Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Amelia Peabody 12: Der Donner des Ra

Titel: Amelia Peabody 12: Der Donner des Ra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
Vom Netzwerk:
keinen Tee. Ich will …«
    »Ich weiß, was du willst.« Sie warf Ramses einen fragenden Blick zu, der daraufhin errötete. »Das kannst du nicht haben. Geh nach unten in den Salon. Sofort.«
    Ramses hatte miterlebt, wie diese Stimme ein Heer ägyptischer Arbeiter gefügig machte. Auf das Kind hatte sie eine ähnliche Wirkung. Sie nahm ihren Hut, Handschuhe und Tasche, und Ramses trat hastig beiseite, als sie an ihm vorbei- und durch die Tür stürmte.
    Seine Mutter musterte ihn von Kopf bis Fuß und vice versa. Kopfschüttelnd schürzte sie die Lippen. »Nein. Dagegen kann man nichts tun«, lautete ihr rätselhafter Kommentar. »Du bleibst besser hier, ich werde schneller mit ihr fertig, wenn du nicht in der Nähe bist.«
    Nachdem er gebadet und frische Sachen angezogen hatte, blieb Ramses noch eine weitere Viertelstunde in seinem Zimmer, bevor er den Mut aufbrachte, nach unten zu gehen. Weinende Frauen machten ihn nervös, und sie war noch nicht einmal eine Frau, sondern lediglich ein kleines Mädchen. (Allerdings bemerkenswert reif für ihr Alter, flüsterte eine hämische Stimme in seinem Unterbewusstsein. Er verdrängte sie mit seinen Schuldgefühlen.) Was hätte er sonst tun sollen? »Zur Grausamkeit zwingt bloße Liebe mich!«
    Welch selbstgerechte, blasierte Äußerung gegenüber einem Menschen, dessen Herz man zerspalten hatte. Aber Hamlet war ihm in gewisser Weise schon immer als hochnäsiger Halunke aufgefallen.

    Letztlich musste ich gar nicht mit der jungen Person fertig werden. Sie hatte es tatsächlich gewagt, mir den Gehorsam zu verweigern! Als ich den Innenhof betrat, bemerkte ich, dass die Eingangstür offen stand und dass Ali und Katherine hinaussahen. Katherine drehte sich um, als ich näher kam.
    »Was sollte das?«, erkundigte sie sich.
    »Was denn?«
    »Die überstürzte Flucht der kleinen Miss Hamilton.
    Ich durchquerte gerade den Innenhof, als sie die Treppe hinunterstürmte; in ihrer Eile hätte sie mich fast umgerannt. Ich wusste gar nicht, dass sie hier war. Sollen wir ihr nachgehen?«
    Aus meinem Blickwinkel konnte ich die Straße in beide Richtungen einsehen: kein Hinweis auf eine flüchtende rosafarben gekleidete Gestalt, nur der übliche Fußgänger- und Fahrzeugverkehr. Ich setzte mich mit Katherines Frage auseinander. Das Mädchen war allein hergekommen. Meiner Ansicht nach konnte sie auch ohne meine Hilfe den Rückweg bewältigen. Das war zwar keineswegs die Denkweise einer guten Christin, aber augenblicklich war ich Miss Molly auch nicht sonderlich wohlgesinnt.
    »Ich denke nicht«, erwiderte ich. »Inzwischen ist sie außer Sichtweite, und wir wissen nicht, ob sie zum Bahnhof gegangen ist oder eine Droschke genommen hat.«
    »Sie ist auf die Straße gelaufen und hat eine Kutsche angehalten, Sitt Hakim«, warf Ali ein. »Sie hatte Geld; sie zeigte es dem Kutscher.«
    Diese Äußerung erleichterte mein Gewissen, das mit meiner berechtigten Verärgerung kämpfte. Ich nahm mir vor, ihren Onkel später unter irgendeinem Vorwand anzurufen, um mich zu vergewissern, dass sie unversehrt nach Hause gekommen war.
    Unmerklich hob Katherine die Brauen. Wieder im Innenhof, bemerkte sie: »Irgendetwas muss geschehen sein, weshalb sie so aufgebracht war. Was wollte sie hier?«
    Die anderen waren zum Tee heruntergekommen. Ich hörte Stimmen im Salon und Cyrus’ sonores Kichern. Ich sah keine Veranlassung, die Angelegenheit mit den Männern zu diskutieren, deshalb blieb ich stehen und schilderte Katherine die Wahrheit, wenn auch nicht die ganze Wahrheit.
    »Ihr Onkel will sie nach Hause schicken. Und sie will nicht abreisen. Sie wissen, wie unvernünftig Kinder sein können. Sie hatte die unsinnige Vorstellung, bei uns bleiben zu können.«
    »Sie ist alt genug, um es besser zu wissen«, meinte Katherine.
    »Aber entsetzlich verzogen. Es besteht keine Veranlassung, den Vorfall im Beisein der anderen zu erwähnen, Katherine.«
    »Wie Sie wünschen, liebste Amelia.«
    Ramses verspätete sich. Nach einem kurzen, unwillkürlichen Blick in meine Richtung, den ich mit einem Nicken und einem Lächeln erwiderte, wich er mir aus. Ich denke, man darf mich keinesfalls mütterlicher Vorurteile beschuldigen, wenn ich behaupte, dass ich das Kind verstehen konnte – genau wie die anderen Frauen, die ihm Avancen machten. Er war ein gut aussehender junger Mann, mit den anziehenden Gesichtszügen seines Vaters und der geschmeidigen Anmut eines Athleten, aber da war noch etwas: die faszinierende Ausstrahlung auf

Weitere Kostenlose Bücher