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Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden

Titel: Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Fähigkeiten, dennoch widerstrebt es mir, meine Gefühle zu beschreiben. Angefangen mit Unglauben, Erregung, Triumph, Verwirrung … und jetzt, da mir die Bedeutung seiner Worte dämmerte, wachsender Besorgnis.
    Ich hätte ihn nicht erkannt. Er trug die übliche und praktisch alles verhüllende ägyptische Tracht; seine Galabija war von feinster Machart und sein Bart ergraut, und er trug den grünen Turban, der den Nachfahren des Propheten vorbehalten ist. Er war das Bild des ehrwürdigen, heiligen Mannes, den Sayid beschrieben hatte, einmal abgesehen von seinem bleichen Gesicht und den zitternden Händen.
    »Du bist krank«, konstatierte ich und trat zu ihm. »Lass mich …«
    »Sei still.« Er sank auf die Knie und zerrte an etwas am Boden. »Uns bleiben nur noch Sekunden. Vielleicht eine Minute. Verflucht, ich schaffe es nicht. Hilf mir.«
    Niemand hatte sich bemüht, die Falltür zu verbergen; sie führte zu einem kleinen unterirdischen Vorratsraum. Gemeinsam zogen wir sie hoch und ich gewahrte die obersten Stufen einer grob gezimmerten Holzleiter.
    »Du zuerst«, zischte er. »Beeil dich!«
    »Aber da geht es nicht weiter!«
    »Du hältst nicht viel von Befehlen, was?« Er kniete immer noch. Ein heftiges Frösteln durchfuhr ihn, seine Zähne schlugen aufeinander, und genau in diesem strategischen Augenblick erzitterte die Eingangstür unter der Wucht eines heftigen Stoßes.
    In drei Sätzen hatte ich die Treppe überwunden und griff nach oben, um ihm zu helfen, als er mir folgte. Er schob meine Hände beiseite. Ich konnte nicht sehen, was er tat, dafür war es zu dunkel; ich hörte ein schabendes Geräusch und unterdrücktes Fluchen und dann tastete er nach meiner Hand.
    »Dort hindurch. Leg Schleier und Umhang ab, du wirst kriechen müssen. Auf Händen und Knien. Beweg dich. Es sind ungefähr zehn Meter. Wenn du nicht mehr weiterkommst, warte auf mich.«
    Es war ein Tunnel und er behagte mir ganz und gar nicht. Obwohl Wände und Decke von Holzpfosten abgestützt wurden, rieselte ständig Sand nach unten. Das sorgte dafür, dass ich mich schneller bewegte, als ich es sonst vielleicht getan hätte, aber schon nach wenigen Metern vernahm ich sein Keuchen und spürte seine Hand an meinen Schuhsohlen.
    »41, 42 – kommst du nicht schneller voran?«
    »Autsch«, entfuhr es mir. Mein Kopf hatte soeben schmerzhafte Bekanntschaft mit einer harten Oberfläche gemacht.
    »Rechtskurve«, murmelte mein unsichtbarer Begleiter. »46 … Schneller.«
    Er zählte weiter. Bei 60 angelangt, packte er meine Knöchel und zog daran. Ich stürzte unsanft, flach auf meinen Bauch, und er fiel auf mich.
    Ich war einmal während eines Luftangriffs in London gewesen, als eine Bombe kaum 100 Meter entfernt von der U-Bahn-Station explodierte. Das hier schien vergleichbar: ein gedämpftes Surren und eine entsetzliche Vibration. Das langsame Sandgeriesel steigerte sich zu einer Lawine.
    »Die Decke stürzt ein«, murmelte ich, den Mund voller Sand.
    »Noch nicht, so hoffe ich wenigstens. Weiter, wir haben es fast geschafft.«
    Als ich den Kopf hob, gewahrte ich Sternenlicht. Die Öffnung lag kaum einen Meter vor uns. Ich quetschte mich hindurch, unterstützt von dem einen oder anderen Schubs und einer Flut übelster Schimpfwörter, und fand mich an der frischen Luft wieder, hinter einer Ansammlung von Nilschlammziegeln, früher einmal ein Haus oder ein Geräteschuppen. Sethos folgte mir. Er war barhäuptig; entweder hatte er den auffälligen grünen Turban abgelegt oder verloren. Er setzte sich und schlang die Arme um seine angewinkelten Knie. »Geh weiter.«
    »Wohin?«
    »Irgendwohin, wo Lichter sind und Horden von Menschen. Oder du begibst dich in die schützende Obhut meiner … der Emersons. Ihre Dahabije ist eine Meile entfernt. In diese Richtung.«
    »Was ist mit dir?«
    »Ich bleibe hier.«
    Tanzende Lichter, das Flackern von Kerzen oder Laternen, erhellten den Schutthaufen, wo das Haus gestanden hatte, und eine Staubwolke legte sich langsam. Menschen schrien. Der Lärm einer Explosion hatte die Dorfbewohner aus ihren Häusern getrieben, und mich beschlich der unangenehme Verdacht, dass sie nicht die einzigen Zuschauer waren.
    »Einen Teufel wirst du tun«, zischte ich. »Den Tunnel in die Luft zu jagen wird sie lediglich vorübergehend aufhalten. Sie werden in sämtliche Richtungen ausschwärmen. Steh auf!«
    Eine Meile ist eigentlich keine große Entfernung. Sie zieht sich jedoch ins Unermessliche, wenn man mit einem unwilligen,

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