Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden

Titel: Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
Vom Netzwerk:
nutzen sollten, um den Entführer aufzugreifen. Schließlich wollten wir ihn dazu verdonnern, uns zu seinem Auftraggeber zu führen. War es dieselbe Person, die Asad ermordet und uns angegriffen hatte? Unwahrscheinlich, dass wir mehr als einen Widersacher hatten (obschon auch das vorgekommen war), aber sosehr ich mich auch bemühte, mir fiel nicht ein einziges Motiv ein, was sämtliche Vorfälle erklärt hätte. Gleichwohl war mir nach Mohammeds verblüffender Ankündigung an jenem Nachmittag eine neue und faszinierende Idee gekommen. Konnte es sich bei unserem Widersacher um einen Stellvertreter des Meisterverbrechers handeln, der Rache für den Tod seines Chefs forderte? Wenn überhaupt, so konnten nur wenige von seiner Arbeit für das Kriegsministerium gewusst haben; von daher ließ sich sein Ableben aufs Trefflichste uns anlasten.
    Ich hatte einige dieser Individuen kennen gelernt, und da ich nichts Besseres zu tun wusste, ließ ich sie vor meinem geistigen Auge Revue passieren. Der kultivierte, reizende Sir Edward? Der galante junge Franzose, der sich mir als René d’Arcy vorgestellt hatte? Der liebenswerte amerikanische Bursche, Charles Holly? Ganz gewiss keiner von ihnen. Sie verkörperten unisono perfekte Gentlemen, auch wenn sie Kriminelle waren. Der Einzige von Sethos’ engerem Kreis, der zu einem solch diabolischen Plan fähig gewesen wäre, war tot. Daran bestand kein Zweifel, denn ich hatte ihren Leichnam gesehen … Natürlich hatte ich nicht alle seine Leute persönlich kennen gelernt …
    Derartige Spekulationen führten zu nichts, halfen aber wenigstens, die Zeit totzuschlagen.
    Die Dunkelheit war hereingebrochen. Die alte Frau schlief; ich sah nichts, hörte aber ihre schwachen, pfeifenden Atemzüge. Ich hatte mich auf eine lange Wartezeit eingestellt. Das Geräusch, das mich aus meinem Dämmerzustand aufschreckte, war so unerwartet und so unheimlich, dass ich fast mein Gleichgewicht verloren hätte. Es war das hohle, klägliche Heulen eines Hundes.
    Das Krachen einer Waffe, Pistole oder Flinte, setzte dem Jammern des Hundes ein Ende. Ich wartete mit angehaltenem Atem. Was das Geräusch bedeutete, konnte ich mir nicht erklären; wie weit entfernt es gewesen war, wusste ich nicht. Fakt war, dass sich irgendjemand dort draußen im Gebirge herumtrieb, ausgestattet mit einer modernen Handfeuerwaffe. Früher einmal, in den Tagen meiner längst vergangenen Jugend, wäre ich vielleicht aus der Hütte gerannt und hätte meine eigene kleine Pistole abgefeuert. Jetzt wusste ich es besser. Was auch geschah, ich musste auf meinem Posten bleiben, bis man mich erlöste. Meine Pistole in der einen, meine Taschenlampe in der anderen Hand, richtete ich beides auf die Tür und hielt mich bereit.
    Ich vermute, dass mein Warten nicht länger als eine halbe Stunde währte, dennoch glaubte ich, vor Ärger und Sorge zu platzen, als ich endlich eine Stimme vernahm. »Peabody, ich bin’s. Nicht schießen! Kann ich gefahrlos eintreten?«
    Meine Kehle war wie zugeschnürt, doch es gelang mir, eine Antwort zu krächzen. »Aber natürlich. Meinst du, ich würde blindlings auf eine aufspringende Tür schießen?«
    »Ich wusste, dass es passieren würde«, seufzte Emerson. Die Tür knirschte in ihren Angeln, und ich gewahrte seine Gestalt, die sich vor dem sternenklaren Himmel abzeichnete. Er hatte in seiner normalen Lautstärke gesprochen und seine Taschenlampe brannte, allerdings war er geistesgegenwärtig genug, mir nicht direkt in die Augen zu leuchten. Steif von dem langen Stehen, stolperte ich auf ihn zu. Er nahm mir die Pistole aus meinen verkrampften Fingern, dann bot er mir seinen Arm.
    »Was ist passiert?«, wollte ich wissen. »Ich hörte den Hund heulen – und den Pistolenschuss.«
    »Und bist dennoch auf Posten geblieben? Braves Mädchen.« Er gab mir einen flüchtigen Kuss. »Wenn du dir doch endlich abgewöhnen könntest, mit dieser verfluchten Pistole herumzufuchteln … Du bist doch nicht etwa verletzt, oder?«
    »Nein, aber ich habe über Stunden stocksteif dagestanden! Wo ist Selim? Verflucht, was ist eigentlich passiert?«
    »Er holt die Pferde.« Emerson leuchtete mit seiner Taschenlampe durch die Hütte. »Opium«, brummte er. »Die Ärmste. Morgen werden wir etwas für sie in die Wege leiten müssen, Peabody. Ihr Sohn wird nicht zurückkommen.«
    »Tot?«
    »Ja. Der Hund muss ihm gehört haben; er lag neben seiner Leiche. Seltsam, dass diese Bestien sogar Herren treu ergeben sind, die sie schlagen und

Weitere Kostenlose Bücher