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Amelia Peabody 12: Der Donner des Ra

Titel: Amelia Peabody 12: Der Donner des Ra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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bei den Ausgrabungen, andere im Haushalt. Da Abdullahs Enkel unsere Nichte geheiratet hatte, könnte man sagen, dass sie in gewisser Weise auch mit uns verwandt waren, obschon die familiären Verflechtungen manchmal schwer zu bestimmen waren. Abdullah war mindestens viermal verheiratet gewesen und einige der anderen Männer hatten mehr als eine Ehefrau; Nichten, Neffen und Cousins der unterschiedlichsten Grade bildeten eine große und eng verwobene Gemeinschaft.
    Kadija, die Ehefrau von Abdullahs Neffen Daoud, war eine sehr große Frau, verschwiegen, zurückhaltend und stark wie ein Mann. Gewissenhaft und förmlich erkundigte sie sich nach jedem Familienmitglied, einschließlich derjenigen, die sie innerhalb der letzten Stunden gesehen hatte. Es dauerte eine Weile, bis sie auf Ramses zu sprechen kam.
    »Er hatte eine Meinungsverschiedenheit mit jemandem«, erklärte ich.
    »Eine Meinungsverschiedenheit«, wiederholte Kadija nachdenklich. »Ich habe den Eindruck, Sitt Hakim, dass es sich nicht allein auf ein Wortgefecht beschränkte. Steckt er in irgendwelchen Schwierigkeiten? Was können wir tun, um ihm zu helfen?«
    »Ich weiß es nicht, Kadija. Du kennst ihn doch; er trifft seine eigenen Entscheidungen und zieht nicht einmal seinen Vater ins Vertrauen. Wenn David hier wäre …« Seufzend brach ich ab.
    »Wenn er nur hier wäre.« Kadija seufzte ebenfalls.
    »Ja.« Ich stellte fest, dass ich abermals seufzte, und schalt mich insgeheim. Also wirklich, meine Stimmung war auch ohne Kadijas Zutun schon düster genug! Ich sagte schroff: »Es hat keinen Sinn, sich zu wünschen, dass die Dinge anders sein sollten, als sie es sind, Kadija. Sei etwas fröhlicher!«
    »Ja, Sitt Hakim.« Aber sie war noch nicht fertig. Sie räusperte sich. »Es geht um Nur Misur, Sitt.«
    »Nefret?« Verflucht, dachte ich, ich hätte es wissen müssen. Sie und Nefret standen sich sehr nahe; alles andere hatte lediglich an diesen Gesprächspunkt herangeführt. »Was ist mit ihr?«
    »Sie wäre wütend, wenn sie wüsste, dass ich es dir gebeichtet habe.«
    Inzwischen hellauf alarmiert – denn es passte nicht zu Kadijas Charakter, dass sie mir irgendwelche Geschichten auftischte – erwiderte ich: »Und ich wäre wütend, wenn mit Nefret etwas nicht stimmte und du es mir verschweigen würdest. Ist sie krank? Oder – ach du meine Güte! – wieder einmal mit irgendeiner unpassenden Mannsperson liiert?«
    Ein Blick in ihr rundes, aufrichtiges Gesicht bewies mir, dass ich mit meiner letzten Vermutung richtig lag. Die Leute sind stets erstaunt, wenn ich auf die Wahrheit stoße; das ist keine Magie, wie einige Ägypter insgeheim glauben, sondern meine ausgeprägte Menschenkenntnis.
    Ich musste es Kadija abringen, doch das gelang mir hervorragend. Als sie schließlich einen Namen erwähnte, traf es mich wie ein Donnerschlag.
    »Mein Neffe Percy? Unmöglich! Sie verachtet ihn. Wie kommst du darauf?«
    »Vielleicht irre ich mich«, murmelte Kadija. »Hoffentlich irre ich mich, Sitt. Es war eine geschlossene Kutsche, die auf der gegenüberliegenden Straßenseite wartete; sie war auf dem Weg ins Hospital, wollte zur Straßenbahnhaltestelle, und als sie aus dem Haus trat, tauchte das Gesicht eines Mannes hinter dem Kutschenfenster auf. Er rief ihren Namen, und sie überquerte die Straße und redete mit ihm. Oh, Sitt, ich schäme mich so – ich spioniere nicht, ich war nur zufällig an der Tür –«
    »Ich bin froh, dass du es getan hast, Kadija. Du hast nicht zufällig gehört, worüber sie sprachen?«
    »Nein. Sie redeten nicht lange miteinander. Schließlich wandte sie sich ab und schlenderte fort, und die Kutsche fuhr an ihr vorüber.«
    »Bist du dir sicher, dass es Hauptmann Peabody war?«
    »Beschwören könnte ich es nicht. Aber er schien es zu sein. Ich musste es dir erzählen, Sitt, er ist ein übler Mensch, aber wenn sie erfährt, dass ich sie verraten habe –«
    »Ich werde ihr nichts sagen. Und auch nicht von dir verlangen, dass du ihr nachspionierst. Ich werde mich persönlich darum kümmern. Kein Wort zu den anderen, Kadija. Du hast richtig gehandelt. Überlass es jetzt mir.«
    »Ja, Sitt.« Ihr Gesicht hellte sich auf. »Du wirst wissen, was zu tun ist.«
    Das wusste ich allerdings nicht. Nachdem Kadija verschwunden war, versuchte ich, meine Gedanken zu ordnen. Nicht eine Sekunde lang zweifelte ich an Kadijas Aussage oder ihrer Einschätzung von Percy. Früher war er ein heimtückischer, undisziplinierter Junge gewesen und heute ein

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