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Amelia Peabody 10: Die Hüter von Luxor

Titel: Amelia Peabody 10: Die Hüter von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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aufgebrochen hatte und Hilfe holte, war er längst über alle Berge. Das war die einzig vernünftige Reaktion. Unbewaffnet und erschöpft hielt er keine zehn Sekunden gegen einen brutalen Koloß wie diesen durch. Niemand würde je erfahren, daß er weggelaufen war. David war bewußtlos. Oder tot.
    Er warf sich nach vorn auf den Boden und hoffte, daß die Klinge ihn verfehlte. Die Bewegung überraschte selbst ihn; sein Brustkorb traf mit einer Wucht auf der Erde auf, daß es ihm den Atem nahm, doch seine Hände waren genau dort, wo sie sein sollten, und packten die nackten Knöchel unter dem zerrissenen Saum der Galabija. Unter Aufbietung aller Kräfte zerrte er daran.
    Das war nicht viel. Seine rechte Hand verweigerte ihren Dienst, doch die linke funktionierte noch, und das genügte, um den Mann aus dem Gleichgewicht zu bringen und seine Aufmerksamkeit von dem Messer abzulenken. Mit einem Knall, der ihm durch Mark und Bein gefahren sein mußte, traf er auf dem Boden auf, und sein Kopf schlug vor die Wand. Der Aufprall verwirrte ihn lediglich, ließ Ramses jedoch Zeit genug, ganze Arbeit zu leisten. Dann griff er nach dem Messer und krabbelte durch Schmutz und Unrat auf David zu.
    Er lebte. Sobald sein Mund und seine Nase befreit waren, nahm er einen langen, stockenden Atemzug. Ramses hievte ihn hoch und begann, seine Fesseln zu durchtrennen. Als er Davids Hände und Arme befreit hatte, bemerkte er, daß die dunklen Stellen auf Davids Hemd nicht ausschließlich Schmutzflecken waren. Er stieß ein Wort hervor, daß selbst sein Vater selten gebrauchte.
    »Ramses?«
    »Wer denn sonst? Bist du ernsthaft verletzt? Kannst du laufen?«
    »Sobald du meine Knöchel befreit hast, werde ich es versuchen.«
    »Oh. In Ordnung.«
    Nachdem er fertig war, steckte Ramses das Messer zurück in seinen Gürtel und beugte sich über David. »Leg deinen Arm um meine Schultern. Wir dürfen keine Zeit verlieren. Wenn du nicht laufen kannst, werde ich dich tragen.«
    »Ich kann zumindest humpeln. Hilf mir auf.«
    Zunächst konnte er nicht einmal humpeln. Ramses mußte ihn aus dem Schuppen und zum Hoftor schleifen, das Layla offengelassen hatte. Sie hatten in etwa das gleiche Gewicht, doch Ramses hätte schwören können, daß David in den letzten Stunden zehn Pfund zugelegt hatte. Seine Lungenflügel drohten zu zerbersten, und seine Knie waren wie Pudding. Er konnte das nicht mehr lange durchstehen.
    Dann vernahm er einen Schrei aus dem Haus und stellte fest, daß er es konnte. Ein Adrenalinstoß sorgte dafür, daß sie das Tor passieren und sich in eine dunkle Ecke flüchten konnten. Nur ja nicht schlappmachen, dachte er. Noch nicht. Sie befanden sich immer noch im Wettlauf mit der Zeit, Zeit, die sie nur durch Laylas Hilfe gewonnen hatten. Er hoffte inständig, daß sie entkommen war. Abdullahs Haus lag auf der anderen Seite der Anhöhe, und ihre Häscher rechneten damit, daß sie diese Richtung einschlugen, und sie würden … sie würden …
    Irgend etwas Merkwürdiges geschah. Das auf den Erdboden einfallende Mondlicht erzitterte wie Wasser, in das jemand einen Stein geworfen hatte. Die Bäume bogen sich wie in einem heftigen Sturm, doch es ging absolut kein Wind. Er bekam keine Luft mehr, ging in die Knie und riß David mit sich.
    »Komm weiter. Abdullah …«
    »Nicht dorthin, du Narr. Das ist viel zu weit.«
    Hände rissen ihn hoch. Laylas Hände? Sie hatte ihn als Narr bezeichnet. Er stand wieder auf seinen Füßen, bewegte sich, stolperte über silberne und schwarze Flächen, Mondlicht und Schatten, bis ihn ein plötzlicher Sonnenstrahl blendete und er durch das helle Licht in die tiefste Finsternis eintauchte.
    Diese Stunden des Wartens würde ich nur zu gern vergessen, muß sie jedoch kurz schildern, wenn mein Bericht vollständig sein soll. Nefrets Besorgnis war noch beunruhigender als meine eigene, da ich mit den ärgerlichen Angewohnheiten meines Sohnes bestens vertraut war. Es war nicht das erstemal, daß er etwas Unüberlegtes und Gefährliches unternahm, ohne mich vorher zu informieren. Verspätung bedeutete nicht unbedingt Katastrophe; er und David waren erwachsene Männer (physisch, nicht emotional betrachtet) und relativ erfahren im Umgang mit den verschiedenen Techniken der Selbstverteidigung, einschließlich der altägyptischen Würgegriffe, die ich ihnen gezeigt hatte.
    Das sagte ich mir immer wieder und versuchte, Nefret von meiner Argumentation zu überzeugen. Sie ließ sich nicht überzeugen. Sie befanden sich in

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