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Amelia Peabody 12: Der Donner des Ra

Titel: Amelia Peabody 12: Der Donner des Ra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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bezichtigte. Ganz offensichtlich bereitete ihm das Schwierigkeiten. Er schüttelte den Kopf. »Leider bin ich nicht wie Vater. Mir ist es nie leicht gefallen, Gefühle zu äußern. Wenn ich wütend bin – oder gekränkt –, ziehe ich mich in mein Schneckenhaus zurück. Das ist meine Schwäche, Mutter, so wie die Impulsivität Nefrets ist. Ich weiß, es klingt einfältig, empörend und egoistisch; man sollte seinem Gegenüber wenigstens die Genugtuung geben, dass man die Beherrschung verliert.«
    »Gelegentlich habe ich das bei dir erlebt.«
    »Ich tue mein Bestes«, meinte Ramses mit einem ironischen Lächeln. »Im vorigen Jahr dachte ich, dass sie wieder etwas zugänglicher sei, doch dann kam diese andere Geschichte, und ich wagte nicht, mich ihr anzuvertrauen. Ich hoffte, dass ich ihr eines Tages, wenn das vorüber sein würde, alles erklären und einen Neuanfang machen könnte. Doch heute Abend habe ich den schlimmsten Fehler gemacht, den ich machen konnte. Man drängt sich einer Frau wie Nefret nicht auf.«
    »Nach meinem Dafürhalten war es ein ausgesprochen positiver Schritt«, wandte ich ein. »Der Zaudernde besiegt das Herz einer schönen Dame nie, mein Schatz, und, ohne körperliche Gewaltanwendung verherrlichen zu wollen, es gibt Zeiten, da wünscht eine Frau sich vielleicht insgeheim … Hmmm. Wie soll ich es umschreiben? Sie hofft vielleicht, dass die Tiefe der Empfindungen, die ein Gentleman für sie hegt, dazu führt, dass er seine guten Manieren vergisst.«
    Ramses öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Ich war angenehm überrascht, dass mein mitfühlender Gesprächsbeitrag ihn getröstet hatte; er klang ziemlich gefasst, als er seine Stimme schließlich wieder fand. »Mutter, du erstaunst mich immer wieder. Schlägst du ernsthaft vor, dass ich –«
    »Also, Ramses, du weißt, dass ich es nie wagen würde, einem anderen Menschen Handlungsmuster aufzuzwingen, schon gar nicht in Herzensangelegenheiten.« Ramses zündete sich eine weitere Zigarette an. Er musste zu heftig inhaliert haben, denn er fing an zu husten. Ich klopfte ihm auf den Rücken. »Allerdings würde die Demonstration einer Zuneigung, die so übermächtig ist, dass sie der Kontrolle entgleitet, die meisten Frauen positiv beeinflussen. Kannst du mir eigentlich folgen?«
    »Ich denke schon«, erwiderte Ramses mit erstickter Stimme.
    Er erhob sich und reichte mir seine Hand. »Begleitest du mich jetzt in den Ballsaal? Das Essen wird bald serviert, und –«
    »Ich weiß. Du kannst dich auf mich verlassen. Aber ich glaube, ich werde noch ein paar Minuten hier verweilen. Geh schon voraus, mein Schatz.«
    Für Augenblicke zögerte er. Dann sagte er leise: »Ich liebe dich, Mutter.« Er nahm meine Hand, küsste sie und legte meine Finger um den Stiel der Rose. Er hatte ihn von seinen Dornen befreit.
    Ich war zu gerührt, um etwas zu sagen. Doch mütterliche Zuneigung war nicht die einzige Empfindung, die mir die Sprache verschlug. Während ich beobachtete, wie er sich hoch erhobenen Hauptes und festen Schrittes entfernte, keimte unbändiger Zorn in mir auf. Mir war klar, dass ich diesen besiegen musste, ehe ich Nefret gegenübertrat; ansonsten würde ich sie bei den Schultern nehmen und schütteln und von ihr fordern, dass sie meinen Sohn liebte!
    Das wäre ungerecht und ausgesprochen menschenunwürdig. Es war mir klar; dennoch musste ich mich zwingen, meine Kiefermuskulatur zu entspannen, um nicht vor Empörung und Wut mit den Zähnen zu knirschen. Sie musste ihn lieben. Er war der einzige Mann, der wirklich zu ihr passte, auf Grund seiner Intelligenz und seiner Integrität, seiner tiefen Zuneigung und … Stille Wasser sind tief, so sagt man. Ich, seine liebende Mutter, hätte merken müssen, dass sich hinter dieser beherrschten Fassade ein genauso sensibles und leidenschaftliches Naturell wie ihres verbarg.
    Mein glühender Zorn verebbte und ein eisiger Schauer der Vorahnung jagte über meinen Rücken. Ramses setzte seinen Fuß auf einen Pfad, der von Gefahren gesäumt war, und ein Mann, der fürchtet, das Liebste in seinem Leben verloren zu haben, geht kopflos jedes Risiko ein. Junge Leute sind besonders empfänglich für diese Art von romantischem Pessimismus.
    Ich erhob mich, glättete meine Röcke und straffte meine Schultern. Eine weitere Herausforderung! Ich würde mich ihr stellen! Ich würde dafür sorgen, dass diese beiden heirateten, und wenn ich Nefret bei Wasser und Brot einsperren müsste, bis sie einwilligte. Aber zuerst

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