Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden
Nefret ist die Einzige, die sich dafür interessiert, und sie ist nicht hier.«
»Dann Tonscherben. Ramses ist brennend daran interessiert. Für seine Rückkehr kannst du ihm eine hübsche Sammlung vorbereiten.«
»Er mag Dinge mit Inschriften viel lieber.«
»Dann such danach«, erwiderte ich entnervt. »Wir alle sind für eine ganze Weile beschäftigt, also sei ein gutes Kind.«
Ich beobachtete, wie das Trio sich trollte. Zuerst Sennia, die flinken Schrittes davonhüpfte, dann Horus, dann Gargery, einen gewissen Sicherheitsabstand zu dem Kater haltend, der nicht duldete, dass sich jemand zwischen ihn und Sennia stellte. Gargery hinkte immer noch ein wenig. Allerdings hatte ich kein Mitleid mit ihm; es war seine Entscheidung gewesen, uns zu begleiten, und er hätte seinen Posten als Sennias Bewacher niemals aufgegeben, selbst wenn er ihr hätte hinterherkriechen müssen.
Ich mache es mir selber zum Vorwurf, dass ich ihr den Vorschlag gemacht habe, etwas Interessantes für Ramses zu finden, obschon das Resultat vermutlich dasselbe gewesen wäre. Früher oder später hätten sie irgendetwas aufgespürt. Es war früher, als sie gehofft hatten, denn das Kind, das sich an die Stele mit der Inschrift erinnerte, war geradewegs zu dem Schuttabladeplatz gelaufen, wo selbiges Artefakt gelegen hatte. Dieser war ein ordentliches Stück entfernt und das Gelände uneben, durchsetzt von Gräben und Sandhaufen.
Ihr schriller Schrei hallte über die Entfernung wie das Pfeifen eines Zuges. Bevor er schockierend abrupt endete, war Emerson bereits auf und davon. Selim ließ die Kamera fallen. »Sitt! Was …«
»Folge mir!«, brüllte ich und schloss mich Emerson an. Er musste das Terrain sondieren, bevor er sie fand, von daher tauchte ich beinahe gleichzeitig mit ihm am Ort des Geschehens auf. Gargery lag flach auf dem Boden und kämpfte mit einem Mann, der wie ein Aufseher gekleidet war. Nach einem ersten entsetzten Blick erkannte ich, dass mein unseliger Butler nicht wirklich kämpfte; er bemühte sich nur, den Burschen festzuhalten, der um sich trat und ihn mit seinen Fäusten traktierte. Die Arme um das Bein des Mannes geklammert, hing Gargery an ihm wie der Sensenmann, und erst als Emerson seinen Gefangenen von ihm wegzerrte, hob er den Kopf. Einen Mund voll Sand ausspuckend, keuchte er: »Der andere hat sie mitgenommen. Es war derselbe Bursche – der, der ihr diese Stele gezeigt hat, Sir. Er sagte, er hätte noch etwas für sie, und dann schleppte er sie weg, Sir und Madam, und der da schlug mich nieder, und … und … ich habe in meiner Pflichterfüllung versagt, Sir und Madam.« »Nein, das haben Sie nicht«, erwiderte Emerson, der seinen Gefangenen am Kragen gepackt hielt. Der Mann setzte sich nicht mehr zur Wehr. Sein entsetzter Blick war auf Emerson fixiert.
Gargery wirkte beinahe genauso verstört wie der Festgenommene. Er fuchtelte mit den Armen, versuchte aufzustehen und hätte vermutlich eine verzweifelte und vergebliche Verfolgungsjagd aufgenommen, wenn ich ihn nicht gebremst hätte. Ich war natürlich tief besorgt, wusste jedoch, dass eine überstürzte Reaktion nichts bewirken würde. Es war zu spät, um den anderen Schurken zu verfolgen. Das sagte ich Gargery und setzte hinzu: »Dieser Bursche weiß, wohin sein Komplize sie gebracht hat. Wie es Ihnen gelungen ist, sich dermaßen an ihn zu klammern, ist mir zwar schleierhaft, aber wenn wir sie finden – und das werden wir –, dann nur wegen Ihrer Courage und Loyalität.«
»Es lag nicht allein an mir, Madam«, erwiderte Gargery.
Er richtete sich auf Händen und Knien auf und kroch bedrückt zu einem reglos am Boden liegenden Etwas, dessen lohfarbenes Fell kaum unterscheidbar war von den allgegenwärtigen Sandmassen. Gargery schloss den Kater in seine Arme, setzte sich und hob ihn auf seinen Schoß.
»Er hat ihn gebissen und gekratzt, bis dieser Mistkerl ihn getreten hat, Madam, direkt in die Rippen. Verzeihung, Madam, aber er ist ein Held, Madam, der arme alte Bursche.«
Er senkte den Kopf. Zwei Tränen tropften auf das struppige Fell.
»Ihr beide seid Helden«, räumte Emerson ein. »Selim, bring diesen Kerl ins Haus und schließ ihn ein. Er hat mir gestanden, wohin sie Sennia bringen wollten.«
Alle unsere Männer, einschließlich Amherst, hatten sich um uns geschart. Ein Dutzend diensteifriger Hände griff nach dem jammernden Strolch, und Emerson setzte hinzu: »Es darf ihm nichts geschehen. Verstanden?«
»Lassen Sie mich mitkommen«, bettelte
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