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Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden

Titel: Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Blick glitt von ihrem ausdrucksvollen Gesicht zu den gleichermaßen ausdrucksstarken Bewegungen ihrer schlanken Hände. Er unterbrach sie nicht; Emerson hingegen brüllte: »Hölle und Verdammnis, Ramses. Warum hast du dich nicht verteidigt? Du hast ihn absichtlich …«
    Ramses zuckte die Schultern. »Es war nur der bedauernswerte Asad, der versuchte, ein Held zu sein. Er hörte auf, sobald er einmal zugestochen hatte.«
    »War es ein Scherz?«, erkundigte ich mich.
    »Ein Versehen«, murmelte Ramses.
    »Hört auf!«, brüllte Emerson. »Beide. In Ordnung, Nefret, fahre fort. Der Attentäter brach in Tränen aus und Ramses hat ihn getröstet? Daraufhin habt ihr ihn vermutlich auf einen Kaffee und ein Schwätzchen eingeladen? Gütiger Himmel!«
    »Nicht ganz so«, gab Nefret zurück. »Der Bursche brach völlig zusammen. Er schlug die Hände vor sein Gesicht und weinte und Ramses klopfte ihm auf die Schulter. Ich sollte vielleicht hinzufügen, dass er überall auf seiner Robe Blutspuren hinterließ. Vermutlich wird er es wie eine Reliquie verehren.«
    »Einen Augenblick.« Emerson rieb sich sein Kinn. »Ich gestehe, ich habe einige Schwierigkeiten, das alles zu verarbeiten. Asad. Wardanis Stellvertreter? Du hattest eine geheime Sympathie für den Burschen, so glaube ich?«
    »Ja.« Das Glas mit beiden Händen umklammernd, beugte Ramses sich vor. »Er war der Beste aus Wardanis Horde – ein Gelehrter, kein Praktiker, und der Tapferste von allen, weil er trotz seiner Angst weitermachte. Er entwickelte eine gewisse … Anhänglichkeit zu mir. Nur dass er natürlich nicht wusste, dass ich es war. Könnt ihr euch vorstellen, was für ein Schock es für ihn gewesen sein muss, als er erkannte, dass er einem Hochstapler aufgesessen ist, dass seine ganze Hochachtung und Loyalität und … und Bewunderung einem Menschen gegolten hat, der Betrug an ihm und der Sache verübte, an die er glaubte? Er musste etwas unternehmen, um sich als Mann zu beweisen. Jetzt hat er es getan und damit ist die Sache erledigt. Eigentlich ist er eine gute Seele.«
    »Wie hat er herausgefunden, dass du es warst?«, schaltete ich mich ein.
    »Ha!«, schrie Emerson. »Genau das wollte ich gerade fragen. Die offizielle Version lautete doch, dass Wardani zeitgleich mit seinen Stellvertretern inhaftiert und ins indische Exil geschickt wurde – wo er in der Tat längst war. Die anderen wurden ins Gefängnis oder in eine der Oasen gesteckt, sodass sie nicht die Möglichkeit hatten, mit Wardani zu kommunizieren. Da fällt mir noch etwas ein. Dieser Bursche Asad sollte sich doch in sicherem Gewahrsam befinden. Wie konnte er fliehen?«
    In der westlichen Wüste gibt es fünf nennenswerte Oasen: Siwa, die nördlichste, Bahriya, Farafra, Kharga und Dachla. Bis auf Farafra sind alle groß und fruchtbar genug, um eine Bevölkerung von mehreren Tausend zu versorgen, dennoch hätte ich in keiner davon ein langes Exil angestrebt. Hygiene war ein Fremdwort und Krankheiten jedweder Art an der Tagesordnung. Sie galten als recht zuverlässige Gefängnisse, da sie meilenweit vom Nil entfernt lagen und die wasserlose Wüstenlandschaft nur mit einer Kamelkarawane zu passieren war. Alle, außer …
    »Großer Gott«, entfuhr es mir. »Sag jetzt nicht, dass sie ihn nach Kharga geschickt haben!«
    »Wie immer hast du Recht, Mutter«, meinte mein Sohn. »Der Bursche kaufte ihm einen hübschen neuen Anzug und eine Fahrkarte und setzte ihn in den Zug.«
    »Das ist überhaupt nicht lustig«, maulte Nefret, doch ihre Mundwinkel zuckten verräterisch, aus Freude über seine Erheiterung. Es war schön, ihn so oft lächeln zu sehen wie in diesen Tagen, auch wenn die Situation, wie im vorliegenden Fall, nicht unbedingt heiter stimmte.
    »Aber es ist so herrlich stumpfsinnig«, erklärte Ramses. »Die Flucht aus einer Oase – denkt man da nicht automatisch an den ungezügelten Freiheitsdrang auf einem Kamelrücken, unter dem sternenklaren Wüstenhimmel, den Feind dicht auf den Fersen, und all diesen Unfug? Der Zug von Kharga braucht nur neun Stunden bis zum Knotenpunkt und von dort konnte er den Expresszug nach Kairo nehmen.«
    »Verdammte Idioten«, grummelte Emerson.
    »Das ist etwas zu harsch, Emerson«, wandte ich ein. »Selbst wenn er den inneren Drang und Mittel hatte, um auf eigene Faust zu entkommen, welchen Schaden hätte er noch anrichten können, allein und führerlos? Jemand hat ihm die erforderlichen Mittel und Anreize geliefert und, so vermute ich, ihn ermutigt. Wir

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