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Amelia Peabody 12: Der Donner des Ra

Titel: Amelia Peabody 12: Der Donner des Ra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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sie abrupt stehen. »Ich dachte, du ziehst dich um«, entfuhr es ihr. Es klang wie ein Vorwurf.
    Ich konnte sie nur entgeistert anstarren. Ihr gelöstes Haar hing über ihren Schultern und sie trug keine Handschuhe. Der Sitz ihrer schmal geschnittenen Jacke mutete seltsam an; sie hatte sich verknöpft. Ich fasste ihre Schultern und zog sie ins Licht.
    »Hast du geweint?«, wollte ich wissen. »Was ist denn passiert?«
    »Nichts, Tante Amelia, bitte, stell mir keine Fragen, lass mich einfach –«
    Seufzend brach sie ab, und ich wandte den Kopf, um zu sehen, wohin sie spähte.
    »Soso, du bist wieder da«, bemerkte Ramses. »Ist irgendetwas?«
    Er hatte sich weder umgezogen noch seine Haare gebürstet, die aussahen, als hätte er sie sich gerauft. Während sein Blick über Nefrets unordentliches Äußeres und ihr staubiges Gesicht wanderte, errötete sie bis zu den Haarwurzeln.
    »Ich habe mich verspätet. Tut mir Leid. Ich werde mich beeilen.« Das Gesicht abgewandt, stürmte sie die Treppe hinauf.

    Obschon ich gesellschaftliche Konventionen im Allgemeinen ablehne, würde ich als Erste einräumen, dass sich hinter manchen doch logische Erwägungen verbergen. So ist beispielsweise die Vermeidung kontroverser Themen und erhitzter Debatten bei Tisch der Verdauung förderlich. Allerdings gelang es mir trotz aller guten Vorsätze nicht, die Unterhaltung an jenem Abend angenehm oberflächlich zu gestalten. Anna war so spät eingetroffen, dass ihr keine Zeit zum Umkleiden blieb, da Fatima uns bereits zu Tisch bat. Ich war mir sicher, dass sich das Mädchen bewusst so verhielt, um Katherine zu verärgern und um uns anderen vielleicht das Gefühl zu geben, träge Nichtstuer zu sein. Das Kleid, das sie bei ihrer Arbeit im Hospital trug, war so schlicht und zweckmäßig wie eine Schwesterntracht.
    Ich erhaschte Katherines Blick, bevor sie sich äußern konnte, und schüttelte den Kopf. »Wir müssen uns an den Tisch begeben«, sagte ich. »Sonst lässt Mahmud die Suppe anbrennen.«
    Enttäuscht, dass ihre Auseinandersetzung im Keim erstickt worden war, verhielt sich Anna weiterhin so provokant wie irgend möglich. Viele der von ihr ins Gespräch eingestreuten Spitzfindigkeiten zielten auf Nefret ab.
    Um ehrlich zu sein, wusste ich, warum sie aufgebracht war. Rein zufällig hatte ich Teile des Gesprächs mit angehört, das die beiden Mädchen nach dem Mittagessen führten. Der erste vollständige Satz stammte von Nefret.
    »Es ist die Uniform, siehst du das denn nicht ein? Du willst dich mit aller Gewalt in einen Soldaten verlieben. Es interessiert mich nicht, wem du schöne Augen machst, aber halte dich von ihm fern. Er –«
    »Das sagst du nur, weil du eifersüchtig bist! Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie ihr gemeinsam aus dem Park gekommen seid. Du hast ihm dort aufgelauert! Du willst ihn für dich haben!«
    »Aufgelauert?« Nefret lachte spröde. »Vielleicht habe ich das. Trotzdem irrst du dich ansonsten. Hör mir zu, Anna –«
    »Nein! Lass mich allein.« Sie rannte fort.
    Unschwer zu erraten, über wen die beiden gesprochen hatten. Auch ich hatte Anna vor Percy warnen wollen, doch wenn sie Nefrets Rat nicht befolgte, würde sie wohl kaum auf mich hören, und ich nahm nicht an, dass die Gefahr einer ernsthaften Verbindung bestand, wenigstens nicht von Seiten Percys. Großherzig wie er war, hatte Cyrus zwar testamentarische Vorkehrungen für seine Stiefkinder getroffen, dennoch war Anna beileibe keine wohlhabende Erbin.
    Vielleicht steckte Annas Übellaunigkeit uns andere an. An jenem Abend lag irgendetwas in der Luft; von Vorahnungen und bösen Vorzeichen zu sprechen wäre so abergläubisch, dass ich das verwerfe. Auf Grund der Geschehnisse in jener Zeit gab es weiß Gott genügend Anlass zur Besorgnis. Cyrus erwähnte als Erster den Krieg. Ich war erstaunt, dass er das Thema so lange umgangen hatte.
    »Irgendwelche Nachrichten hinsichtlich eines Angriffs auf den Suezkanal?«
    Seine Frage war an Emerson gerichtet, der den Kopf schüttelte und ausweichend erwiderte: »Man hört so einiges. Gerüchte, in den meisten Fällen.«
    Nefret sah auf. »Die Leute verlassen Kairo. Sie sagen, dass die Dampfer völlig überbucht sind.«
    »Und genau diese ›sie‹ verbreiten solche Gerüchte«, knurrte Emerson. »Man weiß nie, wer ›sie‹ sind.«
    »Aber es wird einen Angriff geben«, wandte Anna schlagartig ein. »Oder etwa nicht?«
    »Schraube deine Hoffnungen nicht zu hoch«, versetzte Nefret. »Die Verwundeten würden

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