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Amelia Peabody 11: Der Fluch des Falken

Titel: Amelia Peabody 11: Der Fluch des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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hinsichtlich der Hieroglyphenschrift verfüge, trotzdem kann man nie wissen, wann und wem eine plötzliche Eingebung kommt. Häufig ist das bei mir der Fall.
    Mein detektivischer Spürsinn war geweckt. Neue Ideen keimten in mir auf; neue Wege der Ermittlungsarbeit taten sich vor mir auf. Fast hätte ich meine Pflichten als Gastgeberin vergessen, doch Emersons lauter Kommentar erinnerte mich schlagartig daran.
    »Peabody! Wo steckt sie bloß? Was … Aha!« Mit dem Eifer eines Spürhundes hatte er meine Wenigkeit entdeckt. Während er auf mich zukam, wollte er wissen: »Warum treibst du dich da im Dunkeln rum? Bist du allein?«
    »Ja, natürlich. Was willst du denn?«
    »Lediglich deine Gesellschaft, meine Liebe.« Emerson wirkte etwas betreten. Seine tiefe Zuneigung zu mir macht ihn über die Maßen mißtrauisch – nicht gegenüber mir, denn er zweifelt keine Sekunde lang an meiner Treue, sondern hinsichtlich einer Vielzahl von Männern, die er verdächtigt, eine unterschwellige Verliebtheit für mich zu empfinden. Er nahm meine Hand, zog mich hoch und gab mir einen raschen, aber zärtlichen Kuß zur Entschuldigung, bevor er mich aus meiner ruhigen Ecke entführte.
    Da sich alle prächtig zu amüsieren schienen, konnte auch ich mich nicht länger auf ernsthafte Gedanken konzentrieren und beschloß deshalb, zwanglos mit den jungen Leuten zu scherzen. Irgendwie lockt der Genuß von Champagner Menschen aus der Reserve, und er übte überraschende Wirkung auf Clarence Fisher, Mr. Reisners Stellvertreter, aus, den ich stets als extrem zugeknöpften, humorlosen Zeitgenossen empfunden hatte. Mit schiefsitzender Brille und zu Berge stehendem Haar nahm er an dem musikalisch untermalten Gesellschaftsspiel Reise nach Jerusalem teil und schubste Nefret ausgelassen von dem letzten freien Stuhl. Selbst Karl vergaß seine teutonische Reserviertheit und spielte begeistert Blindekuh. Ich ließ mich von ihm fangen, denn wenn ich mich ihm nicht in den Weg gestellt hätte, wäre er mit Sicherheit in den Springbrunnen gefallen. Dann fing ich Emerson – er hatte sich mir absichtlich in den Weg gestellt –, und er fing Nefret, die ihn unter den Mistelzweig zerrte und ihn dort ausgiebig küßte. Nach einer Weile mußte ich ihren Küssen Einhalt gebieten.
    Nefret hatte Davids Zeichnungen von Sinuhe aus meinem Arbeitszimmer geholt. Howard war nicht der einzige, der sie anerkennend lobte; mehrere andere umringten ihn während der Durchsicht der Bögen, die er mit künstlerischer Sorgfalt behandelte.
    »Amüsant«, meinte der kleine Mr. Lawrence, der sich auf Zehenspitzen gestellt hatte, um einen Blick zu erhaschen. »Wovon handelt denn die Legende? Ich kenne sie nicht.«
    Da er meiner Ansicht nach etwas gönnerhaft geklungen hatte, erzählte ich sie ihm.
    »Der Pharao wurde ermordet, während sein Sohn, der Kronprinz Sesostris, in Libyen kämpfte. Mehrere junge Adlige hatten ein Komplott geschmiedet, um Sesostris den Thron streitig zu machen; doch ein Spion informierte den Prinzen, und dieser kehrte in Windeseile zum Palast zurück. ›Der Falke flog mit seinen Begleitern‹, wie David ihn hier meiner Ansicht nach überaus gelungen gezeichnet hat – der beherzte junge Soldatenprinz in der Gestalt des Falkengottes Horus auf seinem Flug. Die nächste Zeichnung zeigt unseren in der Nähe der Zelte versteckten Freund Sinuhe, wo er die Unterredung der Verschwörer belauscht. Dann versteckte sich Sinuhe im Gebüsch …« Ich blätterte weiter, und Howard prustete los.
    »Der Gesichtsausdruck des alten Burschen ist ihm recht gut gelungen. Noch nie habe ich einen schuldigeren Blick gesehen.«
    »Das ist eine der Fragen, über die sich die Wissenschaft streitet«, erklärte ich, während ich rasch die nachfolgenden Skizzen durchging, da Emerson bereits säuerlich dreinblickte. Er mag es nicht, wenn ich meine kleinen ägyptischen Geschichten zum besten gebe. »Sinuhe hatte sich sicherlich irgendeiner Sache schuldig gemacht, denn er war aus Ägypten geflohen und wäre in der Wüste beinahe verdurstet, bevor ihn ein asiatischer Stamm – so bezeichnete er diesen – rettete. In den Diensten des asiatischen Prinzen brachte er es zu Reichtum und Erfolg. Diese Zeichnung, die ihn mit seiner Gemahlin, der ältesten Tochter des Prinzen, und seiner riesigen Kinderschar zeigt, gefällt mir besonders gut. Sieht er nicht aus wie ein gestrenger viktorianischer Papa im Sonntagsstaat?«
    Emerson räusperte sich. Rasch fuhr ich fort: »Doch im Alter sehnte er sich

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