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Amelia Peabody 10: Die Hüter von Luxor

Titel: Amelia Peabody 10: Die Hüter von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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von Ramses IX. Schutthalden türmten sich noch immer davor auf, dennoch war der in den Fels gehauene Treppenabsatz klar erkennbar.
    Neds Männer waren immer noch bei der Arbeit, schaufelten Geröll in Körbe und säuberten die Treppenstufen. Einem von ihnen entriß Emerson die Schaufel. Sein Blick war entrückt, seine Lippen halb geöffnet. Wer diese Leidenschaft für Entdeckungen teilt und ihr viel zu lange nicht mehr frönen durfte, kann seine intensiven Empfindungen in jenem Augenblick nachvollziehen. Ich kann sie nur mit dem Gefühl eines Verhungernden umschreiben, der einen Teller Bratenfleisch sieht. Ihn kümmert es nicht, daß es nicht sein Braten ist. Wenn er am verhungern ist, will er ihn haben, wie auch immer die Konsequenzen aussehen.
    Es brach mir fast das Herz, ihn zu bremsen, aber ich mußte es tun. »Mein lieber Emerson, Mr. Ayrtons Männer schaufeln doch ganz hervorragend. Du wirst ihnen nur im Weg sein.« Emerson zuckte zusammen und erwachte aus seiner Benommenheit. »Äh … hmmm. Ja. Das … äh … sieht mit Sicherheit vielversprechend aus, Ayrton. Gutes Mauerwerk, schauen Sie hier, kein Wasser. Charakteristisch für die 18. Dynastie. Ist möglicherweise seit der 20. Dynastie nicht mehr angerührt worden.« Lächelnd strich sich Ned sein feuchtes Haar aus der schweißbedeckten Stirn. »Ich bin froh, das aus Ihrem Mund zu hören, Sir. Wissen Sie, vorgestern wäre ich beinahe über die Klinge gesprungen – hatte Mr. Davis Mitteilung gemacht, daß ich ein Grab für ihn gefunden hätte, und mußte dann alles zurücknehmen. Ein zweites Mal wollte ich denselben Fehler nicht begehen.«
    »Das Grab könnte zigmal ausgeraubt worden sein, bevor der Eingang von den Geröllmassen verborgen wurde«, sagte Emerson. »Bin mir fast sicher. Hmhm. Es dauert sicher nur ein paar Stunden bis …«
    Daraufhin, werter Leser, zeigte sich das wahre Gesicht des Mannes, den ich geheiratet hatte. In diesem Augenblick gab es nichts auf der Welt, was Emerson sich mehr wünschte als einen Blick auf das, was sich am Fuße dieser Steintreppe befand. Wenn er diese Entdeckung gemacht hätte – wie es ohne weiteres hätte sein können –, hätte er noch am selben Tag den Eingang ausgehoben, falls erforderlich, sogar mit seinen bloßen Händen, und er hätte die ganze Nacht vor seinem Fund Wache gehalten. Der Kampf war schwierig, dennoch siegte das Berufsethos über unseren Neid.
    Emerson straffte seine muskulösen Schultern. »Aufhö ren«, sagte er.
    »Sir?« Ned starrte ihn verwundert an.
    Ramses wußte ebensogut wie ich, daß sein Vater so weit gegangen war wie irgend möglich. Freundlich legte er dem jungen Mann seine Hand auf die Schulter. »Sie wollen doch nicht den Eingang freischaufeln und ihn dann die ganze Nacht offenlassen?«
    »Großer Gott, nein, das dürfte ich gar nicht. Mr. Davis will dabeisein, wenn wir das Grab öffnen.«
    »Wenn Sie nicht damit rechnen, daß er noch heute abend vorbeischaut, dann sollten Sie jetzt besser aufhö ren.« Mit fachmännischem Blick taxierte Ramses die klaffende Öffnung. »Vermutlich sind es etwa zwölf Stufen, und der Mörtel ist ziemlich lose.«
    »Ja, natürlich.« Ned lächelte entschuldigend. »Sie müssen mich für einen vollkommenen Idioten halten.
    Vermutlich war ich etwas zu impulsiv. Ein neues Grab ist immer so aufregend, nicht wahr? Wenn man nicht weiß, was sich dahinter verbirgt …«
    »Ja«, sagte Emerson mürrisch.
    Ned begleitete uns zur Eselkoppel und schlenderte dann zu Fuß in Richtung von Davis’ Haus weiter, das dieser sich in der Nähe des Eingangs zum Tal hatte bauen lassen. Keine Frage, er war sicher-. lieh begeistert. Selbst wenn sich herausstellte, daß das Grab unvollendet geblieben oder in früheren Zeiten vollständig geplündert worden war, war der Fund allein schon ein gutes Zeichen. An diesem Abend waren wir zu einer von Cyrus’ sonntäglichen Soireen eingeladen. Er war ein geselliger Mensch und genoß die Freuden des Gastgebers seit seiner Eheschließung mit Katherine noch um so mehr.
    Ich dachte mit gemischten Gefühlen an diesen Abend.
    Normalerweise genieße ich stilvolle gesellschaftliche Ereignisse, und Cyrus’ Feste waren stets schön und erlesen.
    Viele unserer Freunde würden anwesend sein, einschließ lich zwei der besten – nämlich Katherine und Cyrus. Und doch war ich an diesem Abend nicht in der entsprechenden Stimmung. Ich war abwesend und stellte mir in Gedanken die Reaktion derjenigen vor, die noch weit entfernt waren. Selim und

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