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Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden

Titel: Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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derjenigen genossen, deren Land sie besetzt hatten.
    Nachdem ich mich an diesem Exkurs moralischer Überlegenheit delektiert hatte, entschied ich, dass ich den Augenblick ebenso gut genießen könnte, wie es meine Art ist. Einige der altbekannten Gesichter waren da – Janet Helman, wie stets geschmackvoll und elegant gekleidet, Mrs Gorst und ihre Tochter Sylvia, die mir mit der linken Hand winkte, um sicherzustellen, dass ich die Diamanten und Rubine an ihrem Ringfinger bemerkte. Selbst das unscheinbarste Mädchen hatte in diesen Tagen keine Schwierigkeiten, unter die Haube zu kommen, da eine Vielzahl junger Offiziere durch Kairo reiste. Ein Mann, der vielleicht in naher Zukunft dem Tod ins Auge blicken wird, ist nicht übermäßig wählerisch.
    Das sagte ich auch Emerson, der mich darauf mit einem männlich überheblichen Blick maß, um mich für meine boshafte Bemerkung zu rügen, wenngleich seine wohlgeformten Lippen verräterisch zuckten. Er hatte Sylvia, eine von Ramses’ hartnäckigsten Verehrerinnen bis zu dessen Heirat und eine preisverdächtige Klatschbase, nie gemocht.
    Eigentlich hatte ich nicht erwartet, eine unserer archäologischen Bekanntschaften zu sehen, von daher können Sie sich mein Erstaunen und meine Freude vorstellen, als ich eine vertraute Gestalt im Türrahmen des Speisesaals gewahrte.
    Howard Carters Gesicht war voller geworden und sein Bart buschiger, ansonsten hatte er sich seit unserer ersten Begegnung kaum verändert. Augenblicklich schien er zur Salzsäule erstarrt, die Augen weit aufgerissen, sein Mund sperrangelweit offen. Erst als der Kellner zu ihm trat und ihn ansprach, gab er sich einen kleinen Ruck. Er fragte den Kellner etwas, worauf dieser nickte und Howard an unseren Tisch führte.
    »Aber Howard!«, entfuhr es mir. »Was machen Sie denn hier?«
    »Nach Ihnen Ausschau halten. Ich habe heute Nachmittag erfahren, dass Sie in der Stadt sind, und hoffte, Sie hier zu treffen. Schließlich weiß ich, dass das Shepheard’s Ihre bevorzugte Adresse ist.«
    Er nahm meine Einladung, sich zu uns zu setzen, dankend an, spähte aber ständig über seine Schulter. »Haben Sie etwas ausgefressen?«, erkundigte ich mich scherzhaft.
    »Ich habe gerade eine überaus verwirrende Entdeckung gemacht, Madam. Dachte, meine Augen würden mir einen Streich spielen. Sie haben nicht zufällig eine Doppelgängerin?«
    Ich bat um eine nähere Erläuterung dieser ungewöhnlichen Frage und Howard deutete auf einen Tisch neben der Tür. »Die Dame dort, die mit den beiden Stabsoffizieren diniert – sie trägt ein grünes Kleid. Sie gleicht Ihnen aufs Haar, Mrs Emerson. Ich wollte sie schon ansprechen, als ich Sie und den Professor sah und erkannte, dass ich mich getäuscht hatte.«
    Meine Neugier überlagerte die Regeln des Anstands.
    Ungeniert musterte ich die fragliche Dame. Aufgrund der Sitzanordnung sah ich nur ihren Hinterkopf und ihre Schultern. Letztere wurden von einer breiten Spitzenstola bedeckt, das schwarze Haar war mit juwelenbesetzten Kämmen hochgesteckt. Irgendwie kam mir das dunkle Haar bekannt vor …
    Ich sagte: »Verflucht«, worauf Emerson schmunzelte. »Na, na«, meinte er. »Lass mich raten. Miss Minton ist wieder aufgetaucht.« Howards Frage vorgreifend, führte er aus: »Wir haben die junge Dame vor einigen Jahren kennen gelernt, als sie Artikel für eine Zeitung schrieb – es war diese unsägliche Geschichte über die Mumie im Britischen Museum. Damals hat mich die Ähnlichkeit zwischen ihr und Mrs Emerson verblüfft, aber es war reiner Zufall; Miss Minton ist die Enkelin des verblichenen Herzogs von Devonshire und nicht verwandt mit meiner Frau. Sie hat sich einen gewissen Namen gemacht, seit sie sich als Journalistin auf den östlichen Mittelmeerraum spezialisiert hat.«
    »Ja, genau«, bekräftigte Howard. »Jetzt entsinne ich mich. Ist sie nicht diejenige, die vor Jahren von einem arabischen Emir gefangen genommen wurde? Hat ein Buch darüber geschrieben. Muss allerdings gestehen, ich habe es nicht gelesen.«
    »Dann gehören Sie einer Minderheit an.« Ich rümpfte die Nase. »Es war immens erfolgreich, was kaum erstaunt, da es sich um ein perfektes Beispiel für den Sensationsjournalismus handelt – großspurig und überzogen.«
    »Aber, Peabody, das ist nicht fair«, hielt Emerson mir vor. »Die Kritiker haben es als eine fundierte Analyse der Beziehungen zwischen den kriegerischen Wüstenscheichs gewertet.«
    »Das ist aber nicht der Grund, warum sich das Buch verkauft

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