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Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden

Titel: Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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stärkeren Motiv als dem journalistischen beseelt war.
    Gedehnt räumte ich ein: »Ich kannte ihn.«
    »Sie kannten … Soll das heißen …?«
    Ich wurde den Verdacht nicht los, dass sie ein sentimentales Gefühl für ihren unbekannten Helden entwickelt hatte; es hatte aus jedem Wort ihrer Geschichte herausgeklungen. Als ich jedoch sah, wie sämtliche Farbe aus ihrem Gesicht wich, begriff ich, dass das Gefühl tiefer war als von mir vermutet. Das Mitgefühl für den Seelenschmerz einer Leidensgenossin löste mir die Zunge.
    »Es tut mir Leid. Es hatte nichts mit Ihnen zu tun; er starb, als er mir das Leben rettete und … und das anderer.«
    »Ich wusste, er war kein Dieb«, hauchte sie.
    »O doch, das war er. Einer der besten. Über Jahre kontrollierte er den illegalen Antiquitätenhandel in Ägypten – Grabraub, Fälschungen, unautorisierte Exkavationen. Er hatte ein kriminelles Netzwerk aufgebaut, das ganz Ägypten und Teile des Mittleren Osten überzog. Seinen Namen habe ich nie erfahren; seine Männer nannten ihn nur ›den Meister‹. Gelegentlich bediente er sich des Decknamens Sethos. Auch sein Gesicht habe ich ausschließlich getarnt gesehen. Grundsätzlich passt die Beschreibung allerdings auf ihn, genau wie die von Ihnen wiedergegebenen Äußerungen. Er hatte einen merkwürdigen Sinn für Humor.«
    »Er war in Sie verliebt, stimmt’s?«
    »Das ist irrelevant und unbedeutend und geht Sie nichts an, Miss Minton.«
    »Also deshalb hat er mich geküsst. Weil ich so aussehe wie Sie.«
    »Ich versichere Ihnen, Miss Minton, dass Sethos zweifellos eine ganze Reihe von Frauen geküsst hat, die mir nicht im Mindesten ähnlich sahen.« Sie biss sich auf die Lippe und senkte den Kopf. Das war das einzige Anzeichen von Verunsicherung; die Bewunderung für ihre Selbstbeherrschung ließ mich mit einer Schärfe argumentieren, die nicht beabsichtigt war. »Es hat keinen Sinn, einen Mann romantisch zu verklären, wissen Sie. Keiner von ihnen ist perfekt. Sethos hatte einige bewundernswerte Charaktereigenschaften, aber er brach jedes Gebot mit Ausnahme des siebten, und das auch nur, weil ihm das nicht gelungen ist.«
    Als ich sie verließ, saß sie kerzengerade auf dem Sofa, die Hände im Schoß gefaltet, ihre Miene gefasst; dennoch war mir klar, dass, sobald die Tür hinter mir ins Schloss fiel, sie weinen würde. Ich konnte ihr schwerlich vorwerfen, dass sie jene sonderbare Begegnung romantisch verklärte. Es war romantisch gewesen – offenkundig, vorsätzlich und empörend. Sethos war ein begnadeter Schauspieler … gewesen; er war so beiläufig in die Rolle des faszinierenden Helden geschlüpft wie in ein Paar Schuhe.
    Dennoch war es eigentümlich, dass sie gewisse familiäre Parallelen festgestellt hatte. Wir hatten erst im letzten Winter entdeckt, dass der Meisterverbrecher, der Mann, der uns viele Jahre lang genarrt und gequält hatte, Emersons Halbbruder war. Jenen Teil der Wahrheit würde Miss Minton nie erfahren; dafür bestand auch kein Grund. Und es gab einen sehr guten Grund, warum ich sie in einer anderen Sache nicht aufgeklärt hatte. Ich hatte geschworen, nie davon zu sprechen, denn es könnte andere kompromittieren, vor allem Ramses. Es war wirklich zu ihrem eigenen Besten. Sie sollte ihren Retter als den Dieb und Halunken in Erinnerung behalten, der er gewesen war, bevor er seine einzigartigen Talente vom Gaunertum auf die Gegenspionage lenkte und im Dienst für sein Vaterland verschied.
5. Kapitel
    Die Unterredung hatte mehr Zeit in Anspruch genommen als von mir geplant. Es dunkelte bereits, als ich das Hotel verließ. Es war ein schöner Abend und ich gemahnte den Droschkenkutscher nicht zur Eile; da ich das Verkehrschaos, die interessanten Gerüche und den Straßenlärm von Kairo gewohnt war, genoss ich die Fahrt. Das gab mir Zeit, die Geschehnisse zu überdenken. Alles in allem glaubte ich, dass ich die Sache recht gut bewältigt hatte.
    Als die Droschke vor dem Haus anhielt, stürmte Ali, der Portier, auf mich zu. Er fuchtelte mit den Armen und dankte Gott in den höchsten Tönen. Ali ist ein aufgeweckter Bursche mit einem Hang zur Theatralik, indes scheint er seine Verhaltensmuster von gewissen anderen Personen zu übernehmen; von daher war ich nicht überrascht, als Emerson durch die offene Tür preschte und in Alis Chor einfiel. Allerdings sandte Emerson kein Dankgebet gen Himmel.
    »Wo warst du so lange? Wie kannst du es wagen, so spät zurückzukommen? Was ist passiert?«
    »Bezahl den Fahrer,

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