentlich? Mein suchender Blick hatte sie rasch inmitten einer Gruppe junger Herren erspäht, doch dieser kurze Moment des Entsetzens war ausschlaggebend für meinen Entschluß, nach Hause zurückzukehren. Ich leide eher selten unter schwachen Nerven, doch an diesem Abend waren sie es.
    Ich sammelte meine Familie und Sir Edward ein, und wir verabschiedeten uns. Während wir auf die Kutsche warteten, lief Cyrus’ Wachmann, ein älterer Ägypter, der schon seit vielen Jahren für ihn arbeitete, auf mich zu. »Jemand hat mir das gegeben, Sitt Hakim. Sie sagte, es sei für Nur Misur, aber …«
    »Dann solltest du es mir geben, Sayid«, entfuhr es Nefret. Sie griff nach dem schmuddeligen, kaum zehn Quadratzentimeter großen Päckchen, das auf seiner Handfläche lag.
    Ramses’ Hand kam ihr zuvor. »Warte, Nefret. Wer hat dir das gegeben, Sayid?«
    Der alte Mann zuckte die Schultern. »Eine Frau. Sie sagte –«
    Wir lauschten seiner ausschweifenden Schilderung.
    Verschleiert und vermummt war die unbekannte Gestalt weder bei ihm stehengeblieben, noch hatte sie mehr als ein paar Worte gesagt. Sie hatte ihm kein Geld gegeben, aber er nahm an …
    »Ja, ja«, sagte Emerson und reichte ihm ein paar Münzen. »Gib es mir, Ramses.«
    Nefret entfuhr ein verärgerter Aufschrei.
    »Ich schlage vor«, sagte Ramses und umschloß mit seinen Fingern das Päckchen, »daß wir warten, bis wir zu Hause ankommen. Es ist zu dunkel, um es genau erkennen zu können, und außerdem sind hier viel zu viele Leute.«
    Diese Aussage ließ sich nicht widerlegen, doch als wir schließlich zu Hause eintrafen, platzten wir alle vor Neugier und stürmten unumwunden in den Salon. Fatima hatte Licht gemacht und harrte darauf, daß wir noch irgendwelche Wünsche äußerten.
    Ramses legte das Paket nahe des Lichtkegels einer brennenden Lampe auf den Tisch. Das billige, rauhe Papier war in mehreren Lagen fest zusammengefaltet. Es war sehr schmutzig, doch ich glaubte, Spuren einer Handschrift zu erkennen. »Wir sollten vorsichtig damit umgehen«, sagte Ramses. »Vater?«
    Ich war mir sicher, daß er es seinem Vater nicht überlassen hätte, wenn er beide Hände hätte benutzen können. Zum erstenmal meldete ich mich nicht freiwillig. Das zusammengefaltete Papier erfüllte mich mit seltsamem Abscheu. Ich glaubte nicht, daß es irgend etwas Gefährliches enthielt, trotzdem hatte ich nicht den Wunsch, es anzufassen.
    Mit der gleichen Vorsicht, die er im Umgang mit zerbrechlichen Kunstschätzen an den Tag legte, entfaltete Emerson das Papier, legte es auf den Tisch und strich es glatt. Es stand etwas darauf geschrieben – nur wenige Wörter in ungeschickt hingekritzelten arabischen Buchstaben.
    »›Sonnenaufgang‹«, las Emerson laut vor. »›Die Moschee Sheikh el … Graib‹, oder?«
    »Guibri, meine ich«, sagte Ramses über das Papier gebeugt. »Da stehen noch zwei Wörter. ›Helft mir‹.« Einen Augenblick lang sprach niemand. Das Lampenlicht schien auf die kraftvollen Hände Emersons, die, das zerknüllte Papier festhaltend,

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