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Amelia Peabody 10: Die Hüter von Luxor

Titel: Amelia Peabody 10: Die Hüter von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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nach dem Essen hatte ich Mitleid mit Emerson und brachte das Thema auf die Ägyptologie.
    Niemand, der in Luxor lebt, bleibt völlig unberührt von dieser Thematik. Miss Buchanan kannte Mrs. Andrews und hatte von dem neu entdeckten Grab erfahren. Sie fragte, ob wir das Innere besichtigt hätten, und bat um eine Beschreibung. »Stimmt es, daß die Königin eine goldene Krone trägt?« wollte sie wissen.
    Unverzüglich verfiel Ramses in einen endlosen Monolog. Glücklicherweise hinderte das Emerson daran, in eine endlose Schimpftirade gegen alle für dieses Grab verantwortlichen Personen zu verfallen. Doch als Ramses in einem fort redete und jeden Gegenstand der Grabkammer auflistete, entspannte selbst Emerson und hörte sprachlos zu.
    »Die sogenannte Krone ist eigentlich ein Halsschmuck oder eine Brustplatte«, schloß Ramses. »Warum sie auf dem Kopf der Mumie angebracht war, bietet Anlaß zu Mutmaßungen. Sie war aus dünngewalztem Gold und hatte die Gestalt eines Geiers – des Geiers der Göttin Nekhbet, um genau zu sein. Deshalb war sie so biegsam, daß sie sich auch der Kopfform anpassen ließ. Oh – ich vergaß, die etwa vierzig Perlen zu erwähnen, die vermutlich von einer Kette oder einem Armband stammten.«
    Cyrus beäugte ihn mißtrauisch. »Also, junger Mann, das kannst du dir doch unmöglich alles gemerkt haben. Wie oft warst du in der Grabkammer?«
    Ramses’ Antwort – »Einmal, Sir, schätzungsweise zwanzig Minuten« – sorgte für einen noch skeptischeren Gesichtsausdruck Cyrus’. Allerdings erinnerte ich mich an eine Begebenheit, als Ramses das gesamte Geschäftsinventar eines Antiquitätenladens heruntergerasselt hatte, in dem er noch kürzer verweilt hatte. Ich hatte diese Eigenschaft völlig vergessen – eine natürliche Begabung oder eine antrainierte Fähigkeit, wie auch immer – und Emerson scheinbar auch. Zunehmend irritiert beobachtete er seinen Sohn.
    »Ramses, wir reden später noch miteinander«, sagte er. »Ja, Sir.«
    Die Damen von der Missionsstation brachen zeitig auf, um jeder weltlichen Versuchung noch vor Anbruch des heiligen Sonntags zu entgehen. Miss Buchanan wiederholte ihre Einladung zu einem Besuch der Schule, und ich versprach zu kommen. Die Vandergelts brachten die Damen in ihrer Kutsche zur Fähre, doch zuvor gelang es mir, Katherine beiseite zu nehmen und noch einige persönliche Worte zu wechseln.
    »Es macht den Anschein, als müßten wir Ihnen einen offiziellen Besuch abstatten«, erklärte ich. »Ich habe Sie so lange nicht gesehen und muß Ihnen einiges erzählen.«
    »Ganz meinerseits«, erwiderte Katherine. »Ich glaube, daß Cyrus morgen ins Tal gehen will. Ich werde ihn begleiten, und dann finden wir vielleicht eine Gelegenheit zum Plaudern.«
    Auf der Veranda stehend, winkte ich ihnen zum Abschied, bis die Kutsche in der Dunkelheit verschwunden war. Ich hoffte, daß die anderen nach meiner Rückkehr in den Salon bereits ihre Zimmer aufgesucht hatten, aber sie saßen immer noch dort, und ich rechnete bereits mit weiteren Fragen und Vorwürfen. »Wir haben uns gefragt, Mutter, ob du schon Nachricht von Onkel Walter erhalten hast.«
    Ramses hatte das Wort ergriffen, dennoch war mir klar, wer ihn zu dieser Frage veranlaßt hatte. Meine Antwort galt gleichermaßen allen.
    »Es tut mir leid, daß ich vergaß, es zu erwähnen. Ja, Walter hat heute nachmittag aus Kairo telegrafiert, und wie durch ein Wunder wurde die Nachricht unverzüglich übermittelt. Die Bahnreise verlief ohne Zwischenfälle, und sie haben für nächsten Dienstag Plätze auf dem Dampfer gebucht, der in Port Said ablegt.«
    »Alle?« entfuhr es Nefret. »Ich dachte, daß Onkel Walter nach Luxor zurückkehren wollte.«
    »Ich habe ihn davon überzeugt, das nicht zu tun«, sagte Emerson und wirkte dabei überaus selbstgefällig.
    Keiner von uns fragte, wie ihm das gelungen war. Eigentlich interessierte es mich auch nicht. Ich zweifelte weder an Walters Mut noch an seiner Zuneigung zu uns, aber es wäre verflucht beklemmend gewesen, ihn in unserer Mitte zu wissen. Er war Wissenschaftler und kein Mann der Tat, und jede Erwähnung von Lia wäre – nun ja – beklemmend gewesen. »Gut gemacht, Emerson«, sagte ich.
    Emerson wirkte geschmeichelt. David murmelte etwas, was wie »Gute Nacht« klang, und verließ den Salon.
    Emerson grübelt nicht. Er besitzt die glückliche Gabe, sich auf die Fakten des Augenblicks zu konzentrieren und das zu ignorieren, woran er ohnehin nichts ändern kann. Am

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