Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Amelia Peabody 10: Die Hüter von Luxor

Titel: Amelia Peabody 10: Die Hüter von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
Vom Netzwerk:
ab, um David Feuer zu geben, da er befürchtete, daß ihn sein Gesicht verriet. Er hatte nicht das Recht, so glücklich zu sein, wenn sein Freund sich elend fühlte, aber er konnte nicht dagegen angehen.
    »Mach dir nichts draus, daß David es dir nicht gesagt hat«, sagte Nefret. »Mir hat er sich auch nicht anvertraut. Lia hat es mir erzählt. Das arme kleine Geschöpf suchte verzweifelt nach einer Vertrauten. Es ist so grausam, verrückt vor Liebe zu sein und mit niemandem darüber sprechen zu können.«
    »Ach, wirklich?« meinte Ramses.
    »Das habe ich mir sagen lassen.« Nefret setzte sich auf, schlug ihre Beine übereinander und strich ihren Rock glatt. »Jetzt begreifst du, warum sie unbedingt nach Luxor kommen wollte. Es steckte absolut kein Egoismus dahinter; sie hat sich Sorgen um David gemacht.«
    »Und ich bin besorgt um sie«, sagte David sachlich. »Vermutlich ist es das beste, wenn sie morgen abreisen. Wenn ich sie niemals wiedersehe –«
    »Verlier nicht die Nerven, David, wir kriegen sie schon noch rum«, versprach Nefret. Sie gähnte wie ein verschlafenes Kätzchen. »Du meine Güte, was für ein Tag! Ich gehe jetzt schlafen. Komm mit, Ramses, du hast Ringe unter den Augen, die Untertellern alle Ehre machten.« »In einer Minute.«
    »Du bist doch nicht wütend auf mich, oder?« fragte David, nachdem sie gegangen war, die Tür jedoch vielsagend offengelassen hatte.
    »Nein. Aber wenn ich darüber nachdenke, wie oft ich dir mein Herz ausgeschüttet habe –«
    »Jetzt können wir den Spieß umdrehen«, erwiderte David und grinste, beinahe wieder ganz der alte. »Erinnerst du dich noch an den Abend – wie lang das schon zurückzuliegen scheint! –, der Abend, an dem du mir zum erstenmal deine Empfindungen für Nefret geschildert hast und ich sagte …«
    »›Du machst so viel Aufheben um eine solch simple Sache.‹«
    »Irgendwas in der Art. Ich habe mich gewundert, warum du mich nicht niedergeschlagen hast. Wenn es dir ein Trost ist, ich habe für diese schnoddrige Bemerkung bitter bezahlen müssen.«
    Ramses drückte seine Zigarette aus und erhob sich. Er legte seine Hand auf Davids Schulter und musterte ihn kritisch. »Mit dir ist doch alles in Ordnung, oder?« »Nein.« David grinste schwach. »Aber ich werde mich nicht wie einer dieser idiotischen Helden von Byron benehmen. Es gibt zu vieles, für das ich dankbar bin. Und ich werde die Hoffnung nicht aufgeben. Ich weiß, daß ich ihrer nicht würdig bin, dennoch gibt es niemanden, der sie mehr vergöttert als ich. Wenn ich Onkel Walter und Tante Evelyn irgendwann überzeugen kann …« »Mach dir wegen ihnen keine Gedanken. Die einzige, auf die es wirklich ankommt, ist Mutter.«
    Die alten Ägypter kannten keinen Begriff für »Gewissen«, sondern lediglich das Herz, das auch der Sitz der Intelligenz war, sprach für oder gegen einen Menschen, wenn er in der Halle der göttlichen Vorsehung stand. In dieser Nacht prüfte ich mein Herz anhand der wohlklingenden Verszeilen aus dem Bekenntnis der Unschuld, das ich vor kurzem übersetzt hatte. Ich hatte weder Opfertiere fortgetrieben noch den Babys ihre Milch gestohlen. Ich hatte niemanden umgebracht (es sei denn, man hatte mir nach dem Leben getrachtet) oder gelogen (es sei denn, es hatte sich nicht vermeiden lassen). »O du, der die Sterblichen in die Ewigkeit erhebt«, flüsterte ich, »ich verdamme keinen Gott. O du, der das prachtvollste Antlitz besitzt, ich hüte mich vor jedem Stolz …«
    Tat ich das wirklich? Waren es falscher Stolz und Intoleranz, daß ich mich weigerte, eine Heirat zwischen diesen beiden in Erwägung zu ziehen? Als ich glaubte, Ramses in der Umarmung mit dem Mädchen wahrgenommen zu haben – war meine Ablehnung da ebenso stark gewesen wie in dem Augenblick, als ich David in dem Mann erkannte? Ja. Nein. Aber das war etwas anderes.
    Ich drehte mich auf die Seite und schmiegte mich an Emerson. Er wachte weder auf, noch legte er seinen Arm um mich. Er schlief tief und fest. Er hatte kein schlechtes Gewissen. Ich auch nicht, redete ich mir ein. Dennoch dauerte es lange, bis ich es Emerson gleichtat.
    In der Frühe war er vor mir auf den Beinen – völlig untypisch für ihn. Ich zog mich in aller Eile an und ging auf die Veranda, wo ich Emerson im Gespräch mit Sir Edward fand und Fatima, die sie mit Kaffee, Tee und süßem Gebäck versorgte, damit sie bis zum Frühstück nicht verhungerten.
    Ich zweifelte nicht daran, daß sie von der jüngsten Entwicklung wußte.

Weitere Kostenlose Bücher