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Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden

Titel: Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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von Mohammed, der noch immer im Gartenschuppen eingesperrt war. Es wäre unverantwortlich oder unmenschlich gewesen, ihn dort zu lassen während unserer Abwesenheit, die sich vielleicht über mehrere Wochen erstreckte. (Ich nahm nicht an, dass es länger dauern würde, den Grabräubereien ein Ende zu setzen, die Person zu identifizieren, die Sethos’ Platz eingenommen hatte, und ein paar andere Dinge zu klären.) Völlig allein gelassen mit der Erforschung seines Gewissens (so er denn eines hatte) und der Angst vor einer Bestrafung, rechnete ich damit, ihn in reumütiger Verfassung anzutreffen, als ich ihn am Dienstagmorgen aufsuchte. Seine ersten Worte bewiesen, dass er – wie alle wenig intelligenten und minder fantasiebegabten Menschen – nur eines im Sinn hatte.
    »Du wirst mich gehen lassen, Vater der Flüche?« »Ich an deiner Stelle«, entgegnete Emerson, »würde es vorziehen, in sicherem Gewahrsam zu bleiben. Saleh ist tot – ermordet von dem Mann, den du als den Meister kennst.«
    Weder mit Worten noch mit Blicken äußerte der Bö sewicht Bedauern über den Tod seines Gefährten oder Furcht um sein eigenes Leben. »Ist das wahr?«
    »Der Vater der Flüche lügt nicht«, bemerkte Emerson großspurig.
    »Nein. Dann lass mich gehen. Ich schwöre, ich werde nie wieder …«
    Emerson brachte ihn mit einem üblen arabischen Fluch zum Schweigen. »Wiederhole Wort für Wort jedes Gesprächs, das du mit Saleh hinsichtlich des … äh … Meisters geführt hast.«
    »Wort für Wort« hätte den Burschen freilich überfordert. Selbst nach hartnäckigem Verhör bekam Emerson kaum mehr aus ihm heraus, als er bereits zuvor eingestanden hatte. Er war nie in die Nähe des »Meisters« gelangt, er hatte ihn weder gesehen noch mit ihm gesprochen. Saleh hatte ihn nicht beschrieben. Wozu auch? Er war der Meister. »Er hat 1000 Gesichter und 10.000
    Namen!«
    Als wir ihn verließen, waren wir immer noch unentschlossen, was wir mit ihm machen sollten. »Ich denke, er hat die Wahrheit gesagt«, erklärte Emerson. »Saleh hätte seine begünstigte Stellung nicht mit einem Subalternen wie Mohammed geteilt. Sollen wir ihn gehen lassen?« »Wir könnten Mr Russell bitten, ein Auge auf ihn zu haben, solange wir in Luxor sind.«
    »Und was sollte das bewirken? Bislang hat Russell nichts weiter getan, als sich zu beklagen. Wir präsentieren ihm einen perfekten Mord und überlassen ihm die Aufklärung, und was hat er enthüllt? Nichts. Ich sehe keinen Sinn darin, ihm von der Sache mit Sennia zu erzählen.« »Es würde mich keinesfalls erstaunen, wenn er bereits davon erfahren hätte.«
    Und so war es auch. Kurze Zeit später erhielten wir eine überaus formelle Notiz von Mr Russell, der uns an jenem Nachmittag »zwecks zwingender Angelegenheit« in sein Büro zitierte.
    »Keine Zeit«, grummelte Emerson, zerriss den Zettel und warf die Schnipsel auf den Boden.
    »Vielleicht weiß er etwas Neues über den Mord an Asad«, gab ich zu bedenken.
    »Pah«, schnaubte Emerson.
    Ich war geneigt, ihm zuzustimmen.
    Den Rest des Tages brachten wir damit zu, das gesamte Gepäck umzusortieren. Fatima hatte ihre sämtlichen Küchenutensilien eingepackt, Sennia all ihre Spielsachen und Emerson jedes Buch in seinem Arbeitszimmer, und das trotz der von mir taktvoll eingestreuten Feststellung, dass Cyrus über eine der besten ägyptologischen Buchsammlungen im Land verfügte. Kurz bevor wir zum Bahnhof aufbrachen und ich noch Köpfe und Gepäckstücke zählte, schlüpfte Emerson ins Freie. Innerhalb kürzester Zeit war er zurück. Ich warf ihm einen forschenden Blick zu, auf den er mit einem Schulterzucken und einem Nicken reagierte. Er hatte Mohammed freigelassen. Ich hoffte, wir würden es nicht bereuen müssen, besann mich jedoch auf einen meiner Lieblingsaphorismen: »Was getan ist, ist getan.«
    Es bedurfte meiner gesamten, nicht unbeträchtlichen Energie und meines hervorragenden Organisationstalents, unsere umfassende Reisegruppe und ihr Gepäck in den Zug zu befördern. Sennia war so aufgeregt, dass ihre Füße kaum noch den Boden zu berühren schienen. Nicht einmal Kadija vermochte sie festzuhalten, also hob Daoud sie auf seine breiten Schultern. William traf uns am Bahnhof. Er hatte nur einen ziemlich verbeulten Koffer.
    Der Zug fuhr wie üblich mit Verspätung ab. Für gewöhnlich schlafe ich hervorragend in diesem Beförderungsmittel, aber Emersons Murren über die schmalen Pritschen und das gelegentliche Fauchen von Horus, aus dem

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