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Amelia Peabody 11: Der Fluch des Falken

Titel: Amelia Peabody 11: Der Fluch des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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schon so. Seit jenem Sommer, in dem Percy und seine Schwester Violet einige Monate bei uns verbrachten, können die beiden sich nicht ausstehen. Percy war zwar erst zehn Jahre alt, aber schon damals ein durchtriebener Lügner, und die ›kleine Violet‹ war keinen Deut besser. Sie haben Ramses übel mitgespielt und ihn sogar erpreßt. Selbst in seinem zarten Alter war er bereits erpreßbar«, gestand ich. »Wie üblich beschäftigte er sich wieder einmal mit Dingen, die sein Vater und ich nicht erfahren sollten. Sein eigentliches Vergehen war im Vergleich zu Percys Missetaten relativ harmlos. Der Glaube an die kindliche Unschuld zählt zwar keineswegs zu meinen Schwächen, doch ein so hinterhältiger und skrupelloser Junge wie Percy ist mir noch nie begegnet.«
    »Aber das liegt Jahre zurück«, wandte David ein. »Als ich ihn kennenlernte, war er überaus gewinnend.«
    »Gegenüber dem Professor und Tante Amelia«, korrigierte Nefret. »Ramses behandelte er herablassend, und dich strafte er mit Verachtung, David. Und mir machte er ständig irgendwelche Anträge.«
    Damit hatte sie Emersons hundertprozentige Aufmerksamkeit auf ihrer Seite. Er erhob sich aus seinem Sessel und katapultierte seine Füllfeder durch die Bibliothek. Tintenkleckse verunzierten die Marmorbüste von Sokrates – es geschah nicht zum ersten Mal, daß er in dieser Form malträtiert wurde. »Was?« brüllte er (Emerson, um genau zu sein). »Einen Heiratsantrag? Warum hast du mir das nicht früher erzählt?«
    »Weil du dann die Beherrschung verloren und Percy vermutlich übel zugerichtet hättest«, lautete die nüchterne Antwort.
    Daran zweifelte ich keine Sekunde lang. Die herausragenden körperlichen Fähigkeiten meines Gatten haben sich im Laufe der Jahre ebensowenig verändert wie sein überschäumendes Temperament.
    »Bitte, Emerson, beruhige dich«, warf ich ein. »Du kannst doch nicht jedem Mann an die Gurgel gehen, der Nefret einen Antrag macht.«
    »Das würde auch zuviel deiner kostbaren Zeit beanspruchen.« David lachte. »Trotzdem würde er es tun, nicht wahr, Nefret?«
    Nefrets wohlgeschwungene Lippen verzogen sich zu einem angedeuteten Lächeln. »Ich besitze eine Menge Geld und dank dem Professor die Autorität, es nach meinem Gutdünken auszugeben. Vermutlich ist das die Erklärung.«
    Das war nicht die einzige Erklärung. Nach englischem Schönheitsempfinden ist Nefret eine hübsche junge Frau mit kornblumenblauen Augen, goldblondem Haar mit einem leichten Kupferschimmer und einer Haut so hell wie … nun, sie wäre lilienweiß, wenn Nefret im Freien einen Hut trüge.
    Nefret warf das Buch beiseite und stand auf. »Vor dem Mittagessen unternehme ich noch einen kleinen Ausritt. Kommst du mit, David?«
    »Ich werde einen Blick in Percys Buch werfen, falls du es ausgelesen hast.«
    »Alter Faulpelz! Wo ist Ramses? Vielleicht hat er Lust mitzukommen.«
    Mit Sicherheit muß ich keineswegs erwähnen, daß ich nicht für den barbarischen Spitznamen meines Sohnes verantwortlich zeichne. Wir hatten ihn nach seinem Onkel Walter getauft, aber niemand hatte ihn jemals so genannt; schon im frühen Kindesalter hatte ihn sein Vater scherzhaft Ramses gerufen, weil er die dunkle Hautfarbe der Ägypter und die Arroganz der Pharaonen besaß. Ramses’ Aufzucht kostete mich Nervenkraft, doch meine unermüdlichen Anstrengungen hatten Früchte getragen; er war nicht mehr so ungestüm und unverblümt wie früher, und sein Naturtalent für Sprachen hatte sich in einem solchen Maße entwickelt, daß er trotz seines vergleichsweise jugendlichen Alters in weiten Kreisen als Fachmann für altägyptische Sprachwissenschaft galt. Laut Davids Aussage befand er sich gegenwärtig auf seinem Zimmer und arbeitete an den Texten eines Folgebandes zu den Tempeln von Karnak. »Er bat mich, ihn nicht zu stören«, fügte David vorsichtig hinzu. »Du hältst dich besser auch daran.«
    »Pah«, entfuhr es Nefret. Allerdings verließ sie den Raum durch die Terrassentür und ging nicht durch die Eingangshalle in Richtung Treppe. David hob das Buch auf und ließ sich erneut in seinen Sessel sinken. Ich wandte mich wieder meinen Aufstellungen zu und Emerson seinem Manuskript – aber nicht lange. Die nächste Unterbrechung nahte in Gestalt unseres Butlers Gargery, der eintrat und einen Besucher für Emerson ankündigte.
    Emerson streckte seine Hand aus. Betont mißfällig schüttelte Gargery den Kopf. »Er hatte keine Karte, Sir. Er wollte mir weder seinen Namen noch den

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