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Amelia Peabody 10: Die Hüter von Luxor

Titel: Amelia Peabody 10: Die Hüter von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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einem entlegenen Winkel der Grabkammer befunden und eine Kartusche inspiziert. Allerdings war er Fachmann, wenn es ums Entwischen ging – insbesondere seiner Mutter. Er und Ned standen auf halber Treppe und blickten nach unten.
    Die gesamte Treppe war mittlerweile sichtbar, wenn auch nicht vollständig vom Geröll befreit. An ihrem Fuße befand sich eine Mauer aus unbehauenen, unverputzten Steinblöcken. Sie füllten die quadratische Öffnung aus, die zweifellos den Eingang zu einer Grabkammer darstellte. »Ist die Wand an irgendeiner Stelle beschädigt?« wollte ich wissen.
    »Mutter, bei dir kann man sich immer darauf verlassen, daß du sofort auf den Kern der Sache zu sprechen kommst«, sagte Ramses und reichte mir hilfsbereit seine Hand, damit ich hinunterklettern konnte. Die Stufen waren nicht ungefährlich, da sie recht steil und mit kleinen Kieseln bedeckt waren. »Es macht den Anschein, daß das nicht der Fall ist. Dennoch ist es eine ziemlich provisorisch errichtete Mauer; Ned und ich haben gerade darüber diskutiert, daß es sich vielleicht nicht um das ursprüngliche Mauerwerk handelt. Wir … Nefret, komm nicht runter, hier ist kein Platz mehr.«
    »Dann komm rauf. Ich will mir das anschauen.« Nachdem sie sich durchgesetzt hatte, sagte ich: »Wie fantastisch, Ned. Ich nehme an, daß Mr. Davis daraufdrängt, die Mauer einzureißen. Werden Sie heute nachmittag Fotos machen oder erst morgen früh?«
    »Er hat mich angewiesen, für morgen früh alles für ihn vorzubereiten.«
    Das klang nach einer ausweichenden Antwort. Ramses bemerkte meinen Blick – Ned vermied sorgfältig, irgendeinen von uns anzuschauen – und sagte beiläufig: »Ich wollte Ned gerade vorschlagen, daß wir gern ein paar Fotos für ihn machen. Wir haben unsere Ausrüstung zur Hand, und es dauert auch nicht lange.«
    »Das wäre nett von euch«, erklärte Ned mit erleichtertem Gesichtsausdruck. »Ich habe keine Kamera mitgebracht, und die Lichtverhältnisse sind schon bald zu ungünstig und … äh …«
    »Ganz recht«, sagte ich kurz angebunden. »Nefret?« Sie eilte fort. Erneut wandte ich mich Ned zu und sagte: »Haben Sie Mr. Weigall informiert? Da es sich um ein neues Grab handelt, liegt es im Verantwortungsbereich des Inspektors.«
    »Er und seine Gattin nehmen den Tee mit Mr. Davis ein. Ich nehme an, daß er sie informieren wird.« Als Nefret zurückkehrte, hatte sie Emerson im Schlepptau. Ich hatte schon befürchtet, daß er mitkommen würde, aber ich hätte auch nichts daran ändern können.
    Ich bat Ned, uns zu besuchen und mit uns den Tee einzunehmen, doch er lehnte mit der Begründung ab, daß noch eine Menge Arbeit vor ihm liege. In Wahrheit brachte er es nicht über sich, mehr als eine Stunde von Emersons Gesellschaft zu ertragen. Emerson war nicht grob – zumindest nicht an seinen eigenen Vorstellungen gemessen –, aber seine enorme Energie und seine ausschweifenden Vorträge waren für junge, zurückhaltende Menschen sehr belastend.
    Abdullah kehrte mit dem langersehnten Telegramm zurück, und der Angestellte hatte ihm bestätigt, daß es gerade erst eingetroffen sei. »Haben eure Nachricht erhalten«, stand dort. »Tätigen Überlegungen. Telegrafieren heute abend oder morgen. Seid vorsichtig.«
    »Es wurde in Kairo aufgegeben«, sagte ich.
    »Ich hoffe, sie werden sich bald entscheiden«, brummte Emerson. »Auf Daoud und Selim kann ich einfach nicht verzichten.«
    Am nächsten Morgen befanden wir uns zur gewohnten Zeit kurz nach Sonnenaufgang wieder an unserer Grabungsstätte. Erst gegen zehn Uhr am Vormittag fanden sich Mr. Davis und seine Begleiter ein.
    Sein Gefolge umfaßte Dutzende von Menschen: Die Weigalls, Mrs. Andrews und ihre Nichten, die Smiths, Bedienstete mit Kissen, Sonnenschirmen und Körben voller Proviant sowie mehrere elegant gekleidete Gestalten, die ich nicht kannte – auserwählte Besucher, die Mr. Davis bei einem Grabfund beiwohnen durften. Auf einen Außenstehenden wirkten sie wie eine Cook’s-Touristengruppe auf ihrer Besichtigungsreise.
    Mr. Davis trug seine bevorzugte »Dienstkleidung«:
    Reithose und geknöpfte Gamaschen, Tweedsakko mit Weste und einen breitkrempigen Hut. Er nickte mir zu.
    Ich bezweifle jedoch, daß er stehengeblieben wäre, wenn Emerson ihn nicht dazu genötigt hätte.
    Die Gegensätze zwischen ihnen waren grotesk:
    Mr. Davis, adrett und gepflegt in seiner altmodischen, irgendwie lächerlichen Bekleidung; Emerson in staubiger Hose und Stiefeln, das Hemd bis zum Gürtel

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