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Amelia Peabody 10: Die Hüter von Luxor

Titel: Amelia Peabody 10: Die Hüter von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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zutreffende Feststellung, befürchte ich. Ich glaubte keine Sekunde lang an Selbstmord. Wenn sie sich in die Ecke getrieben gefühlt hätte, hätte sie sich bis zum bitteren Ende gewehrt, sogar mit Händen und Füßen, falls sie keine andere Waffe gehabt hätte. Deshalb gingen wir ins Leichenschauhaus, und ich untersuchte die Leiche. Meine angeregten Gespräche mit Fatima hatten meinen Verdacht gegenüber ihrer Lehrerin erregt, und deshalb machte ich mich, töricht wie ich bin, auf den Weg zur Schule und wurde prompt gefangengenommen.«
    Auch ich war mißtrauisch hinsichtlich der Umstände von Berthas plötzlichem Tod gewesen, doch besagte Möglichkeit war mir nie in den Sinn gekommen. Wie hatte ich nur so beschränkt sein können? Genau wie Sir Edward hätte ich wissen müssen, daß eine Frau von ihrem Temperament sich niemals so klaglos ihrem Schicksal ergeben würde. Ein leichter Schauer durchfuhr mich, als ich darüber nachdachte, was sie hinsichtlich der »genialen« Mordmethode in meinem Fall gesagt hatte. Ein stärkerer Schauer durchzuckte mich, als ich an Emerson dachte. Er war jetzt eine leichte Beute für sie, nachdem er nicht mehr auf der Hut war und seinen Argwohn anderweitig kanalisiert hatte.
    »Was sollen wir tun?« wollte ich wissen.
    Sir Edward versuchte, mit der Schulter zu zucken, was nicht einfach ist, wenn Hände und Arme fachmännisch gefesselt sind. »Warten. Ich bezweifle, daß sie heute noch kommt. Wie auch immer, sie wird Ihnen nichts tun, solange sie nicht sämtliche Mitglieder Ihrer Familie zusammengetrommelt hat. Wie Sie intelligenterweise erkannten, ist die emotionale Folter ihr derzeitiges Anliegen. Zweifellos hat sie für mich andere Pläne. Ihr blieb nicht die Zeit, mich eingehend zu befragen, deshalb rechne ich damit, daß sie einen weiteren Anlauf starten wird. Wir können nur hoffen, daß er vor ihr eintrifft.«
    »Aha«, sagte ich. »Dann ist Sethos also hier in Luxor.« »Das war exakt, was Madame wissen wollte.« Sir Edwards Stimme klang gequält. Er hatte sich viel Mühe gegeben, Gelassenheit an den Tag zu legen, dennoch war mir klar, daß er sich überaus unbehaglich fühlen mußte. »Weiß er denn, wo er suchen soll?«
    »Das kann ich nur hoffen«, sagte Sir Edward ehrlich betroffen. Dann sagte er nichts mehr. Sein Kopf sank immer tiefer, und seine Schultern sackten zusammen. Die Fensterläden knackten und klapperten. Das Regenwasser sickerte unter ihnen hindurch und durchnäßte den Boden unter dem Fenster. Ich versuchte weiterhin, dieses verfluchte Schloß mit meinen steifen, schmerzenden Fingern zu öffnen. Es handelte sich vermutlich – mit absoluter Sicherheit sogar – um eine vergebliche Bemühung, doch es liegt nicht in meiner Natur, tatenlos auf eine Rettung zu hoffen, selbst wenn ich die Gewißheit gehabt hätte, daß diese Rettung noch rechtzeitig stattfand. Emerson würde mich mit Sicherheit suchen. Wo war er jetzt? Falls er nicht wußte, daß Bertha noch lebte, befand er sich in tödlicher Gefahr.
    Ich hatte die meisten meiner Haarnadeln ruiniert, als die Fensterläden erneut knackten – es war nicht das Geräusch, das sie aufgrund des heulenden Windes von sich gegeben hatten, sondern eher ein gleichmäßig anhaltendes Ächzen. Sir Edward hob seinen Kopf. Die Fensterläden öffneten sich, ließen einen Schwall windgepeitschten Regens sowie einen Mann ins Innere vordringen, der über den Fenstersims hereinkletterte und die Läden erneut schloß, bevor er uns ansah.
    Er war so durchnäßt, als wäre er soeben dem Nil entstiegen. Sein Flanellhemd und seine Hose klebten an seinem Körper. Langsam und sorgfältig strich er sich das tropfnasse Haar aus der Stirn, und während sich um seine Stiefel eine Wasserlache zu bilden begann, blickte er fragend von mir zu Sir Edward.
    »Nun, Edward. Das ist aber keine Ihrer Sternstunden.«
15. Kapitel
    Die Stimme war die Sir Edwards. Die bemerkenswerte, von der nassen Garderobe betonte Statur ähnelte seiner; die Perücke war eine hervorragende Kopie seines Blondschopfs. Das einzige Merkmal, das die beiden – zumindest für einen zufälligen Beobachter – unterscheidbar machte, war der lange, buschige Schnurrbart, der die Oberlippe des Neuankömmlings verbarg und den optischen Eindruck seines Gesichts veränderte.
    »Nein, Sir«, murmelte Sir Edward. »Es ist gut, daß Sie da sind.«
    »Das nehme ich doch an.« Sethos nahm ein Federmesser aus seiner Hosentasche, durchtrennte die Fesseln des auf dem Stuhl kauernden Mannes und

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