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Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden

Titel: Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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ich aus ihm herausbekam, was ich wissen wollte. Nie werde ich das Gesicht des armen Teufels vergessen, als ich ihm 100 englische Pfund bot, wenn er mir den Aufenthaltsort des Meisters nennen könnte. Das war eine unvorstellbar hohe Summe, mehr, als er in seinem ganzen Leben verdienen konnte. Er zögerte nicht lange.
    Erst später schwante mir, dass es zu einfach gewesen war.
    Ich wartete bis zum Spätnachmittag des folgenden Tages, bevor ich mich aufmachte. Das Haus, von dem Sayid gesprochen hatte, stand am Westufer. Es war eins von mehreren, die der Meister benutzte, aber Sayid hielt es für den wahrscheinlichsten Aufenthaltsort.
    »Es ist das größte Haus in dem Dorf, und die anderen machen einen Riesenbogen darum, weil sie glauben, dass er ein heiliger Mann ist, ein Haggi und ein Nachfahre des Propheten. Wenn du an die Tür klopfst, Sitt, stelle sicher, dass er weiß, wer du bist. Er ist immer auf der Hut und schnell mit dem Messer. Ich möchte nicht, dass dir etwas zustößt, Sitt.«
    Ich glaubte ihm. Und ich schuldete ihm noch 50 Pfund.
    Wohl wissend, dass eine Touristin von diensteifrigen Führern belagert und belästigt werden würde, sobald sie das Westufer betrat, bat ich Sayid um einheimische Frauenkleidung (er berechnete mir ein Pfund extra) und zog sie im Boot an, während er mich über den Fluss brachte (fünf Pfund). So nah wie eben möglich landete er an der Stelle, dennoch hatte ich noch fast zwei Meilen vor mir. Ich hatte das Risiko auf mich genommen, meine eigene Kleidung und meine Schuhe unter der Tracht anzubehalten. Authentizität ist ja gut und schön, aber ich wusste, dass ich weder barfuss noch in den plumpen Sandalen der Dorfbewohnerinnen würde gehen können.
    Anfangs fühlte ich mich irgendwie unsicher und sehr seltsam unter all den Stofflagen. Von Frauen wird nicht nur verlangt, dass sie ihre Gesichter verbergen: Kopf, Körper und sogar die Hände sind bedeckt, wenn sie sich im Freien bewegen. Sayid hatte mir erklärt, dass meine Robe, zu der auch ein weiter Umhang aus schwarzer Baumwolle gehörte, von überaus achtbaren, etwas altmodischen Frauen aus ärmlicheren Verhältnissen getragen würde, aber ich bin sicher, er beobachtete mit Schadenfreude, wie ich über meine Röcke stakste und stolperte.
    Offenbar flößte ich Respekt ein, denn niemand bedrängte mich oder musterte mich ungebührlich. Ich kam nur langsam voran, gleichwohl war ich nicht in Eile. Ich wollte mich dem Haus ohnehin erst nach Einbruch der Dämmerung nähern.
    Ich hatte keinerlei Probleme, es zu finden. Größer und protziger als die anderen, stand es etwas abseits, umgeben von einer niedrigen Steinmauer. Ich hockte mich hin, wohl wissend, dass ich im Dämmerlicht nicht auffiele, und wartete, bis die meisten der hell erleuchteten Fenster im Dorf dunkel wurden. Indes wurde in dem von mir beobachteten Haus kein Licht entflammt, und ich fragte mich zum wiederholten Male, ob Sayid mich auf eine falsche Spur gelockt hatte. Er hatte mir bereits 50 Pfund abgeknöpft. Vermutlich hielte er es für einen gelungenen Scherz, wenn ich tatsächlich einem heiligen Mann, einem Haggi und Nachkömmling des Propheten, zu erklären versuchte, wer zum Teufel ich war und was ich wollte.
    Gleichwohl wollte ich an diesem Punkt nicht einfach aufgeben. Verfolgt von zwei knurrenden Dorfhunden, die nach mir schnappten, strebte ich zur Tür und klopfte.
    »Ich bin es. Margaret Minton. Bitte mach auf.«
    Zunächst kam keine Reaktion. Dann hörte ich das Schaben von Holz auf Metall und die Tür öffnete sich in gähnendes Dunkel. »Herrgott, sie ist es«, murmelte eine mir vertraute Stimme. »Bist du von Sinnen? Verflucht, verschwinde von hier.«
    »Keine Sorge. Ich bin allein.«
    »Das glaubst du. Gütiger Himmel, vermutlich ist es schon zu spät. Komm rein und verriegle die Tür.«
    Seine Stimme klang sonderbar.
    »Alles in Ordnung mit dir?«, erkundigte ich mich.
    »Nein. Aber mir wird es bald noch schlechter gehen, wenn ich nicht …« Ein Zündholz flammte auf und flackerte heftig, bevor es verglomm. »Hier«, sagte er und drückte mir etwas in die Hand. »Entzünde die Kerze. Sie steht auf dem Tisch.«
    Während des kurzen Aufflackern des Streichholzes war es mir gelungen, die Tür zu schließen und zu verriegeln. Meine Hände waren beinahe so fahrig wie seine; beim Öffnen der Schachtel warf ich mehrere Streichhölzer zu Boden, schließlich gelang es mir aber doch, die Kerze anzumachen.
    Ich bin ziemlich stolz auf meine journalistischen

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