Amelia Peabody 11: Der Fluch des Falken
Todros’ Skarabäus gefunden?« fragte er, während er ihm die Geldscheine zuschob.
»Und auch für die anderen Kunstgegenstände.« Feixend rieb sich Esdaile die Hände. »Sie waren ungewöhnlich erlesen, müßt ihr wissen.«
Überrascht öffnete Nefret den Mund. Ramses stieß ihr seinen Ellbogen in die Rippen. »Ach ja, die anderen«, murmelte er, während ihm schlagartig einfiel, daß er damit hätte rechnen müssen. »Ich hoffe, daß sie an Sammler gingen, die ihren Wert zu schätzen wissen.«
»Aber natürlich.« Für einen kurzen Augenblick zögerte Esdaile. »Aufgrund meines Berufsethos darf ich selbstverständlich keine Namen nennen. Allerdings ist er ein alter Bekannter Ihres Vaters, und zweifellos hat er bereits –« »Wer?« entfuhr es Nefret aufgebracht. Dann rang sie sich ein bezauberndes Lächeln ab, weil sie Esdailes erstaunten Blick bemerkte.
»Ich sollte es eigentlich nicht sagen … aber die Uschebtis werden in Kürze ihren Platz in einer Ausstellung finden.«
»Im Britischen Museum?« meinte Ramses mit tonloser Stimme.
»Genau dort. Mir war klar, daß Sie das bereits wußten. Ja, Mr. Budge hat sie persönlich gekauft. Er kauft nicht oft bei britischen Händler, müssen Sie wissen, da er das Gewünschte meist direkt von den Ägyptern bezieht, aber ich informiere ihn stets umgehend, wenn ich etwas Ungewöhnliches hereinbekomme, und als ich ihn über die Herkunft der Uschebtis aufklärte, konnte er nicht widerstehen.«
Ramses fixierte den Antiquitätenhändler. Ihm war bewußt, daß er sich wie ein Idiot verhielt. »Herkunft«, wiederholte er.
»Ja, die Stücke entstammten der Sammlung des Großvaters Ihres Freundes. Der alte Mann war doch Ihr Vorarbeiter, nicht wahr? Um es mit den Worten von Mr. Budge zu umschreiben: Wer könnte über bessere Quellen verfügen als der langjährige Rais des geschätzten Professors Emerson?
Mr. Budge war hocherfreut und verließ schmunzelnd mein Geschäft. Er … Aber, Miss Forth, was haben Sie denn? Ist Ihnen unwohl? Hier – setzen Sie sich –«
Mit festem Griff umklammerte Ramses Nefrets schmale Schultern. »Frische Luft«, meinte er. »Sie leidet unter Atemnot und braucht lediglich frische Luft.«
Er griff nach dem Päckchen mit der Kette, schob es in seine Manteltasche, packte seine sprachlose »Schwester« und bugsierte sie hinaus. Erst an der nächsten Ecke wagte er in einem versteckten Hauseingang seine Umklammerung zu lockern.
»Hast du etwa geglaubt, ich fiele in Ohnmacht?« Nefrets Augen sprühten Blitze.
»Du? Ich befürchtete, du würdest Esdaile an die Gurgel gehen. Damit hättest du lediglich Öl ins Feuer gegossen.«
»Etwas so Dummes hätte ich nie gemacht. Aber einen Mann zu beschuldigen, der die Loyalität in Person war – und der tot ist und sich gegen eine so abscheuliche Beschuldigung nicht mehr zur Wehr setzen kann –«
»Sei nicht so dramatisch.« Er schüttelte sie. Als sie zusammenzuckte, ließ er sie los. »Was ist denn?«
»Ich werde blaue Flecken davontragen«, erwiderte Nefret mit grimmiger Genugtuung. »Mußtest du denn so grob zu mir sein?«
»Gütiger Himmel, Nefret, es tut mir leid!«
»Vielleicht konntest du nicht anders.« In einem ihrer faszinierenden und unberechenbaren Stimmungswechsel trat sie näher an ihn heran, umklammerte seine Mantelaufschläge und lächelte in sein zerknirschtes Gesicht. »Du warst selbst etwas aufgebracht. Gib es zu.«
»Vielleicht war ich das. Trotzdem würden die meisten Leute nichts Verwerfliches darin sehen, wenn Abdullah Kunstschätze gesammelt hätte. Alle tun es – außer natürlich Vater. Das Kairoer Museum kauft von Händlern, deren Stücke vielfach illegalen Exkavationen entstammen, Budge kauft direkt bei den Grabräubern –«
»Kein Wunder, daß Budge so begeistert war«, stieß Nefret zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
»Ja. Vater hat ihn sowohl unter vier Augen als auch öffentlich dessen bezichtigt, was Budge mittlerweile von Abdullah annimmt. Großer Gott, 50 Prozent aller Grabräuber in Luxor sind Abdullahs Verwandte, und die anderen 50 Prozent waren alte Bekannte. Falls Abdullah etwas Derartiges hinter Vaters Rücken getan hätte, wäre der Professor über die Maßen verletzt und wütend.«
Sie senkte den Kopf und schwieg. Das Ganze nimmt sie doch sehr mit, dachte er im stillen und reichte ihr seine Hand. »Laß uns heimgehen, meine Liebe. Was wir wissen wollten, haben wir erfahren.«
»Hmmm.« Einen Augenblick später blickte sie ihn an, hakte sich
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