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Amelia Peabody 12: Der Donner des Ra

Titel: Amelia Peabody 12: Der Donner des Ra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Nefret wirbelte herum und gestikulierte mit einem Blatt Kopierpapier. Der Raum war zwar dämmrig, doch ich bemerkte die hektischen Flecken auf ihren Wangen.
    »Ich habe ihm soeben erklärt, dass es absolut unnötig ist, meine Korrekturen durchzusehen!«
    »Sie sind schlichtweg falsch.« Ramses klang wie ein trotziges Kind.
    »Nein, das sind sie nicht. Tante Amelia, sieh doch nur –«
    »Mutter, sag ihr –«
    »Gütiger Himmel«, entfuhr es mir. »Man sollte doch annehmen, dass ihr beide diese kindischen Streitereien hinter euch gelassen habt. Gib mir die Kopie, Nefret, ich werde sie selbst überprüfen, während du weitere Fotos machst.«
    Daoud, der einen der Spiegel hielt, die wir zur Ausleuchtung der Innenräume verwendeten, nahm seine Position ein. Auf Grund seiner lang erprobten Technik projizierte er den reflektierten Sonnenstrahl auf einen Teil der Wand. Die kunstvoll gemeißelte und bemalte Kontur war die einer Tür, durch welche die Seele des Verschiedenen trat, um die Opfergaben zu sich zu nehmen. Türsturz und Querbalken waren mit dem Namen und den Titeln des Prinzen versehen, und eine zylindrische Silhouette über der angedeuteten Öffnung stellte eine zusammengerollte Matte dar, die im Falle einer echten Tür den Erfordernissen entsprechend herunter- oder hochgezogen worden wäre. Meine archäologische Verve verdrängte für Augenblicke alle anderen Sorgen; überwältigt hielt ich den Atem an.
    »Sie gehört zu den schönsten Türattrappen, die ich je gesehen habe, und das Relief ist erstaunlich gut erhalten. Wie bedauerlich, dass wir es nicht konservieren können.«
    »Was ist mit dem neuen Konservierungsmittel, das du gerade entwickelst?«, wollte Nefret von ihrem Bruder wissen. »Wenn seine Wirkung im Verhältnis zu dem grässlichen Gestank steht, dann müsste es Hervorragendes leisten. Jedes Mal, wenn ich an deiner Tür vorbeikam, verschlug es mir den Atem.«
    Ramses’ eisige Miene nahm einen etwas freundlicheren Ausdruck an. »Das tut mir Leid. Ich setze hohe Erwartungen in die Substanz, möchte sie aber nicht an etwas so Prachtvollem wie diesem ausprobieren. Das eigentlich Entscheidende ist doch letztlich, wie sie konserviert und ob sie die Farben im Laufe der Zeit nicht eintrübt oder zerstört.«
    Nefrets Gesicht entspannte sich und sie erwiderte sein Lächeln. Erfreut, dass ich einen vorübergehenden Waffenstillstand erwirkt hatte, sagte ich schroff: »Zurück an die Arbeit, hm?«, und nahm die Kopie der Opferszenerie an mich.
    Allerdings hatte ich sie kaum inspiziert, als ich Emersons Gebrüll vernahm, der die Exkavation des Schachts letztlich doch nicht Selim überlassen hatte. Seine Worte waren unverständlich, sein Tonfall jedoch unverkennbar. Hin und her gerissen zwischen der Befürchtung, dass der Stollen über Emerson eingebrochen war, und der Hoffnung, dass ein interessantes Objekt zum Vorschein gekommen sein könnte, stürmte ich aus dem Grab.
    Meine Furcht überwog, als ich die beeindruckende Statur meines Gatten nicht unter den Männern entdeckte, die sich um die Öffnung scharten.
    »Was ist geschehen?«, kreischte ich. »Wo ist Emerson?«
    Wie nicht anders zu erwarten, befand er sich in dem Gang, der inzwischen ungefähr sechs Meter tief war. Die Männer machten mir Platz, und Daoud hielt mich am Arm fest, während ich in die Öffnung spähte.
    »Was machst du da unten, Emerson?«, rief ich.
    Emerson sah auf. »Hör gefälligst auf, mir Sand in die Augen zu treten, Peabody. Du kommst besser runter und siehst es dir selber an. Lass sie runter, Daoud.«
    Daoud umfasste meine Taille fest, aber voller Hochachtung, und ließ mich in die starken erhobenen Hände gleiten.
    Emerson stellte mich auf die Füße, hielt mich jedoch weiterhin fest. »Beweg dich nicht, sieh dich nur um. Dort.«
    Von oben hatte ich sie nicht bemerkt, da sie sich kaum von der Farbe des Sandes abhob. »Gütiger Gott!«, kreischte ich. »Es ist die Skulptur eines Kopfes – der Kopf eines Königs! Ist der Rest ebenfalls hier?«
    »Die Schultern zumindest.« Emerson runzelte die Stirn. »Was den Körper anbelangt, werden wir abwarten müssen. Es wird eine Weile dauern, bis wir den Sand entfernt und das Ganze von unten abgestützt haben. In Ordnung, Peabody, verschwinde wieder nach oben.«
    Daoud zog mich zurück an die Oberfläche. Ramses und Nefret warteten dort; ich berichtete ihnen von der Entdeckung, während Selim sich zu Emerson in den Schacht hinunterließ. Mir war klar, dass mein Gatte niemandem außer ihm

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