Amelia Peabody 10: Die Hüter von Luxor
beteiligt.«
»Dann war sie also diejenige, die Nefret entführte«, sagte Ramses. »Wer ist denn dann Matilda?«
»Berthas Leibwächterin und gleichzeitig ihre Stellvertreterin. Sie war unter anderem diejenige, die Nefret fortschaffte … Woher zum Teufel kennst du eigentlich diesen Namen?«
Das war einer der seltenen Fälle, in denen Ramses keine Antwort parat hatte. Seine dunkel umwölkten Augen vermieden meinen Blick, der wie gebannt an Nefret hing. Sie straffte ihre Schultern und sprach mit fester Stimme.
»Wir haben deine Liste gefunden, Tante Amelia. Was bleibt uns anderes übrig, als zu lauschen und zu spionieren, wenn du uns wie kleine Kinder behandelst? Ramses, ich verbiete dir, dich zu entschuldigen.«
»Das hatte ich auch nicht vor«, sagte Ramses.
»Nein, du wolltest dir gerade eine glaubwürdige Ausrede einfallen lassen. Schluß damit! Wir wollen die Wahrheit wissen, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit. Nun, Tante Amelia?«
»Ihr habt recht«, sagte ich abwesend, denn mein Verstand kämpfte immer noch mit der Verarbeitung dieser unerwarteten Enthüllung. »In gewisser Hinsicht ist Bertha ein weitaus gefährlicherer Widersacher als Sethos. Sie war und ist eine vollkommen skrupellose, überaus kluge Frau, und sie brüstete sich damit, eine weibliche Verbrecherorganisation gegründet zu haben. Layla muß zu ihren Drahtziehern … äh … Drahtzieherinnen gehört haben. Eine weitere, nicht unerhebliche Tatsache ist vielleicht, daß sie … äh … sie einen persönlichen Groll gegen mich zu hegen scheint.«
»Warum?« fragte Nefret. »Hat sie es dir erklärt?«
»Vielleicht ist ›Groll‹ nicht der richtige Ausdruck. Der exakte, von ihr verwendete Begriff war ›Haß‹. Sie sagte, daß sie nächtelang wach gelegen und Pläne geschmiedet habe, wie sie mich töten könnte. Einige der von ihr ausgedachten Methoden waren – ich muß erneut zitieren – überaus genial.«
Ich hatte nicht damit gerechnet, daß die Rekapitulation dieses Gespräches so zermürbend sein würde. Ich glaube auch nicht, daß mich meine Stimme oder mein Gesichtsausdruck verrieten, doch Nefrets abweisende Züge entspannten, und Emerson legte beruhigend einen Arm um meine Schultern.
»›Groll‹ erscheint mir auch unangemessen«, sagte mein Sohn kühl. »Was hast du getan, um sie gegen dich aufzubringen, Mutter?«
»Ich hatte sie wesentlich liebenswürdiger behandelt, als sie das verdient hatte«, erwiderte ich. »Ihre mir gegenüber gehegte Antipathie rührt von … mein lieber Emerson, tut mir leid, wenn ich dich jetzt verärgere, aber …« Emerson runzelte die Stirn. »Peabody, trägst du dich immer noch mit diesem Hirngespinst, daß Bertha sich zu mir hingezogen fühlte? Ihr Interesse an mir war lediglich vorübergehend und … äh … ganz speziell. Und – ich hoffe, daß ich das nicht vertiefen muß – vollkommen einseitig! Nach dem Tod ihres Geliebten suchte sie einen neuen Beschützer, da die Diskriminierung der Frau – wie du es einmal selbst betont hast, meine Liebe – es für sie schwierig gestaltet, ohne männlichen Partner im kriminellen Geschäft erfolgreich zu sein. Jetzt haben wir allen Grund zu der Annahme, daß sie diesen Partner gefunden hat.« »Natürlich!« rief Nefret. »Es paßt alles zusammen.
Bertha schloß sich Sethos an und verliebte sich in ihn. Sie glaubte, sie hätte sein Herz erobert, bis ihm dein Anblick anläßlich der Demonstration erneut die ungebrochene Intensität seiner Gefühle vor Augen führte! Verrückt vor Eifersucht, schickte Bertha die Mitteilung, die dich geradewegs in ihre rachsüchtigen Arme getrieben hätte, wenn deine mutigen Verteidiger nicht rechtzeitig eingetroffen wären. Als Sethos davon erfuhr, war er außer sich vor Zorn, beschuldigte sie und erklärte ihr, daß sie ihm nie wieder unter die Augen treten solle. Wenn sie dich vorher schon haßte, wieviel mehr Grund hat sie jetzt dazu! Verstoßen von dem Mann, den sie liebt –«
»O gütiger Himmel«, entfuhr es Emerson. »Nefret, ich weiß nicht, was mich mehr aufregt, deine sentimentalen Vorstellungen oder die Art und Weise, wie du sie vorbringst. Bertha war zu den von dir geschilderten Empfindungen gar nicht fähig. Ihr ursprüngliches Betätigungsfeld war … äh … das gleiche wie Laylas, was auch erklären würde, warum sie Frauen aus dem gleichen Metier als Verbündete suchte. Allerdings macht ein Teil deiner melodramatischen Ausführungen gewissermaßen Sinn. Das würde zumindest erklären,
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